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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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Menschen, die nebulöse Sätze wechseln.
    Ob man in der Tiefe verrückt werden kann? Oder würde ich vielleicht der Erste sein?
    »Warum hast du dich umgebracht?«, frage ich.

    »Wann?«
    »Anatole hatte dich schon durchs Level gebracht, da hast du das Gewehr fallen lassen und dir dabei in die Stirn geschossen. Willst du etwa behaupten, dass sei ein Zufall gewesen?«
    »Zufälle gibt es nicht.«
    »Also dann: warum?«
    »Anatole kann mich hier nicht rausbringen.«
    »Warum nicht?«, schreie ich. Dieses Gespräch besteht ausschließlich aus leeren Antworten, die überhaupt nichts erklären.
    Der Loser hüllt sich in Schweigen.
    Von mir aus.
    Ich habe die Schnauze voll von diesen Rätseln, ich bringe ihn jetzt hier raus.
    Ich werde ihm keine andere Wahl lassen, dann muss er das Level verlassen.
    »Steh auf!«, befehle ich. Ich packe den Loser bei den Schultern und reiße ihn hoch. Ich ziehe seine Pistole aus dem Halfter, entlade sie und werfe sie weg.
    »Gehen wir! Abmarsch!«
    Er widerspricht nicht. Pah, das sollte er mal versuchen! Notfalls würde ich ihn zum Ausgang schleifen.
    Ich werde ihm keine andere Wahl lassen.
    Während wir Disneyland durchqueren, niete ich Monster um, ohne mit Munition zu geizen. Die reicht allemal für dieses Level.
    Der Granatwerfer glüht, nachdem ich ununterbrochen aus ihm geschossen habe. Ich verbrenne mir selbst durch den Schutzanzug hindurch die Schulter. Egal.

    Auf dem Betonplatz mit den kleinen Autos flieht schon wieder ein Junge vor drei wilden Dämonen. Nur dass es diesmal kein Schwarzer ist, sondern ein Lateinamerikaner. Typisch Amis! Die und ihre Rassenkomplexe! Der Loser bleibt wie angewurzelt stehen, so dass wir das kleine Duell mit den Monstern und der rumballernden Spinne noch einmal durchspielen müssen. Anschließend gehen wir zum Haus, auf das der Junge gezeigt hat. Diesmal hält der Loser den Jungen jedoch fest, damit er nicht weglaufen kann. Und diesmal gehe ich durch die Tür.
    Fast die ganze Eingangshalle wird von einem halbdurchsichtigen, sich hin und her bewegenden Schlauch mit Zähnen eingenommen. Meine Raketen gehen glatt durch ihn hindurch, ohne zu explodieren. Daraufhin fackel ich dieses Untier unter Einsatz von zwei Energiezellen mit der Plasma Gun ab.
    Im angrenzenden Zimmer zappeln ein Mann und eine Frau in einem klebrigen Spinnennetz. Das kleine Monster, das sie bewacht, stürzt sich gar nicht erst auf mich, sondern versucht seine Gefangenen abzumurksen. Ich erledige es mit dem Gewehr und befreie zusammen mit dem Loser die Eltern des Jungen. Der Rest läuft nach einem Standardszenario ab: der Bericht über die grauenvolle Invasion von Außerirdischen, ein paar Tipps, wie wir das Spiegellabyrinth bewältigen können, und die feierliche Übergabe eines Geschenks, einer Plasma Gun. Was für eine primitive Software, die nicht mal registriert, dass ich bereits eine habe! Gähnend nehme ich das Geschenk entgegen. Die wiedervereinte Familie entfernt sich. Alles ist zum Kotzen theatralisch, der Junge geht in der Mitte, so
richtig herzergreifend, an den Händen seiner Eltern. Man soll glauben, sie würden Twilight City jetzt verlassen. Ich schiele zum Loser hinüber, der den Dreien mit ernstem Gesicht nachschaut. Als hätte er ihnen tatsächlich gerade das Leben gerettet.
    Wir ziehen weiter zum Spiegellabyrinth. Nach wie vor überlasse ich dem Loser keine Waffe. Auf die Nummer mit der Winchester, die ihm rein zufällig runterfällt und losgeht, kann ich getrost verzichten.
    »Pass auf«, instruiere ich ihn, »im Spiegellabyrinth wartest du vor dem Saal auf mich. So lange, bis ich dich rufe. Dann gehst du ganz langsam zum Computer und von dort aus nach Hause. In Ordnung?«
    »Ja.«
    »Du hast das kapiert, ja? Du wirst keine Dummheiten machen?«
    Der Loser sieht mir fest in die Augen. »Ist es eine Dummheit, wenn ich dir bei einem Schusswechsel Deckung gebe?«
    »Ja! Ich komme allein damit klar! Aber du musst hier raus! Kapiert?«
    »Ja.«
    Scheiße, ich traue ihm einfach nicht über den Weg! Aber das lässt sich nicht ändern. Wir gehen die Spiegelgänge hinunter, am Saaleingang klopfe ich dem Loser auf die Schulter. Der bleibt brav stehen.
    »Rühr dich nicht vom Fleck! Ich bin gleich wieder da!«, schärfe ich ihm ein. Ich mache einen Schritt Richtung Tür, zögere aber und drehe mich noch einmal um. »Hör mal, wer auch immer du bist … ich bin verdammt müde.«

    Der Loser nickt.
    »Deine Albernheiten hängen mir zum Hals raus«, gebe ich unumwunden zu.

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