Labyrinth der Spiegel
Überfall auf den Kühlschrank startete. Der nichts brachte, logisch.
»Ich habe Mails für dich«, teilte mir der PC mit.
Nachdem ich mich in aller Eile umgezogen hatte, verließ ich das Haus. In dem Laden um die Ecke war zum Glück fast niemand, so dass ich um zehn wieder zu Hause war.
Gerade rechtzeitig, um Maniac auf die Schulter zu klopfen, der traurig an meiner Tür klingelte.
»Willst du frühstücken?«, fragte Schurka.
»Mhm. Du nicht?«
»Doch, aber später.« Maniac zwängte sich an mir vorbei in die Wohnung. Während ich mir die Schuhe auszog, setzte er sich schon an die Kiste. Als ich zu ihm kam, fuhrwerkte er längst mit dem Cursor im Norton Commander herum, um verschiedene Dateien zu markieren.
»Was machst du da?«, fragte ich perplex.
»Ich versuch, dich vor dem Schuldturm zu retten«, erwiderte Maniac, während er etliche Programme löschte. »Der Warlock ist rehabilitiert worden. Das ist ein sauberes Virus, das sich weder vermehrt noch Daten löscht. Es ist zur Anwendung im virtuellen Raum freigegeben. Auf eigenes Risiko natürlich.«
Mein Rechner büßte erneut ein paar Dateien ein. Anscheinend mussten auch die geflügelten Latschen dran glauben …
»Dafür haben dir das Labyrinth und Al Kabar eine Schadensersatzklage in Höhe von 2,5 Millionen Dollar angehängt.«
Als ich die Summe hörte, konnte ich nicht anders: Ich musste lachen.
»Warum verlangen die nicht gleich ’ne Milliarde? Hätte doch auch keinen Unterschied gemacht, so viel werde ich nie verdienen … und auch nie zusammenklauen.«
»Auch eine Milliarde wäre drin gewesen«, bestätigte Maniac, der mit der Maus übers Pad wackelte. »Wann hast du eigentlich das letzte Mal deine Maus gereinigt? Also, pass auf: Der Revolvermann existiert nicht mehr. Und er hat auch nie existiert, jedenfalls nicht auf deiner Kiste. Wenn’s geht, lass dir für Figur Nr. 7 was anderes einfallen. Und sieh zu, dass du dir ein Alibi besorgst. Was hast du denen nur getan, Ljonka?«
»Ich habe ihnen einen Jungen unter der Nase weggeschnappt. Gerettet.«
»Dagegen lässt sich natürlich nichts sagen …«
Maniac schob eine Diskette ins Laufwerk und startete von dort aus irgendein Programm.
»Jetzt wollen wir mal deine Festplatten reinigen, damit auf der physischen Ebene keine Spuren zurückbleiben«, kündigte er an. »Noch besser wäre es, du würdest die Dinger vertickern und dir neue kaufen. Oder du schmeißt sie von einer Brücke aus in die Newa.«
Allmählich wurde mir mulmig zumute. Maniac geriet nicht ohne Grund in Panik.
»Hast du Wodka?«, fragte Schura.
»Kognak.«
»Geht auch, obwohl Wodka besser wäre«, brummte er.
Ich reichte ihm die Flasche und wappnete mich innerlich für den Moment, wo Schura den Alkohol in den Rechner kippen würde. Um die Sache perfekt zu machen. Aber nein, er nahm selbst ein Schlückchen, holte dann die Kugel aus der Maus, hauchte sie an, rieb sie am Ärmel ab und setzte sie wieder ein.
»Wir können den Verkauf von drei Viren feiern«, verkündete er. »Du hast gute Reklame für den Warlock gemacht.«
»Schura, ich muss nochmal in die Tiefe …«
»Vergiss es, Diver«, entgegnete Maniac grinsend. »Du wirst schön zu Hause hocken bleiben!«
»Das geht nicht. Auf gar keinen Fall.«
Mit einem Achselzucken gab er sich geschlagen. »Die Festplatten musst du aber unbedingt loswerden«, insistierte er.
»Ich will die Kiste sowieso aufrüsten …«
»Ja? Dann verkauf lieber gleich das ganze Ding. Oder schenk es einem Jugendclub. Viel kriegst du für die Kiste nicht, und bei den Kids ist sie in einer Woche im Arsch. Die kann danach nie wieder jemand reparieren.«
In Erinnerung daran, wie ich den Hobbit beklaut hatte, deutete ich ein Nicken an.
Vielleicht beglückte ich die Jugend ja wirklich mit meinem alten Rechner?
Dabei war ich so stolz auf ihn gewesen, als ich ihn gekauft hatte! Ein Pentium! Mit richtig gutem Grafikspeicher!
»Wie kannst du nur mit so ’ner Grafikkarte leben?«, riss mich Schurka aus meinen Erinnerungen. »Ich fass es nicht! Damit kannst du nicht mal fernsehen, oder?«
Die nächsten fünf Minuten hörte ich mir einen Vortrag über die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Hardware an. Anschließend schickte Maniac mich in die Küche, damit ich Frühstück machte, er selbst reinigte derweil den Rechner weiter.
Ich bereitete Rührei zu, vermutlich das zehntausendste Rührei in meinem Leben. Es wurde Zeit, mein Jubiläum als Single zu feiern: Tausend Konservendosen,
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