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Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Titel: Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. L. Grey
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– 12 –
    Und wir fallen so schnell, dass ich gegen die Seitenwand des Aufzugs geworfen werde. Ich strenge mich an, in meine Absturzposition zu kommen, und Rhoda schreit mich an: »Probier’s noch mal!«
    »Man kann die Eingabe nicht löschen, verdammt. Keine Ahnung! Wie soll ich ...« Es ist zu viel für mich. Mein bescheuerter Engel hat das Gebäude verlassen, und ich weiß nur noch, wie das Spiel bisher funktioniert hat. Das ist alles, worauf ich mich stützen kann. Ich muss daran glauben, dass der Aufzug anhält und wir eine weitere Chance bekommen. Ich habe mich wie der letzte Macho benommen, als wüsste ich, was ich tue. Aber ich werde uns beide umbringen. Und ich will nicht, dass das die letzte Tat meines Lebens ist. Oder mein letzter Gedanke. Ich will nach Hause. Ich will aufwachen. Ich bin drauf und dran zu schreien, aber dann kommt der Fahrstuhl ruckelnd zum Stehen.
    »Okay, versuchen wir es noch einmal«, sagt Rhoda, jetzt mit etwas sanfterer Stimme. »Ich diktiere langsamer.«
    Ich nicke. »Irgendeine Ahnung, wie lang das Stück ist?«
    Aber sie sagt nur: »N«. Ich drücke die 13.
    »O« 20
    »N« 13
    »H« 12
    »L« 21
    »A« ›Tür auf‹? Verdammt, ich habe irgendwas falsch gemacht. Das kann nicht stimmen. Aber wir stecken mittendrin und es gibt keine Korrekturtaste. Man kann in diesem Spiel nichts löschen. Ich drücke die Taste, Rhoda reißt die Augen auf und zweifelt ebenso sehr an mir wie ich selbst. Aber die Tür geht nicht auf. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist. Wir müssen weitermachen.
    »N« 13
    »H« 12
    »L« 21
    »A« ›Tür auf‹. Der Aufzug bebt und ich denke: Oh Gott, das war’s, wir sind tot. Aber dann trägt der Fahrstuhl uns sanft nach oben.
    »Woher wusstest du das?«, frage ich, während wir hinaufgleiten.
    »Mein Dad hat es immer gespielt, als wir nach ... nach England gekommen sind. Es war sein Lieblingslied. Nonhlanhla von Chubby Koabane. Es ist ein gottverdammtes Sakrileg, Chubbys Trompete durch eine beschissene Panflöte zu ersetzen. Dad würde ...« Sie verstummt.
    »Gut gemacht«, sage ich, als klar ist, dass sie mir nicht mehr erzählen wird. »Gut für deinen Dad.«
    »Er hat mich nach diesem Lied benannt.«
    »Was? Rhoda?«
    »Nonhlanhla ist mein eigentlicher Name. Rhoda ist mein Sklavenname, wenn du so willst.«
    »Besser als Lastchance oder Nomore, nehme ich an.«
    Sie wirft mir ihren Leck-mich-Blick zu. »Ich kapiere nur nicht, woher diese Arschlöcher das wissen. Niemand kennt meinen Namen. Niemand!«
    Wenn das ihr Name ist, dann habe ich eine Ahnung, was als Nächstes kommt. Und tatsächlich, sobald der Aufzug anhält, beginnt das nächste Panflötengedudel. Kaum sind ein paar Noten erklungen, drücke ich schon die Tasten: 3 – ›Tür auf‹ – 13 – 17 – 2 – 21, und es geht weiter nach oben.
    »Clever«, gesteht Rhoda. »Damit haben wir HELLO NONHLANHLA DANIEL. Ich kann es gar nicht erwarten, was sie uns als Nächstes mitzuteilen haben.«
    Aber ich denke wieder an zu Hause. Wie meine Mutter immer diesen Elton-John-Song aufgelegt hat, um mich zu trösten, nachdem Dad gestorben war. Ich glaube, auch sie fand es tröstend, leise mitzusingen und mit ihren Fingern durch mein Haar zu streichen. Wir hatten dasselbe Haar, Dad und ich, dünn und glatt, immer ein bisschen verknotet, aber auch willig auf Moms Finger reagierend. Das hier muss irgendein beschissener Traum sein. Der Geist von Dad kehrt mitten in einer langen, furchtbaren Nacht zurück, um mich fertigzumachen, weil ich nicht angemessen um ihn getrauert habe. Aber was hätte ich denn tun sollen, verdammt? Ich war damals 13! Mit 13 weiß man noch nicht, wie man richtig trauert. Wann sollte ich es denn gelernt haben?
    Ich wische mir die Augen. Es tut weh, als sei es gestern gewesen. Ich will nicht, dass Rhoda meine Tränen mitbekommt, aber sie steht auf der anderen Seite der Aufzugkabine und starrt mit ausdrucksloser Miene ins Leere.
    »He, Rhoda. Geht’s dir gut?«
    Sie sieht mich benommen an, als sei sie gerade aufgewacht.
    »Nein, ich glaube nicht«, nuschelt sie.
    Ich wühle in den Taschen ihres Kapuzenshirts, das immer noch feucht ist und nach Abwasser stinkt. Sie sind bestimmt hinüber ... aber in der unteren Innentasche finde ich ein zerknittertes Päckchen Stuyvesant, dessen Zellophanhülle die einsame Zigarette vor dem schlimmsten Schaden bewahrt hat. Sie ist krumm und feucht, aber es wird gehen. Ich krame nach dem Feuerzeug, das ich mehrmals anklicken muss, bevor eine Flamme

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