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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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Revolvermann!«, verlangt der Magier. »Sonst reiche ich bei Madame Urlaub ein, marschiere im Labyrinth ein und mache dich kalt! Ich bin ja eigentlich ein friedlicher Mensch, aber wenn ich ausflippe, vergesse ich mich! Drei Mann müssen mich dann festhalten, zwei reichen nicht! Einmal zum Beispiel …«
    »Magier«, fällt Vika ihm ins Wort. »Wir stecken gerade mitten in einem wichtigen Gespräch. Geh doch zu Tina oder Lenotschka und unterhalt dich mit denen!«
    »Ist ja immer das Gleiche«, murmelt Magier traurig. »Ja, ja, ich gehe schon. Niemand mag mich …«
    »Ich mag dich sehr«, widerspricht Vika. »Aber Tina ist seit gestern Abend depressiv. Heiter sie ein bisschen auf, das schafft niemand so gut wie du.«
    »Kein Problem!« Der Magier strahlt. Er schnappt sich seine Flasche und tänzelt zu einem Tisch, an dem eine füllige schwarzhaarige Frau sitzt und konzentriert Wodka in sich hineinkippt.
    Ich schüttle nur den Kopf.
    »Wir leben hier in unserer eigenen kleinen Welt«, erklärt mir Vika. »In einer ziemlich ruhigen und friedlichen
Welt. Übrigens kommen die Mädchen immer in ihrem Standardkörper in diese Bar. Nicht in dem, in dem wir unsere Freier bedienen.«
    »Dann ist das also dein virtueller Standardkörper?«
    »Ja.«
    Da wage ich mich noch etwas weiter vor. »Und dein Name? Heißt du wirklich Vika?«
    »In der Tiefe ja. Deshalb durftest du mich überhaupt besuchen. Weil du meinen Namen erraten hast.« Sie lächelt traurig. »Am Anfang habe ich sogar gedacht, du seist ein Spion, ein Hacker oder ein Diver. Dass du hinter meine Identität gekommen bist.«
    Mein Herz fängt wie wild an zu hämmern. »Und jetzt glaubst du das nicht mehr?«
    »Wer weiß?« Vika zuckt die Achseln. »Aber du gefällst mir. Es wäre einfach schön, wenn das alles purer Zufall wäre. Schön und erstaunlich.«
    Ehe ich ihr antworten kann, steckt eine Frau den Kopf durch die Tür. »Natascha, Tina, ins Foyer! Das grüne und das gelbe Album.«
    Die Frau, zu der Magier sich gesetzt hat, wirft ihre Flasche Richtung Tür. Vika steht auf.
    »Alice!«, ruft Vika in leisem, aber entschlossenem Ton. »Du übernimmst Tinas Kunden!«
    Die Frau am Nachbartisch nickt, doch da springt Tina auf. »Vika, mit mir ist alles in Ordnung.«
    Sie benutzt ein Übersetzungsprogramm, aber selbst das kann ihre Müdigkeit und Wut nicht vertuschen.
    »Ich mime die Minderjährige, kein Problem. Ich hatte gestern Abend den Cappy, das war ein bisschen viel.«

    Einer der Schwulen erhebt sich und schießt auf sie zu. Er umarmt Tina, flüstert ihr etwas zu und drückt sie zurück auf ihren Stuhl, den Blick fragend auf Vika gerichtet.
    »Danke, Andrzej«, sagt sie.
    Der Schwule und eine der Frauen verschwinden durch die Tür. Vika setzt sich und stürzt den Sekt in einem Zug hinunter. »Böcke«, keift sie mit völlig neuer Stimme. »Ihr Männer seid doch alle Böcke.«
    »Wer ist dieser Cappy?«, frage ich sie.
    »Ein Freier. Ein Stammkunde. Normalerweise übernehme ich ihn, aber gestern … war ich schon beschäftigt.«
    »Mit mir?«
    »Ja«, antwortet Vika hart. »Die Mädchen sollen nicht mit ihm arbeiten, sie sind danach jedes Mal völlig fertig.«
    »Was will er denn?«
    »Das rote Album.«
    »Daran erinnere ich mich gar nicht.«
    »Es ist eine Einlage im schwarzen Album. Wir zeigen sie nicht jedem.« Vika steht auf. »Scheiße! Ljonja, tut mir leid.«
    Ich stehe ebenfalls auf.
    »Wolltest du mich nicht irgendwohin einladen?«, wechselt sie das Thema.
    »Ja.«
    »Na, dann mal los!«
     
    Im Foyer halte ich nach Madame Ausschau, die jedoch wie vom Erdboden verschluckt scheint. Ich besorge ein
Taxi und nenne die Adresse der Drei kleinen Schweinchen . Nach und nach bessert sich Vikas Laune wieder. Obwohl mir etliche Fragen zu dem roten Album und Cappy unter den Nägeln brennen, stelle ich keine einzige.
    Das geht nicht. Noch nicht.
    »Ich habe dir jetzt gezeigt, wie wir leben«, sagt Vika. »Aufregend, oder?«
    »Wie schon gesagt«, antworte ich, »nichts Besonderes.«
    »Nichts Besonderes also?« Vika kramt Zigaretten aus ihrer Tasche und zündet sich eine an.
    Ich mag es nicht, wenn Frauen rauchen. Nicht mal in der virtuellen Welt.
    »Was hast du denn erwartet, Vika? Dass ich Igitt schreie? So bigott bin ich nicht! Oder dass ich vor Begeisterung ausflippe? Auch dafür sehe ich keinen Grund.«
    »Tut mir leid, Ljonja.« Sie berührt flüchtig meine Hand. »Ich leide immer mit den Mädchen mit. Du bist also nicht schuld an meiner Stinklaune, du bist

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