Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
beide nach diesem fauligen Wasser und meine Haut fühlt sich feucht und schmierig an und juckt wie verrückt.
Aber das ist wahrscheinlich noch das geringste meiner Probleme. Meine Beine sind bleischwer vor Erschöpfung; die Oberschenkelmuskeln fühlen sich an, als seien sie mit einem Stahlrohr verprügelt worden, und der Rest meines Körpers schmerzt wie ein einziger riesiger blauer Fleck. Und ich will gar nicht erst in meinem Verstand nachsehen, wie es dem so geht. Kein Mensch kann eine solche abgefahrene, beschissene, unglaubliche Scheiße durchmachen, ohne irgendeinen psychischen Schaden davonzutragen, oder?
Immer wieder ziehen Bilder von unserem albtraumhaften Tauchgang durch diesen stinkenden Kanal vor meinem inneren Auge vorbei, aber noch bin ich nicht bereit, mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Ich stehe auf, humple zu einem der Läden und rüttle an dem Metallgitter vor dem Schaufenster. Es ist unmöglich zu erkennen, was dort verkauft wird, die Beschilderung hilft auch nicht weiter. In riesigen Comic-Sans-Buchstaben stehen die Worte Bite Size! über dem Fenster.
»Ist das normal?«, frage ich und trete zur Sicherheit noch einmal gegen das Gitter. »Ich meine, wir sind in einem Einkaufszentrum. Kommen dir diese Sicherheitsmaßnahmen nicht auch etwas übertrieben vor?«
»Vielleicht wieder eine Abriegelung«, überlegt Dan.
»Eine was? «
»Das machen sie, wenn es einen Zwischenfall im Einkaufszentrum gegeben hat. Du weißt schon, einen Raubüberfall oder so was.«
»Also werden sie die Ausgänge bald wieder öffnen?«
»Kann sein. Aber wenn es kurz vor Ladenschluss passiert ist, lassen sie die möglicherweise auch bis zum Morgen zu.«
»Shit. Und wir wissen nicht mal, wie spät es ist. Wir stecken hier womöglich noch Stunden fest!«
Wieder zuckt er die Schultern. »Möglich.«
»Was glaubst du, was sie in dem Laden verkaufen?«
»Keine Ahnung. Süßigkeiten? Zähne? Dentalzubehör? Wen kümmert’s?« Müde setzt er sich auf die Rolltreppe. Er lässt den Kopf hängen und fährt sich mit den Fingern durch das feuchte Haar.
Meine Beine schreien danach, dass ich mich endlich verdammt noch mal hinsetze und ausruhe, aber ich bin zu nervös und unruhig. Ich sollte auf die Knie fallen und die Bodenfliesen küssen, um Gott dafür zu danken, dass wir noch am Leben sind. Aber ich werde dieses nagende Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmt. Kann es daran liegen, dass es hier so still ist? Bis auf das Quietschen meiner durchnässten Turnschuhe auf den Fliesen hört man rein gar nichts, nicht einmal das Hintergrundsummen der Stromversorgung oder Klimaanlage. Und die Beleuchtung ist weitaus gedämpfter, als ich sie in Erinnerung habe. Wollen sie Strom sparen?
Aber warum überhaupt Licht, wenn das Gebäude hermetischer abgeriegelt ist als ein Banksafe?
Dann fällt mir etwas ein. »Warum ist der Komplex nicht alarmgesichert?«
»Das Einkaufszentrum selbst ist nicht gesichert. Nur die einzelnen Läden«, erklärt Dan, ohne den Kopf zu heben. »Entspann dich, Rhoda. Wir sind sicher, okay?«
»Du vielleicht.«
»Machst du dir immer noch Sorgen wegen der Wachleute? Nach allem, was geschehen ist?«
Da ist was dran. Wenn Fingerling und Gelbauge in diesem Moment auftauchten, würde ich ihnen wahrscheinlich um den Hals fallen. Ich gäbe fast alles dafür, jetzt sicher in ihrem stinkenden Büro zu hocken.
»Wir müssen jemandem Bescheid sagen, dass der Junge sich hier unten verlaufen hat«, dränge ich. »Und zwar so schnell wie möglich. Damit sie einen Suchtrupp losschicken.«
»Der Wachdienst hat bestimmt die Bullen alarmiert, Rhoda.« Sein gönnerhafter Ton geht mir allmählich auf die Nerven.
»Aber wir müssen ihnen sagen, wo er hingelaufen ist.« Ich wühle in meiner Tasche und hole das Handy heraus, dabei streifen meine Finger über den Griff des Messers. »Hier müssten wir doch Empfang haben, oder?«
Er schlägt sich wie ein Stummfilmkomiker mit der flachen Hand vor die Stirn und holt sein eigenes Telefon aus der Tasche. Das Display meines Nokias ist schwarz und der Akku so schwach, dass das Gerät nicht einmal angeht. Hat es doch einen Wasserschaden abbekommen? »Mist. Tot. Deins?«
»Auch.«
»Scheiße.«
»He, mach dir keine Sorgen«, sagt er. »Es wird schon bald jemand kommen, um hier aufzuschließen. Die Putzkolonne oder so. Wir müssen uns nur gedulden.«
»Was ist mit Münztelefonen?«
»Die sind normalerweise neben den Toiletten.«
Ich kann mich nicht erinnern, welche gesehen zu
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