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Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)

Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)

Titel: Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Myles , Barbara Goldstein
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Beziehung drängt, der jetzt zwischen uns steht. Ich spüre das mit einer Gewissheit, die mir wehtut.
    Und da ist noch ein anderes Gefühl, das nicht weniger schmerzt: Ich fühle mich plötzlich unzulänglich. Und unattraktiv. Als Ehepartner wie als Mann.
    Was habe ich falsch gemacht? Habe ich denn kein Gespür für ihre Stimmungen und Wünsche? Wieso weiß ich immer noch nicht, was sie vermisst, was sie braucht und was sie will! Geborgenheit? Zärtlichkeit? Oder leidenschaftlichen Sex, der sie ihre Traurigkeit vergessen lässt? Die Nerven und Kräfte zehrende Situation lastete wohl einfach zu schwer auf uns – das zeigt unser gemeinsames Tagebuch. Ist dieses Buch, dieses stille und scheue Eingeständnis unserer Verunsicherung, unserer Hemmungen und Ängste, das Letzte, das wir gemeinsam vollbracht haben?
    Mark atmete tief durch. Dann nahm er das Tagebuch, das Lexie ihm vorhin zurückgegeben hatte, vom Nachttisch und schlug es auf.
     
    Es ist Krebs. Wie lebt man mit diesem Todesurteil weiter? Wie kann man dem geliebten Menschen beim langsamen Sterben zusehen? Was kann man tun, wenn man nichts tun kann, weil die Krankheit nicht heilbar ist? Woher nimmt man die Kraft, das alles auszuhalten?
    Diese Gedanken quälen mich, während ich neben Dir im Aufwachraum sitze, Deine Hand streichele und darauf warte, dass Du nach dieser dritten OP wieder aufwachst. Man darf hier nur ganz leise sprechen, um die Schlafenden nicht zu stören, aber mir ist nicht nach Reden zumute, wenn Du mir nicht zuhörst.
    Jetzt bist Du wach, dann döst Du wieder ein, betäubt von der stundenlangen Narkose. Wir reden. Du erzählst mir, was Du spürst, nachdem Dir die Brust amputiert wurde. Kein Schmerz, nur Trauer. Na klar, Du bist noch benommen von den Medikamenten, kannst noch nicht wieder klar denken – es war ja ein großer Eingriff. Wir halten Händchen, und Du schläfst wieder ein.
    Die Schwester winkt mir: Dr Ryan will mit mir sprechen. Sie trägt noch den grünen OP-Anzug samt verschnürtem Plastikmantel, Haube und Mundschutz. Den nimmt sie ab und versteckt sich nicht dahinter, als sie mir mitteilt, dass alles noch viel schlimmer ist. Ein Lymphknoten ist durchgebrochen, und der Krebs ist in Deinem Körper unterwegs – obwohl die Tumormarker im grünen Bereich sind. Bevor ich begreife, was das bedeutet, sagt sie leise: Es tut mir Leid. Ich bin ihr dankbar für diese Worte, denn ich glaube ihr: Es tut ihr wirklich Leid. Sie nimmt sich sogar die Zeit für ein Gespräch beim Kaffee, kaum mehr als ein paar kurze Textzeilen, aber sie sieht meine Fassungslosigkeit und beruhigt mich: ›Wir werden alles tun, um sie zu retten. Wir werden ihn besiegen.‹ Sie klingt entschlossen, kämpferisch. Dann wird sie wieder in den OP-Saal gerufen.
    Jetzt bin ich wieder bei Dir. Ich sitze an Deinem Bett im Krankenzimmer. Wie soll ich mit dieser Situation umgehen? Ich will es können, so wie Du es kannst. Ich will Dir beistehen, mein Liebling, und für Dich stark sein. Wir haben eine Chance, hat Dr Ryan gesagt. Daran will ich glauben. Du auch, sagst Du mit Tränen in den Augen. Ich setze mich zu Dir aufs Bett und nehme Dich in den Arm. Wir weinen beide, und es dauert lange, bis wir uns beruhigt haben.
    Du schläfst jetzt, mein Besuch hat Dich zu sehr angestrengt. Ich sollte gehen, aber ich will nicht. Ich möchte bei Dir bleiben. Den ganzen Tag hier sitzen. Und die ganze Nacht. Für immer.
     
    Und in ruhigerer Schrift, drei Tage später niedergeschrieben:
     
    Auch in mir wuchert etwas: kein Krebs, sondern Gedanken, die sich in der Zeit der Angst in mir festgesetzt haben und die ich nicht mehr loswerde. Ich stelle mir vor, wie es wäre, allein zu sein. Weißt Du, wie sehr ich mich geschämt habe, so etwas überhaupt zu denken? Wie ich mich fühlen würde, ohne Dich. Was ich tun würde, um irgendwie weiterzuleben ...
     
    Mark schloss das Buch und legte es weg. Mit beiden Händen fuhr er sich über das Gesicht.
    Soll ich noch mal versuchen, sie anzuskypen? Und wenn sie immer noch nicht zurück ist, weil sie mit Tim zu Abend isst? Oder das Gespräch nicht annimmt, weil sie mit ihm im Bett liegt? Weil er sie küsst? Weil er sie streichelt, wie ich es so gern getan hätte, wenn sie es nur ertragen hätte? Körperliche Berührungen wie Umarmungen hatten ihr manchmal Schmerzen zugefügt, die für sie schlimmer zu ertragen waren als die Schmerzen in ihren frisch operierten Brüsten, den Wunden und den Narben. Oft hatte sie keine Nähe zulassen können, keine

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