Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
Rhoda. Weißt du, an dem Abend bin ich zurück zu dem Haus und gleich so: Wo zum Teufel steckt Rhoda? Und dann hat Carlos vom Einkaufszentrum aus angerufen und gesagt, dass er sich verlaufen hat. Also sind Thabo und ich hin und haben ihn abgeholt. Ich kann dir sagen, Rhoda, die Typen vom Wachdienst waren ganz schön stinkig auf dich. Verdammt stinkig. Genau wie ich am Anfang. Aber ich kenn dich ja. Ich wusste, dass du dich wieder in irgendeine Scheiße reingeritten hast.«
Sie plappert noch weiter, aber ich blende sie aus. Denn leck mich am Arsch: Der Junge ist nie unten in den Gängen gewesen!
Es war alles wegen nichts.
Wegen absolut gar nichts. Alles, was Dan und ich durchgemacht haben. Nur eine wilde Phantomjagd, bei der nichts weiter herausgekommen ist als ein verkorkstes Hirn und ein paar Strähnen falsches Haar.
»Hey! Rhoda!« Zinzi schnippt direkt vor meinem Gesicht mit den Fingern. »Aufwachen! Willst du ’nen Zug?«
Sie reicht mir den Joint, aber das ist das Letzte, wonach mir im Moment der Sinn steht. Trotzdem nehme ich einen Zug. Ich lasse den Rauch über meine Zunge rollen, ohne ihn zu inhalieren.
»Also geht’s dem Jungen wirklich gut?«
»Wie oft denn noch? Mein Gott. Er dachte, ich sei sauer auf ihn. Er meinte, du hättest gesagt, er soll in einem Laden auf dich warten.«
»Ja. Er ist abgehauen.«
»Das kleine Arschloch. Dachte mir schon, dass so was passiert ist. He, warum bist du überhaupt mit ihm dorthin gefahren?«
»Musste mich mit Jacob treffen.«
Sie nickt, als hätte sie dafür vollstes Verständnis. Als sei es die normalste Sache der Welt, dass man ein Kind in ein Einkaufszentrum schleppt, um sich Stoff zu besorgen. Ist sie schon immer so gewesen? Ich habe in ihr immer die Verantwortungsvollere von uns beiden gesehen. Diejenige mit der Wohnung, dem Job, dem Auto, dem festen Freund. Komisch, wie sich alles verändert, wie nach diesen zwei kleinen Tagen des Wahnsinns die Welt auf einmal ganz anders aussieht. Verzerrt. Verkorkst.
»Aber, Scheiße, Rhoda. Ich war echt sauer wegen dem Honda.«
»Ja. Tut mir leid.«
»Du weißt, ich helfe dir, wo ich kann, Mädchen, aber Shiiiit.« Ich merke, dass Zinzi inzwischen stoned bis zum Anschlag ist. Sie setzt immer ihren amerikanischen Girlie-Akzent auf, wenn sie zu viel Stoff intus hat. »Ein Glück, dass ich noch einen Ersatzschlüssel hatte. Aber du schuldest mir 100 Mäuse – Bußgeld fürs verlorene Parkticket.«
»Ich werd’s dir zurückgeben. Hast du noch meine Sachen?«
»Natürlich. Im Schlafzimmer.«
»Aber was ist mit den Eltern von dem Jungen? Sind die nicht total durchgedreht?«
»Nee. Haben gar nix mitgekriegt. Kamen erst um zwei zurück. Wär ihnen wahrscheinlich sowieso egal gewesen. Da fällt mir was ein. Wie spät is’n?«
»Elf.«
»Verflucht. Ich sollte längst auf der Arbeit sein.« Aber sie macht keine Anstalten, aufzustehen.
»Und hast du die Bullen angerufen oder so was?«
Sie schnaubt. »Natürlich nicht, Rho. Gut, dieser Wachtyp wollte es. Sagte, du hättest ihn angegriffen. Was ich gut verstehen kann. So ’n Wichser.«
»Aber du hast gesagt, dass ich ernsthaft in der Scheiße stecke.«
»Ach, das. Na ja, Ma hat mich angerufen.«
»Ich dachte, du hast dein Handy verloren.«
»Yeah. Sie hat mich auf der Arbeit angerufen.«
»Und?«
»Deine Eltern. Die drehen völlig durch, Mann. Machen sich Sorgen wie verrückt.«
»Aber warum? Ich habe seit Jahren nicht mehr mit ihnen geredet. Ich könnte genauso gut irgendwo in einem Knast in Südamerika verrotten, ohne dass sie was davon mitkriegen.«
»Ja. Aber sie haben dich immer irgendwie im Auge behalten, oder?« Zinzi schaut betreten. »Weißt du, als Ma angerufen hat, ist mir rausgerutscht, dass du verschwunden bist, und sie hat’s deiner Mum erzählt.«
»Mann, Zinzi!«
»He! Was hätte ich denn sagen sollen? Oh, kein Problem, das macht Rhoda ständig, vor allem, wenn sie auf Koks ist? Und mit Koks, Ma, meine ich nicht das Zeug, das man in den Ofen ...«
»Okay, okay. Aber du hättest ihnen nicht gleich alles erzählen müssen.«
»Du bist tagelang weg gewesen. Ich konnte sie nicht anlügen. Ich meine, wenn jetzt was passiert wäre? Woher sollte ich denn wissen, dass du dir nur ein neues Styling verpasst hast ... oder was auch immer.«
»Shit.«
»Also, Rho. Wann lerne ich deinen Neuen kennen? Wie heißt er überhaupt?«
»Daniel«, antworte ich, ohne nachzudenken.
»Daniel? Was ist das denn für ein Name?« Ihre Augen wandern über meinen
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