Labyrinth der Spiegel
wissen Sie doch.
Das waren alles Spinnen. Die dünne Fäden in fremdes Terrain zogen. Urmann behielt das Labyrinth im Auge, der Mann Ohne Gesicht Al Kabar.
Und? Stimmt das?
Eventuell.
ICH SCHAFFE DAS NICHT! , schrieb ich in Großbuchstaben.
Schade .
Fast unmittelbar darauf erschien im unteren Teil des Bildschirms: Die Verbindung wurde auf Wunsch des Abonnenten unterbrochen .
»Die Verbindung wurde unterbrochen!«, bestätigte mir auch Vika. »Soll sie wiederhergestellt werden?«
»Nein«, antwortete ich. Aus irgendeinem Grund hatte ich nicht den geringsten Zweifel: Der polnische Server würde mich nie wieder mit dem Mann Ohne Gesicht verbinden.
Vielleicht war er sauer, dass ich Urmann von ihm erzählt hatte. Vielleicht traute er mir die Sache auch einfach nicht länger zu.
So oder so, es lief aufs Gleiche hinaus.
»Bin ich clever, Vika?«, wollte ich wissen.
Windows Home kannte etwa tausend Wörter. Deshalb konntest du mit deiner Kiste manchmal ziemlich abgefahrene Gespräche führen. Die fast intelligent waren.
»Welche Antwort möchtest du denn hören?«, fragte Vika zurück. Wie immer, wenn die Wörter nicht im Imperativ und ihr unbekannt waren.
»Eine ehrliche.«
»Ich weiß es nicht, Ljonja. Ich würde sehr gern antworten, aber ich weiß es nicht.«
»Du bist blöd, Vika.«
»Und du bist unverschämt.«
Ich grinste. Wenn mich jetzt jemand hören könnte, der nicht mit den modernen Operationssystemen vertraut war, würde er garantiert glauben, mein PC sei intelligent.
»Tut mir leid, Vika.«
»Schon gut, ich bin nicht böse.«
Intelligenz. Die Imitation von Intelligenz. Wo verlief die Grenze zwischen beidem? Wir reden mit unseren Rechnern, sie begrüßen uns und wünschen uns gute Träume. Viele Menschen – und ich gehöre zu ihnen – verbringen einen Großteil ihres Lebens in der virtuellen Welt. Aber das ist nicht der Sieg der menschlichen Intelligenz, das ist nur die Imitation dieses Sieges. Grelle Banner und Feuerwerke im leeren Raum. Ein schnellerer Prozessor, ein größerer Arbeitsspeicher — und schon ähnelt die Kiste einem Menschen. Ähnelt ihm, aber mehr auch nicht.
Der Loser konnte tatsächlich ein Programm sein. Das genauso ausgebufft war wie Maniacs Virus. Vielleicht war er auch in der Gestalt eines Menschen durch den Filter
geschlüpft und hatte sich in dieser Tarnung häuslich auf dem Server des dreiunddreißigsten Levels eingerichtet. Immerhin war er imstande, sich zu unterhalten und Monster zu töten.
»Scheiße!«, rief ich aus.
Wie einfach das war! Hundert Sätze, die mal passten, mal nicht. Ein Programm, das aus deinen eigenen Worten lernte, das dir deine eigenen Gedanken zurückgab. Das den naiven Rettern brav hinterherstapfte! Logisch, dass so ein Programm keinen Verbindungskanal brauchte.
Was hatte ich dem Loser gesagt, was hatte er geantwortet? Krampfhaft versuchte ich, mich zu erinnern.
Nein, es wollte mir nicht gelingen. Vielleicht war der Loser also ein Programm. In dem Fall wären Al Kabar und der Mann Ohne Gesicht auch nicht klüger als ich.
Wenn es doch bloß so wäre! Wenn diese banale Antwort doch zuträfe!
Die Stille, Revolvermann.
Ich fing an zu zittern. Mir fiel wieder die Leere ein, die mich nach seinen Worten überrollt hatte.
Und das sollte ein Programm sein?
Der Loser, der sich liebevoll um einen virtuellen Jungen kümmerte …
Ein Programm?
»Ich blicke da nicht mehr durch, Vika«, gestand ich. »Überhaupt nicht. Und du kannst mir auch nicht helfen.«
»Ich kann helfen?«, antwortete Vika völlig unpassend.
»Nein!«
»Wer dann?«
Es dauerte, bis ich herausbrachte: »Die richtige Vika. Tiefe !«
»Soll ich das Deep-Programm starten?«
Statt zu antworten setzte ich mir den Helm auf und legte die Finger auf die Tastatur.
Deep.
Enter.
Fallende Sterne sprenkelten die dunklen Displays, eine regenbogenfarbene Spirale drehte sich vor meinen Augen, löschte die Realität aus und trug mich zu den Wolkenkratzern von Deeptown.
Der erste Augenblick ist am schwierigsten. Das Zimmer sieht genauso aus wie vorher, aber ich weiß, dass es ein Trugbild ist, eine Fantasiegespinst.
»Alles in Ordnung, Ljonja?«
Ich drehe den Kopf nach links und nach rechts.
Das Zimmer ist in Ordnung. Ich nicht ganz.
»Ich brauche Figur Nr. 7, den Revolvermann.«
»Wird erledigt!«
Diesmal dauert es quälend lange, bis mein Äußeres verändert ist. Aber ich will nicht meckern, das ist der Preis für die Waffe.
»Alles in Ordnung, Ljonja?«
Ich
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