Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
in Narmora niemand den Weg sagen. Denn wer ihn kennt, der war bereits dort. Und dann wäre die Stadt kein Geheimnis mehr.«
»Wenn sie nicht ohnehin nur eine Legende ist.«
»Aber wir geben doch nicht auf, oder?«
»Wo denkst du hin? Wir haben ja noch gar nicht richtig angefangen mit unserer Suche.«
Da näherte sich ihnen ein kleiner, braun gebrannter Mann mit grauem Haupthaar und eingefallenen Wangen. Hager und zäh sah er aus, und seine schwarzen, tief liegenden Augen funkelten lebhaft und schienen keine Furcht zu kennen. Bekleidet war er mit einem knöchellangen, grauen Kaftan.
»Darf man sich dazusetzen?«, fragte er.
Jaryn maß ihn mit einem abweisenden Blick. »Kennen wir uns?«
»Noch nicht, ihr edlen Herren. Aber vielleicht können wir das nachholen. Ich bin Tamokar, Kaufmann aus Drienmor, und breche morgen mit meiner Karawane auf nach Faemaran. Ich hörte, ihr sucht eine Mitreisegelegenheit?«
Jaryn musterte den Mann ungehalten. »Es gibt etliche von deiner Sorte in Narmora. Wir haben uns noch nicht entschieden.«
»Natürlich nicht, so etwas will wohl erwogen sein. Mit mir geht ihr kein Risiko ein. Über zwanzig Jahre beliefere ich Faemaran und kenne die Strecke so gut wie mein Wohnzelt. Ihr werdet in Narmora keinen Besseren finden, hört euch nur um. Der Name Tamokar hat einen guten Ruf.«
»Warum willst du uns mitnehmen?«, fragte Jaryn misstrauisch und wenig überzeugt. »Ist es üblich, dass die Karawanenführer um Kunden betteln?«
Der kleine Kaufmann wurde dunkelrot und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Doch dann entspannte sich seine Miene wieder, und er klopfte sich an die Brust. »Tamokar bettelt nicht, das hat er nicht nötig. Ich hörte, Ihr zahlt gut und prompt. Solche Leute hat man gern dabei. Im Windschatten von Karawanen reist oft viel Gesindel mit.«
Jaryn warf Caelian einen fragenden Blick zu, der zuckte die Achseln. »Also gut, Tamokar«, sagte Jaryn. »Wir werden uns über dich erkundigen. Vielleicht kommen wir dann auf dein Angebot zurück.«
Tamokar trat von einem Bein auf das andere. »Ich habe euch noch etwas zu bieten. Aber das möchte ich nicht im Stehen mit euch erörtern.«
»Was denn?«, fragte Caelian.
»Ich hörte, Ihr sucht nach der versunkenen Stadt Zarador?«
Jetzt hatte er ihre Aufmerksamkeit. Caelian rückte ein Stück zur Seite. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
»Das Beste muss man sich immer bis zum Schluss aufheben«, grinste Tamokar und nahm Platz. Sofort bestellte er ein Bier. Bevor es kam, fragte Caelian: »Und wo versank sie?«
»Die weiße Wüste hat sie verschluckt.«
»Dann müssen ihre Ruinen noch erhalten sein. Was die Wüste verschlingt, das bewahrt sie. Wo befindet sich dieser Ort?«
Das Bier kam, und Tamokar nahm erst einmal einen gewaltigen Schluck. Er wischte sich den Schaum von den Lippen und starrte düster ins Leere. »Das weiß niemand«, orakelte er.
»Wenn du es auch nicht weißt, wozu brauchen wir dich dann?«, knurrte Jaryn.
Tamokar grinste. »Ich sagte niemand – außer mir vielleicht.«
»Vielleicht?«, höhnte Jaryn. »Mit Vielleicht-Auskünften hat man uns bereits reichlich versorgt.«
»Und auch mit Ganz-gewiss-Auskünften«, fügte Caelian murrend hinzu.
Tamokar nickte. »Das kann ich mir denken. Ich sage auch nicht, dass ich euch hinführen kann. Aber mir ist einiges zu Ohren gekommen, das euch behilflich sein könnte.«
»Warum solltest du etwas wissen, was sonst niemand in Narmora wusste?«
»Weil ich mehr herumgekommen bin als andere. Ich habe schon mit Achladiern gehandelt, als es noch verboten war. Das ist unter Dorons Vater gewesen. Damals waren die Schwarzen Reiter viel gefährlicher als heute, die reine Pest. Aber ich habe mich trotzdem gut mit ihnen verstanden.« Er zwinkerte und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, eine Geste, die überall verstanden wurde.
»Dann erzähle mal, was du weißt«, sagte Jaryn, dem die enge Beziehung des Kaufmanns zu den Schwarzen Reitern nicht gefiel.
»Hm. Vorher hätte ich gern gewusst, aus welchem Grund ihr nach Zarador wollt.«
»Das geht dich nichts an, oder?«
»Da habt ihr recht. Aber ich möchte euch warnen. Schon viele haben sich nach Zarador aufgemacht, doch keiner ist jemals zurückgekehrt.«
»›Geh nicht fischen, der See ist zu tief‹, sagte der Kranich zum Wolf und holte sich selbst die besten Stücke heraus.«
Tamokar lachte. »Wenn es dort etwas zu holen gäbe, wäre ich dann nicht schon vor euch da gewesen?«
»Woher willst du
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