Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
er es als ein Wunder, dass Jaryn lebte, und er war jeden Tag aufs Neue dankbar dafür.
Er legte sich nieder und lauschte den Stimmen und Geräuschen. Tiere scharrten und schnaubten, Männer husteten oder röchelten im Schlaf. Neuankömmlinge suchten im Dunkeln ihre Schlafplätze, führten ihre Tiere zur Tränke und füllten ihre Wasserschläuche. Befehle wurden gebrüllt, störrische Esel verflucht, über Scherze gelacht. Noch vor Sonnenaufgang brachen die Ersten schon auf. Alles begann von Neuem. Darüber war Caelian endlich eingeschlummert. Nicht lange darauf erschien Tamokar. Er rüttelte die Schläfer an den Schultern. »Wir brechen auf. Wie ist es? Habt ihr euch überlegt, wohin ihr wollt?«
Caelian brummte unwillig und drehte sich auf die andere Seite. Jaryn hob den Kopf und blinzelte. »Es ist ja noch dunkel.«
»Wir nutzen die kühlen Morgenstunden. Am Abend wollen wir in Faemaran sein.«
»Dann wünsche ich gute Reise«, murmelte Jaryn. »Wir bleiben noch in Phedras.«
»Ihr wollt immer noch Zarador suchen?«
»Ich wüsste nicht, weshalb wir unsere Meinung hätten ändern sollen. Kann uns jemand den Weg ins Dorf zeigen?«
Tamokar zögerte mit der Antwort.
»Was ist?«, fragte Jaryn ungeduldig. »Ist das so schwierig?«
»Aber nein, ich – überlege nur, wen ich euch am besten … Ja, ich kenne da jemanden, der ist von hier, kennt sich gut aus. Kann euch alle eure Fragen beantworten.« Tamokar lächelte gezwungen. »Natürlich nicht die nach Zarador.«
»Gut. Schicke den Mann vorbei.«
Tamokar wünschte ihnen noch viel Erfolg bei ihrer Suche und ging hinüber zu seinen Männern, die bereits dabei waren, die Esel zu beladen und die Dromedare zu satteln. Jaryn warf einen Blick auf seinen schlafenden Freund, dann erhob er sich, streckte die Glieder und trat vor das Zelt. Laila hatte auch noch geschlafen, jedenfalls hielt sie ihren Kopf gesenkt. Bei Jaryns Anblick spitzte sie die Ohren und stieß einen schrillen Ruf aus.
Das sollte wohl ein freundlicher Morgengruß sein
, dachte Jaryn erheitert und tätschelte ihren Hals. »Ja, ja, du bekommst gleich dein Heu und dein Wasser.«
Laila stupste zärtlich ihre Nase gegen seine Schulter, er kraulte sie hinter den Ohren. Ein Junge kam vorbei und bot frische Feigen und Trauben an. Jaryn erstand zwei Beutel voll. Als er sie ins Zelt tragen wollte, schob sich der struppige Eselskopf schnuppernd nach vorn. »Was? Feigen und Trauben willst du essen wie ein Fürst?«, lachte Jaryn, und Laila schien zu nicken. Jedenfalls bewegte sie ihren Kopf auf und nieder und ließ die Beutel nicht aus den Augen.
Bei uns waren die Fürsten Esel, weshalb soll hier ein Esel nicht einmal ein Fürst sein?
, dachte Jaryn, holte eine Handvoll Feigen heraus und warf sie ihr hin. Begierig stürzte sich Laila auf diese Leckerei.
»Gib ihr aber nicht zu viel davon«, lachte der Junge, »sonst erlebst du einen Goldregen.«
Jaryn wusste nicht, was der Junge meinte. Er wandte sich ab und ging ins Zelt. Caelian schlief immer noch. Jaryn legte Brot, Käse, harte Eier und Obst in eine Schüssel. Wenn Caelian erwachte, würde er sich freuen. Dann versorgte er Laila. Dabei beobachtete er Tamokars Aufbruch. Von irgendwelchen fremden Männern war nichts zu sehen. Er schlüpfte in seine sauberen Stiefel, hockte sich neben Caelian und begann zu essen. Bald würden sie diesen unsauberen, lauten Platz verlassen.
Ein Schatten fiel auf sie. Vor dem Zelt stand ein hagerer, schwarzbärtiger Mann in einem speckigen ledernen Wams und ebensolchen Hosen. Unter seinem braun gestreiften Kopftuch lugte struppiges schwarzes Haar hervor. Seine muskulösen Arme waren unbedeckt. Auf dem rechten Unterarm erstreckte sich vom Ellenbogen bis zum Gelenk eine verblasste Narbe. »Seid ihr die Leute aus Narmora?«
»Sind wir. Und wer bist du?«, fragte Jaryn.
»Ich bin Thorgan. Ihr wollt ins Dorf?«
»Ja. Warte, bis wir gegessen haben.«
Thorgan verschränkte die Arme vor der Brust. Dieser Ton schien ihm nicht zu gefallen. »Ich habe wenig Zeit«, knurrte er.
»Und wir kaufen sie«, gab Jaryn verächtlich zur Antwort und warf ihm einen silbernen Ring zu. Thorgan war darauf nicht gefasst, seine Hand kam zu spät, und er musste ihn aus dem Schmutz aufklauben. Als er sich erhob, war sein Gesicht dunkelrot vor beherrschtem Zorn. Aber nur ein Narr wagte Widerworte gegen Männer, die mit silbernen Ringen um sich warfen. Er trat in den Schatten des Nachbarzeltes.
»Das ist ein Krieger«, flüsterte Caelian, den die
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