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Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Titel: Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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jetzt?«, fragte Jeb.
    »Weiter …«
    »Nein, warte«, unterbrach ihn Jenna. »Hört ihr das nicht? Da ist noch etwas anderes.«
    Sie schwiegen. Jeb schaltete die Taschenlampe aus.
    Da hörten sie es.
    Es war wie ein Flüstern, ein Raunen.
    Stimmen aus der Vergangenheit.
    Eine kalte Hand fasste nach Jebs Herz.
    Sie waren zurück.
    Die Seelentrinker waren wieder da.
    León fluchte. Er hörte das Wispern ihrer Verfolger aus der Steppe. Dieses Geräusch, das einem den Nacken hochkroch und sich direkt in die Seele fraß. Sie waren hier. Nun wurden sie nicht nur von den Muerte negra gejagt. Nein, dieser Feind war noch erbarmungsloser, denn er war nicht menschlich, so weit war sich León sicher. Der Gedanke, dass die Seelentrinker sie wieder aufgespürt hatten, erschütterte ihn.
    Wie kann das sein? Wir haben sie in der ersten Welt zurückgelassen. Es gab keine Tore, die sie hätten benutzen können.
    Und dennoch waren sie hier. Wie Geister an einem Ort aufgetaucht, an dem es schwer war, vor ihnen zu fliehen. Das alles war viel schlimmer, als von einer Kugel niedergestreckt zu werden. Denn die Seelentrinker, so hatte Mary sie genannt, konnten bis tief in ihr Innerstes blicken. Die Seelentrinker kannten sie. Ihre Ängste.
    Und nun waren sie endgültig zu ihnen zurückgekehrt.
    Was tun wir jetzt?
    Sie standen im Dunklen und León spürte das Entsetzen der anderen. Mit der Hand tastete er nach Mary, sie stolperte regelrecht in seine Arme. Ihr schreckverzerrtes Gesicht wirkte wie eine bleiche Maske im Schein der Taschenlampe.
    »Er ist hier«, raunte sie in sein Ohr. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »Wer ist hier, Mary? Von wem sprichst du?« León war vollkommen verwirrt.
    »ER. Mein Vater. Er ist da. Um mich zu holen. Er wird mir wehtun. Ich weiß es. Mich mit sich nehmen. Von dir fort. León, lass das nicht zu.«
    Die Panik in ihrer Stimme sprach von unvorstellbarer Verzweiflung.
    »Dein Vater ist nicht hier, Mary. Schau mich an, beruhige dich. Er kann gar nicht da sein. Hinter uns in den Gängen flüstern die Seelentrinker, spielen mit unseren Ängsten, wie sie es schon einmal getan haben.«
    Dann begriff er. Mary hatte Angst vor ihrem Vater. Er schaute in ihre großen dunklen Augen und hielt sie noch fester und sagte ihr nicht, dass auch er sich fürchtete. Das Auftauchen seiner alten Feinde verunsicherte ihn und zum ersten Mal in seinem Leben fehlten ihm die Kraft und der Wille zum Kampf.
    Wie kann es sein, dass diese Bestien hier sind?
    Der Gedanke hämmerte in seinem Kopf.
    Warum? Und wie sollen wir uns wehren?Es gibt kein Licht, kein Feuer weit und breit. Nur diese dämlichen, schäbigen Taschenlampen.
    Am liebsten hätte er die Stablampe, die er in der Hand hielt, gegen die Wand geschmettert.
    Flieh, wisperte eine Stimme in seinem Ohr. Flieh, lass die anderen zurück. Du bist schnell, sie sind langsam. Starke leben, Schwache sterben.
    León versuchte, die Stimme zu ignorieren. Niemals, schwor er sich stumm und biss sich fest auf die Lippen, bis er sein eigenes Blut schmeckte.
    »Ich kann ihn aber hören. Das sind seine Schritte«, raunte Mary heiser.
    Er legte seinen Arm um Mary, drückte sie fest an sich. »Ich bin hier. Bei dir. Ich beschütze dich.«
    Neben ihm hörte er nun Jennas Keuchen. Er verstand nicht, was sie zu Jeb sagte, aber dieser antwortete nicht. Flüsterte etwas von seiner toten Mutter. Irgendetwas klapperte in der Dunkelheit. Der Kegel von Jebs Taschenlampe leuchtete wahllos kalte Kanalwände an und erlosch dann.
    Was war hier los?
    Warum hatten die Rufe so unterschiedliche Auswirkungen auf sie? Warum schien jeder etwas anderes darin zu hören?
    Ich verstehe das nicht.
    Schon in der Ebene waren ihre Verfolger wie Schemen gewesen. Nicht greifbar. Sie hatten Gestalten, die sich ständig zu verändern schienen. Fließend wie Schatten. Und dennoch so bedrohlich, dass León die Gefahr, die von ihnen ausging, bis in den letzten Winkel seiner Seele gespürt hatte.
    Er suchte fieberhaft nach einer Erklärung. Dies war die vierte Welt, die sie durchquerten. An so vieles hatte er sich wieder erinnert, wie sehr hatte er gehofft, nach Hause gekommen zu sein, aber nun waren alle Hoffnungen zunichte. Er hatte nun nur noch ein Ziel, wie er es sich geschworen hatte.
    Ich muss Mary hier wegschaffen. Was auch immer sie über ihren Vater sagt, da draußen in der Finsternis lauert etwas, das unsere Vorstellung übersteigt. Etwas, das uns alle von einem Moment auf den anderen in seiner Hand hat. Weil wir Angst haben.

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