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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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hunderttausend Wurstbrote …
    »Schura, ich habe nur zweieinhalb Stunden!«, schrie ich aus der Küche. »Auf mich wartet Arbeit!«
    »Nur keine Panik!«
    »Und ich muss noch eine neue Figur designen.«
    »Was für eine?«, wollte Maniac wissen.
    »Eine Fantasy-Figur. Einen Elben oder einen Zwerg … Nein, besser einen Elben. Ein Zwerg wird sofort angegriffen.«
    »Seit wann fährst du auf Rollenspiele ab?«
    »Das gehört zu meinem Job«, sagte ich, als ich die Pfanne neben die Tastatur stellte. »Ich muss einen ihrer Server benutzen.«

    »Was um alles in der Welt willst du diesen Hungerleidern denn klauen?« Maniac schüttelte den Kopf. »Die Texte der Elbenhymnen? Die Geheimnisse zur Anfertigung von Holzschwertern?«
    »Also … ich hab was bei ihnen vergessen.«
    »Ah!« Maniac nickte. Offenbar glaubte er, der Warlock habe einen Durchgang zum Server der Rollenspieler gegraben. »Aber benimm dich anständig ihnen gegenüber, ja! Auch weil sie ein putziges Völkchen sind.«
    »Hast du ihren Schutz aufgebaut?«
    »Ich? Denen? Also echt!«, bemerkte Schurka. »Die haben selbst genug gute Entwickler.«
    Das schmeckte mir gar nicht.
    »Wie sieht der Warlock eigentlich im Einsatz aus?«
    »Also … da sind ein blauer Strudel, Funken und Spiegel unter dir. In denen siehst du andere virtuelle Räume.«
    »Gab es denn keinen Fahrstuhl?«, fragte er und sah mich verwirrt an.
    »Was für einen Fahrstuhl?! Da war ein Loch im Boden …«
    »Immer dasselbe! Du denkst dir was aus und dann …«, knurrte Schurka. »Scheiße! Hast du wirklich nur Kognak?«
    Wir schenkten uns beide noch etwas ein, stießen an und tranken auf ex. Im Rechner summten immer noch Schurkas Programme.
    »Ich habe das gestern mal versucht … mit deinem Spruch«, gesteht Maniac nach dem zweiten Glas. »Dieses Tiefe, Tiefe  …«

    Ich fragte nicht nach dem Resultat. Wenn Maniac die Tiefe verlassen könnte, dann hätten wir das längst gefeiert.
    »Ljonja, wenn du irgendwann herausfindest, wie das funktioniert …«, setzte Schurka an.
    »… erfährst du es als Erster.«
    »Hast du von dem Krawall gestern Abend gehört? In einem Puff«, wechselte Maniac das Thema. »Kam in den Netnews.«
    Das brachte mich aus dem Konzept. »Nein.«
    »Ein paar Rowdies haben versucht, den Schutz vom Vergnügungen jeder Art zu knacken. Den Puff müsstest du kennen!« Schurka setzte einen versonnenen Ausdruck auf.
    »Sie haben es versucht?«
    »Ja. Sie waren schon beinahe durch, als die Sicherheitssoftware des Puffs kurzerhand alle Verbindungskanäle gekappt hat. Bis dahin soll es aber ziemlich heiß hergegangen sein, falls Zuko nicht mal wieder maßlos übertreibt.«
    »Wer?«
    »Im Grunde war’s das auch schon«, schließt Schura, ohne auf meinen Zwischenruf zu reagieren.
    »Du kennst Zuko? Den Computermagier?«
    »Als ob du ihn nicht kennen würdest!«
    »Nur aus der Tiefe .«
    »Glaubst du?« Schurka schüttelte den Kopf. »Hör mal, das ist doch Serjoga. Der früher bei der Bank gearbeitet hat.«
    Wer hätte das gedacht?

    Serjoga kannte ich seit ewigen Zeiten, früher hatte er in der gleichen Firma für PC-Spiele gearbeitet wie ich. Und jetzt sollten dieser einsilbige, phlegmatische Entwickler und der geschwätzige Computermagier ein und dieselbe Person sein?
    »Hinter Zuko steckt Serjoga?«
    »Ja.«
    »Das nenn ich Tarnung«, brachte ich nur heraus.
    »Würdest du etwa überall herumposaunen, dass du in einem Puff arbeitest? Eben! Deshalb tischt er bis heute allen das Märchen auf, dass er noch für die Bank Programme schreibt.«
    »Sag ihm nicht, dass ich ich bin«, bat ich Schurka rasch.
    »Mach ich nicht.«
    »Der Warlock!«, rief ich entsetzt. »Zuko hat dein Virus erkannt!«
    »Mhm, stimmt, ich hab ihm das Ding vor einem Monat gezeigt.« Schurka runzelte die Stirn. »Scheiße!«
    »Meinst du, er plaudert?«
    »Nein.« Maniac schüttelte den Kopf. »Aber irgendwo sickert immer was durch. Irgendeine kleine Unachtsamkeit, ein Zufall wie dieser … Am Ende kriegen die dich.«
    »Dann müssen sie mir erst mal was beweisen.«
    »Ljonja, wenn du denen derart auf die Füße getreten bist, dann werden die sich mit Beweisen nicht lange aufhalten. Von mir hast du nichts zu befürchten. Aber irgendjemand wird wissen, dass der Revolvermann und Leonid identisch sind. Jemand wird dahinterkommen, dass Leonid ein Diver ist. Irgendjemand wird vermuten, dass Leonid ein Russe ist. Die virtuelle Welt lebt von Informationen.
Von der Wahrheit, von Gerüchten und Vermutungen.

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