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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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zu Staub. Der Pfarrer ließ diese uralten Formeln erklingen, sprach noch ein Gebet, dann das Vaterunser, ... und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen…
    Alte, wirksame Magie, um zu trennen, was nicht mehr zusammenzuhalten ist: Lebendiges und Totes.
    Es schüttelte Friederike vor angestautem Ekel und neuer alter Angst. Sie wandte sich vom Grabe ab. Arno stützte sie, wie es sich gehört. Der Kiesweg führte sie knirschend an der Trauerhalle vorbei. Dahinter wartete das alte schmiedeeiserne Tor. Dahinter mochte vielleicht das Leben wieder beginnen.
    Im Vorübergehen hörten sie dumpfe Stimmen in der Trauerhalle murmeln. Offenbar sprach der Beerdigungsunternehmer mit den Trägern. Friederike hörte sie wie aus ganz großer Ferne sagen: "Sie werden ja leichter, wenn die Starre wieder nachlässt. Aber so leicht?“
    Eine Welle blanken Entsetzens stieg in ihr auf. Und eine Welle blanken Hasses.
    "Kommt!", sagte Friederike mit einer Stimme, die weder Arno noch Edith jemals von ihr gehört hatten. Fast laufend strebte sie vor ihren Kindern her zum Haus zurück. Dröhnend stieß sie die Türe auf. Erst auf der Treppe begann ihr Schritt schwankend zu werden. Arno und Edith folgten ihr atemlos.
    Friederike stand vor dem ehemaligen Krankenzimmer, die Klinke in der Hand. "Hubert?" flüsterte sie.

Lacrima Nigra
    Am dritten Tag der Fastenkur, die eigentlich sechs Wochen dauern sollte, begann sich Lauras gesamtes Körpergefühl zu verändern. Eine gewisse Leichtigkeit nahm von ihr Besitz und erfüllte sie bis in die kleinste Zelle. Streng nach der Vorschrift, die sie von ihrer besten Freundin bekommen hatte, trank sie, statt die üblichen Mahlzeiten einzunehmen, einen halben Liter Wasser. Aber sonst nahm sie nichts zu sich. Da war sie ganz streng mit sich.
    Heute fühlte sie keine rechte Lust zu zeichnen, obwohl das ja ihr Beruf war. Glücklicherweise hatten sich die Auftraggeber dieses großangelegten Werkes, das Laura gerade in Anspruch nahm, schon mehrmals als nette, umgängliche Menschen erwiesen, die einen Aufschub mit Rücksicht auf ihre kreative Unzuverlässigkeit ohne nennenswerte Einwände akzeptieren konnten. Laura kam auf die Idee, einen Spaziergang im Garten zu machen, eine kleine Pause, eine Ruhe, ein Verweilen an der frischen Luft.
    Sie öffnete die Haustüre und entdeckte sofort die schwarze Träne auf der Eingangsstufe. Vollkommen schwarz, etwa so groß wie Lauras Daumen, glänzte die Träne in ihrer wunderschön gewölbten Glätte. Laura ging in die Hocke und streckte ihre Hand nach der Träne aus. Einen Fingerbreit vor dem fremdartigem Gebilde stockte ihr Arm wie von selbst, als wenn er ihr sagen wollte: "Überleg es dir! Wenn du die Träne anfasst, gibt es kein Zurück mehr."
    Die Sonne näherte sich dem Zenit und erstrahlte an diesem Maitag mit ganzer Kraft, voller Wärme und sanftem Wind. Es war ein Tag, an dem man Familienausflüge machte, fröhlich sein sollte und sich womöglich singend betrank.
    Die Träne glänzte schwarz und still. Laura fasste zu und im Augenblick, als sie den kühlen Stein berührte(Saphir, Opal, Achat, Perle?), ergriff sie ein ganz leichter Schwindel(die Fastenkur?). Aber das ging vorüber, wie eine kleine Wolke an der Sonne vorüberzieht, lautlos, restlos. Laura richtete sich auf, die kalte Träne in der geöffneten Hand. Die einfache Form und die vollendete Schwärze zogen ihren Blick magnetisch an. Die Träne begann zu pulsieren, zu klopfen, wie ein schwarzes Herz. Laura Beine gaben nach, ihr schwanden die Sinne.
    Als Laura wieder zu sich kam, lag sie auf einem kühlen Boden, glatt und feucht. Der Garten war verschwunden, ebenso das Haus. Träumte sie vielleicht? Laura versuchte einen Trick, den sie noch aus ihrer Kindheit kannte, aus der Zeit, als sie mit Alpträumen kämpfte. Der Trick bestand darin, aus dem Traum heraus die Augen ganz fest zu schließen und mit einem Ruck wieder weit aufzureißen. Genau das versuchte Laura auch jetzt. Es schmerzte in ihren Augen, aber der kalte feuchte Boden blieb. Die Dunkelheit hielt sie weiter fest umfangen.
    Laura fühlte um sich. Sie lag offenbar auf einer in sich gewölbten Fläche, eingeschlossen von dunklen gallertartigen Wänden, die weit über ihr zu einer Spitze zusammenstießen. Laura fand sich in einer riesigen Träne eingeschlossen. Während sie benommen auf die Wände starrte, ging ihr auf, dass die Träne sich bewegte. Weiße,

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