Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
schnippt ihr Haar zurück und wippt mit der Hüfte. »Und was willst du mit diesem Messer? Mich abstechen? Ich lach mich tot. Warte nur, bis ich Bradley davon erzähle. Er ruft die Bullen und dann bist du erledigt.«
Ich lasse die Tür hinter mir zuknallen. Sie schrickt zusammen und wirbelt zu mir herum.
»Hi, Miststück«, grüße ich und spüre eine Adrenalinwoge durch meinen Körper rauschen. Sofort fühle ich mich energiegeladen, mächtig, als hätte ich die vollständige Kontrolle über das, was als Nächstes geschieht. Ich werfe einen Seitenblick auf Dan, der mit gesenktem Kopf an der gegenüberliegenden Wand steht. Sein Haar hängt zu einer Seite herunter, und ich kann deutlich die verschorfte Wunde an seinem Hals erkennen. In der Hand hält er mein Messer.
»Rhoda?« Er sieht mich benommen an.
Die Blonde funkelt mich an und wirft ihr Haar zurück. »Du!«, ruft sie. »Kenne ich dich nicht von irgendwo?«
»Sag du’s mir.« Ich trete einen Schritt vor. »Und?«
»Kunden dürfen hier nicht rein«, empört sie sich, aber jetzt ist da ein Schwanken in ihrer Stimme, und sie weicht langsam zurück. Ganz dämlich ist sie nicht; sie kann meinen Gesichtsausdruck deuten. »Sag’s ihr, Dan«, wendet sie sich Hilfe suchend an ihn. Dan rührt sich nicht.
»Entschuldige dich bei ihm.« Meine Stimme ist ungewöhnlich ruhig, ich klinge vernünftig, höflich sogar.
»Was?«
»Ich habe gehört, was du gesagt hast. Es ist ein Haufen Bullshit. Ich finde, du solltest es zurücknehmen.«
»Was geht dich das an? Er hat mich mit einem Messer angegriffen!«
»Habe ich nicht«, widerspricht Dan geistesabwesend. »Ich wollte es, aber ...«
Ich gehe auf sie zu und sie sieht sich gezwungen, zurückzuweichen, bis ihr Rücken beinahe die Metallregale an der Wand berührt.
»Dan!«, ruft sie. »Dan!«
Ich bin ihr jetzt so nahe, dass ich ihr billiges Deo riechen und ihre mit Make-up verkleisterten Poren sehen kann.
»Also?«, frage ich im Plauderton. »Wirst du dich entschuldigen?«
Sie kann sich nicht dagegen wehren. Ihr Gesicht verzieht sich zu dem gleichen höhnischen Grinsen wie neulich, als ich sie nach dem Jungen fragte. Es ist das gleiche Grinsen, das ich auch auf Gelbauges Lippen gesehen habe, als ich ihm zum ersten Mal über den Weg gelaufen bin; das gleiche höhnische Grinsen wie in den Gesichtern dieser Schlampe in der Boutique heute Morgen und der beiden Fotzen im Reisebüro. Ich handle, ohne nachzudenken.
Ich balle die Faust, ziehe meinen gebeugten Arm dicht an den Körper heran und ramme meinen Ellbogen aufwärts unter ihr Kinn. Ein greller, intensiver Schmerz schießt durch meinen Arm, aber ich ignoriere ihn. Ihr Atem entweicht zischend, sie taumelt zurück, und ihr Kopf knallt mit einem lauten, dumpfen Schlag gegen die Ecke des Regals hinter ihr. Blut läuft ihr aus dem Mund; sie muss sich auf die Lippe oder – wie ich hoffe – auf die Zunge gebissen haben. Sie hebt die Hand und berührt ihren Mund, als könne sie nicht glauben, was gerade geschieht. Langsam, ohne jede Spur von Anmut, sackt sie zu Boden. Beim Sturz prallt ihr Kopf gegen einen Stapel gebundener pseudokünstlerischer Bildbände.
Einige Sekunden lang rühre ich mich nicht. Ich konzentriere mich darauf, meinen Herzschlag zu beruhigen und den fernen Geräuschen des Einkaufszentrums zu lauschen.
Mein Ellbogen schmerzt, als hätte ich ihn ins Feuer gehalten – es ist dieser Musikantenknochen-Schmerz, den man bis in die Zähne spürt –, und versuchsweise strecke ich den Arm aus, um zu kontrollieren, ob nichts gebrochen ist. Es tut wahnsinnig weh, aber ich werde es überleben.
»Dan!«, sage ich.
Seine Augen sind glasig. Ich muss über den Körper der Blonden steigen, um zu ihm zu gelangen. Ich ergreife seine Hände und nehme ihm dabei das Messer ab.
»Was zur Hölle ist hier passiert, Dan? Was hast du getan?«
Den Körper der Blonden würdigt er keines Blickes. Er schluckt vernehmlich. »Er hat ... Sachen gesagt, Rhoda, und ich ... ich ... oh Mann, es ist einfach über mich gekommen.«
Ich nicke. Es ist einfach über mich gekommen . Er hat einen ausgewachsenen Mann gepackt und aufgespießt. Großer Gott.
»Ist er tot?«, fragt er.
Soweit ich es beim Betreten des Ladens erkennen konnte, wirkte er auf jeden Fall ziemlich tot, aber so genau habe ich ihn mir nicht angeschaut. »Weiß ich nicht.«
»Es war eine bescheuerte Situation. Ich habe eine Art Stromstoß verspürt. Als hätte ich in die Steckdose gefasst. Unglaublich stark.« Eine
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