Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
du weißt schon.«
»Auf ihn hast du Rücksicht genommen?«
»Aber nein, auf dich. Ich dachte, du willst ihn nicht – wie sagt man da – ihn nicht betrügen. Ich wollte mich nicht zwischen euch drängen.«
Jaryn stieß ein knurrendes Lachen aus. »Reden wir von etwas anderem.«
9
Zwei Tage nach dem Prozess lud Rastafan einige Leute zu sich ein: die beiden Priester, Anamarna, den sein Schüler Aven begleitete, außerdem Saric, Orchan und seinen Freund Tasman.
Rastafan wirkte entspannt und doch ernst. Er wies auf den gedeckten Tisch. »Glaubt nicht, ich wolle euch bestechen und mich auf diese Weise für meinen Freispruch bedanken. Danken möchte ich euch allen für euren Sinn für Gerechtigkeit, eure Großherzigkeit und euren Mut. Als ich noch in den Rabenhügeln wohnte, hätte ich nicht für möglich gehalten, dass es in Margan solche Menschen gibt. Auch jetzt findet man sie nur selten, und ich habe das Glück, ihnen begegnet zu sein. Ich beginne langsam zu begreifen, dass das Amt des Königs schwer sein wird. Es wartet viel Arbeit auf mich, und meine Gegner sind zahlreich. Umso mehr brauche ich Freunde wie euch. Das ist es, was ich euch sagen wollte.«
Die Priester nickten schweigend, Orchan wurde rot, Aven lächelte über etwas, das nur ihm bekannt war, und Tasman fühlte sich in der Gegenwart so bedeutender Männer wie den Priestern und Anamarna unwohl. Er wusste, was er an Rastafan hatte, und war heilfroh, dass man seinen Freund nicht verurteilt hatte. Offensichtlich war dieser jetzt vernünftig geworden und würde den Marfander zukünftig meiden.
Anamarna ergriff das Wort: »Vieles ist geschehen, und wir fühlten uns wie welke Blätter, die der Wind vor sich hertreibt. Doch unsere Weisheit ist Stückwerk, und nun müssen wir erkennen, dass alles geschehen musste, um zu reifen. Alle Hoffnung, die wir in Jaryn gesetzt haben, um Razoreth zu besiegen, scheint sich jetzt in dir zu erfüllen, König Rastafan. Unsere Bemühungen waren nicht vergeblich.«
Dieser nickte. »Ein guter König werde ich hoffentlich sein, aber ein schwacher niemals.«
Suthranna stimmte ihm zu. »Schwäche ist der Nährboden für viele Übel. Das war Jawendors Verhängnis: Alle unsere Könige waren im Grunde schwach, und deshalb regierten sie das Land schlecht.« Er wandte sich an Sagischvar. »Manchmal habe ich mich an unsere alte, vergessene Erdmutter Alathaia erinnert und heimlich zu ihr gebetet. Da habe ich ihr verborgenes Wirken verspürt. Ich wusste, es wird sich etwas ändern.«
»Ich muss gestehen«, sagte Rastafan, »ich kümmere mich nicht viel um die Götter. Es mag sein, dass sie im Hintergrund an unseren Geschicken weben, aber wenn das stimmt, sind sie grausam, denn ich wünschte, ich wäre kein König und Jaryn noch am Leben.«
Saric schoss das Blut ins Gesicht. Er schluckte, räusperte sich und wollte schon den Mund öffnen, als Sagischvar unmerklich den Kopf schüttelte.
Er warf ihm einen strengen Blick zu. Und Saric schwieg.
10
Kurz vor dem Dunkelwerden erreichten sie Phedras. Die Oase lag in einer Ebene und besaß ungefähr die Größe Margans. Sie war sehr grün, denn sie wurde in ihrer gesamten Fläche landwirtschaftlich genutzt. Nach dem stundenlangen Ritt durch ödes Land tat die Farbe den Augen wohl. Doch Tamokar durchquerte die Oase nicht, sondern hielt auf eine Staubwolke an ihrem östlichen Rand zu. Als sie näherkamen, erkannten Jaryn und Caelian, dass diese von Menschen und Tieren aufgewirbelt wurde. Phedras war der Treffpunkt vieler Karawanen, die dort ihr Lager aufschlugen.
Auf dem großen Platz war ein ständiges Kommen und Gehen, und es herrschte ein ohrenbetäubender Lärm. Zelte wurden errichtet, Bekannte lautstark begrüßt, Tiere abgeladen und zur Tränke geführt, wo sie dicht an dicht an langen, flachen Rinnen standen. Auch die Menschen füllten ihre Wasserschläuche auf. Wasser gab es in Phedras genug, denn es wurde aus einem unterirdisch gelegenen See gespeist. Dennoch war das Gedränge groß, und es kam immer wieder zu kleinen Rangeleien.
Ohne Tamokar wären sich Jaryn und Caelian in dem Gewimmel ziemlich verloren vorgekommen. Sie hielten sich dicht in seiner Nähe, um überhaupt einen Platz für ihr kleines Zelt zu erwischen. Jaryn zog mit Laila zur Tränke, während ihre Reittiere von allein zum Wasser strebten. Caelian hoffte, Tamokar würde sie zwischen den anderen wieder herausfinden. Er setzte sich unter das Zelt und kramte im Proviantsack herum. Als Jaryn mit Laila zurückkam,
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