Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
einmal. Das Resultat war ein heftiger Anfall von Schwindel und Klaustrophobie. So genau will ich gar nicht wissen, wie weit wir noch hinabklettern müssen. Und der Steifheit in meinen Fingern hilft es auch nicht unbedingt, dass die Luft inzwischen so kalt ist, dass sie in der Lunge beißt.
Das einzige Licht stammt von gelegentlichen vergitterten Glühbirnen in der Wand, aber je tiefer wir steigen, desto seltener tauchen sie auf, und ich fürchte schon, dass wir im Dunkeln enden werden. Wir sind so tief hinabgeklettert, dass das obere Ende dieses engen Schachtes nur noch als winziger Punkt über uns schwebt. Wenigstens fühlen sich die Sprossen vertrauenerweckend an. Sie sind fest in der Wand verankert. Allenfalls der Rost ist beunruhigend.
Ich halte an und reibe meine Fingerknöchel an der rauen Backsteinwand, um etwas Gefühl in die Hände zurückzubekommen. Meine Schultern und Unterarme schmerzen noch immer von der übermenschlichen Anstrengung, die Falltür aufzubekommen. Gutes altes Adrenalin – unter normalen Umständen hätten wir das schwere Ding wahrscheinlich keinen Zentimeter bewegen können.
Über mir höre ich Dans angestrengtes Atmen. Zwischen mir und seinem schattenhaften Umriss liegen gut zehn Meter, aber es kommt mir so vor, als ob er langsamer wird.
»Dan?«, rufe ich.
»Was?« Er klingt verständlicherweise erschöpft, aber der resignierte Tonfall in seiner Stimme gefällt mir gar nicht.
»Bist du okay?«
Er antwortet nicht.
»Dan?«
Stille.
Scheiße. Wenn er sich nicht mehr halten kann oder abrutscht, landet er direkt auf mir. Ich muss ihn zum Reden bringen.
»Hör zu, Dan, okay?« Meine Stimme hallt durch den Schacht, während ich weiter hinuntersteige. »Da gab es diese Fernsehshow in England, als ich ein Kind gewesen bin, die war so ähnlich wie dieses abgefahrene Fantasyspiel von diesem ... Scheiße, ich kann mich nicht mehr an sein Gesicht erinnern ... Wie heißt der Typ, der die Rocky Horror Picture Show geschrieben hat?«
»Tim Curry«, sagt Dan.
Gott sei Dank. Seine Stimme klingt schwach, aber wenigstens antwortet er und bewegt sich wieder. »Nein. Er hat in dem Film Dr. Frankenfurter gespielt, aber er hat es nicht geschrieben. Der Typ, von dem ich rede ... Mist ... Richard Sowieso.«
»Komm zur Sache, Rhoda«, zischt Dan und klingt fast wieder wie er selbst.
»Jedenfalls hat dieser Richard Sowieso diese Spielshow erfunden, in der die Kandidaten alle möglichen Aufgaben und Tests bestehen müssen, Labyrinthe und so ein Zeug, und es spielte in so einer außerirdischen Science-Fiction-Umgebung. Wie hieß das noch ...« Verdammt, mein Gehirn scheint so taub zu sein wie meine Finger. Es liegt mir auf der Zunge. Jetzt fällt es mir ein. »Crystal Maze!«
»Aha. Und?«
»Was ich damit sagen will: Diese Show war ungefähr so wie die Kacke, in die wir hier geraten sind.«
»Ja. Nur mit dem Unterschied, dass sie in einem verdammten Studio gedreht wurde und das hier das wahre Leben ist.«
»Genau darauf will ich hinaus. Denn ich habe mir gedacht: Was ist, wenn wir in einer bescheuerten Reality-Show feststecken? Was ist, wenn wir tatsächlich gefilmt werden?«
»Mein Gott, Rhoda!«
»Na ja, warum nicht? Es sind schon seltsamere Dinge passiert. Hast du den Film Cube gesehen? Oder den mit diesem Typen, der Leute foltert und so ...«
»Das Schweigen der Lämmer?«
»Nein, du Idiot. Saw. «
»Nein. Ich steh nicht auf Folterpornos und solches Zeug ...«
Eine Explosion aus Eiseskälte jagt mein rechtes Bein herauf und unwillkürlich stoße ich einen lauten Schrei aus.
»Was ist?«, ruft Dan.
Verdammt, was ist das? Ich reiße mein Bein so schnell hoch, dass ich das Knie schmerzhaft gegen eine Sprosse ramme und meine Finger fast den Halt verlieren. Vorsichtig taste ich meinen Unterschenkel ab. Meine Armeehose ist klatschnass.
»Scheiße! Da unten ist Wasser.«
»Wie kann das ...? Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich sicher, du Schwachkopf!«
»Okaaay. Wie tief ist es?«
Ich spreize die Beine, so weit das auf der schmalen Sprosse möglich ist, und spähe zwischen meinen Füßen nach unten. Das Wasser berührt beinahe meine Schuhe; schwarz glitzert es zu mir herauf. Unter der Oberfläche kann ich drei weitere Sprossen erkennen, dann nur noch Dunkelheit.
»Sind wir unten angekommen?«, fragt Dan.
»Ich glaube nicht. Warte mal.«
Ich klettere weiter und zucke zusammen, als das Wasser bis an meine Waden schwappt und sich dann eisig um meine Oberschenkel legt. Es stinkt wie in
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