Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
jungenhaft. Weil sie viel schwamm und surfte, war ihr Körper sonnengebräunt, fest und durchtrainiert. In den weiten Klamotten, die sie ihretwegen trug, um ihre weiblichen Formen zu verbergen, steckte eine wunderschöne junge Frau. Shainee hatte schon vor Monaten mit Mark darüber gesprochen, deshalb wusste sie, dass es Lexies Entscheidung war, ihr mit dieser liebenswerten Geste zu helfen. Sie war einfach fantastisch. Im letzten Jahr war sie mehr als ein Jahr älter geworden, reifer, taffer. Sie konnte gar nicht sagen, wie stolz sie auf ihre Tochter war.
Als sie den Laden verließ und auf die Straße hinaustrat, setzte Shainee ihre Sonnenbrille auf und blickte auf die Uhr. Kurz nach vier. Die Verkaufsstände des Marché waren jetzt, nach der schwülheißen Mittagspause, wieder besetzt. Mit der Tasche über der Schulter schlenderte sie weiter.
Papeete war alles andere als ein verträumtes Südseestädtchen. Boutiquen, Souvenirläden, Restaurants und Cafés verliehen dem Boulevard Pomare, der die Hafenbucht voller Kreuzfahrtschiffe und Yachten aus aller Welt säumte, ein quirliges, kosmopolitisches Flair. Den Himmel über Papeete teilten sich die Seevögel mit den Fliegern von Air France und Air New Zealand, die mit röhrenden Triebwerken über dem Hafen in Richtung Moorea abdrehten. Nur die engen Straßen der Altstadt mit ihren Holzhäusern im Kolonialstil und ihren Gärten voller Blumen erinnerten noch an den Südseecharme des alten Papeete.
Was sie nicht gewusst hatte: Nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer trugen hier ganz selbstverständlich Blütenketten und Blätterkränze als Ausdruck der Lebensfreude und Naturverbundenheit. Shainee musste lachen, als sie in den Gassen rund um den Marché sogar ein Motorrad entdeckte, dessen Lenker mit einer Blumengirlande geschmückt war – nicht etwa aus Papier oder Plastik, wie in Hawaii, sondern aus duftenden Tiare-Blüten. Alles echt! Überall Blütenduft und fröhliche Musik!
Die Markthalle lag nur ein paar Schritte vom Hafen entfernt. Le Marché war laut Reiseführer einer der schönsten Märkte der Südsee, wo Früchte, Gemüse und Fisch angeboten wurden. Die Stimmung voller Farben und Düfte sollte besonders quirlig sein, wenn nachmittags die fangfrischen Meeresfrüchte angeliefert wurden. Das wollte sie sich unbedingt ansehen! Und dann brauchte sie dringend eine Verschnaufpause, bevor sie mit einem der Trucks, den öffentlichen Minibussen, die sie an die Cable Cars in San Francisco erinnerten, zum Abendessen wieder ins Hotel zurückfuhr.
An dem Laden mit den Pareos konnte sie einfach nicht vorbeigehen. Diese Farben und Muster! Mit großen Augen streifte sie durch den kleinen Shop und duckte sich unter den großen Tüchern hindurch, die an gespannten Leinen unter der Decke hingen und im Luftzug des Ventilators hin und her schwangen: Überall leuchteten Blüten, Blätter, Früchte, Muscheln, Fische und Wellen in fröhlichen Farben. Unter einem Ladentisch stand ein großer Pappkarton. Darin lag zusammengerollt ein kleiner Junge und schlief. Wie süß!
Eine Verkäuferin mit einer weißen Tiare-Blüte im Haar wollte ihr zeigen, wie ein Pareo gebunden wird. Shainee zögerte, aber die Lebensfreude der Tahitianerin riss sie mit. Sie nahm ein schwarzgrundiges Tuch mit einem leuchtenden Fleurs-des-Iles-Aufdruck und legte es Shainee über ihrer weiten Seglerhose um die Hüften. Die beiden Enden verschlang sie zu einem Knoten und lachte dabei. »Voilà, c’est tellement facile.« Sie steckte eine Hibiskus-Blüte in den Knoten. »Très sexy.«
Shainee betrachtete sich im Spiegel.
Die Verkäuferin bemerkte ihr Zögern, ihre Anspannung, und ihr Gesicht wurde sanft und ernst. Sie löste den Knoten und schlang den Pareo mit wenigen Handgriffen zu einer kurzen, schwingenden Hose mit zwei Knoten links und rechts der Taille, die sie geschickt mit perlenbesetzten Ringen schmückte.
Reglos starrte sie in den Spiegel.
»Madame«, sagte die Verkäuferin behutsam und deutete nach oben auf die Leinen, »aus den Tüchern hier kann ich ganz schnell eine Umkleidekabine machen.«
Shainees Blick glitt über die herrlichen Stoffe. Das sehnsüchtige Gefühl in ihr wurde stärker, und sie gab nach. »Das ist sehr freundlich von Ihnen. Ich würde gern einen Pareo als Robe Classique anprobieren.«
Die Verkäuferin lächelte freundlich und wartete ab, für welchen sie sich entschied. Klassische Ornamente, die an die Tattoos erinnerten, Ranken in Blau auf Gelb, stilisierte Blätter
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