Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
Wohnhäuser, die wohl am Stadtrand gelegen hatten. Und die meisten Männer trugen Fußfesseln bei der Arbeit, mithin waren es Gefangene oder Sklaven. An der Kleidung erkannten sie Thorgans Männer, die mit Peitschen bewaffnet umherschlenderten und auf die Arbeiter achtgaben.
»Bei Achay!«, stöhnte Jaryn. »Das Rätsel, was Thorgan hier suchte, ist gelöst. Er hat die Stadt längst gefunden.« Unwillkürlich sah er sich um, aber die Pyramidenspitze war von hier aus nicht zu sehen.
»Sie haben keine Ahnung von dem, was wir entdeckt haben«, sagte Caelian. »Aber mit der Zeit könnten sie es finden.«
»Sie müssten den Weg nehmen, den uns Kalisha gezeigt hat. Ganz offensichtlich kennen sie ihn nicht, sonst würden sie nicht hier graben. Das Lager dort unten scheint schon seit Monaten zu existieren, wenn man bedenkt, wie viele Ruinen sie schon vom Sand befreit haben.«
»Jetzt wissen wir auch, wo die Bewohner aus den Dörfern geblieben sind«, bemerkte Caelian bitter.
»Ja, und uns wäre das gleiche Schicksal zuteilgeworden. Wir sollten für Thorgan als Sklaven schuften. Diese Gestalten sehen mir nicht mehr sehr kräftig aus. Wahrscheinlich sterben sie hier wie die Fliegen, und Thorgan hat ständig Bedarf an neuen Arbeitern.«
»Ja. Erinnere dich an die beiden Burschen, die bei der Gruppe waren. Sie ahnten sicher nichts von ihrem Bestimmungsort.«
Jaryn rutschte vorsichtig von der Kante zurück. »Ich habe genug gesehen. Was können wir tun?«
»Ich fürchte nichts. Nur unsere eigene Haut retten.«
»Und dein Vater? Er müsste doch von Thorgans Umtrieben unterrichtet werden und dagegen vorgehen.«
Caelian lachte trocken. »Da machst du den Fuchs zum Gänsehirten. Es würde ja nicht ausbleiben, dass er bei einer Strafaktion von der Pyramide erführe. Hinzu kommt, dass er sich nicht mit Thorgan, sondern mit Radomas anlegen müsste, dem Oberhaupt der Mabraonts. Das Gold in den fünf Krügen würde mehr als genügen, um Achlad in einen grausamen Bürgerkrieg zu stürzen.«
»Also sind wir machtlos?«
»Fürs Erste ja. Ich bin dafür, so schnell wie möglich den Heimweg anzutreten. Ich fürchte um unsere Schriften, die bedeuten mir mehr als das Gold.«
Für einen flüchtigen Moment dachte Jaryn daran, dass er vor nicht allzu langer Zeit dazu bestimmt gewesen war, König von Jawendor zu werden. Gleichzeitig fiel ihm sein Gesetzeswerk ein, das er Suthranna kurz vor dem Zweikampf übergeben hatte. Wie viel davon hätte er mit dem Pyramidenschatz umsetzen können! Aber solche Gedanken waren natürlich müßig. Als Prinz hätte er nie davon erfahren und selbst wenn: Solange Doron an der Macht war, hätte er es ohnehin nicht antasten können.
Aber jetzt war der Schatz von Schurken bedroht. Jederzeit konnte die Pyramidenspitze entdeckt werden; freilich nicht von dem Ausgrabungsort aus, das beruhigte ihn. Andererseits wusste er nicht, wie lange die Spitze schon freilag. Er seufzte. Mit diesen Unwägbarkeiten mussten sie leben. Er gab Caelian recht. Sie konnten nichts tun und mussten hier weg.
Sie kehrten zu der Pyramidenspitze zurück, schlossen sorgfältig die Tür, die als Tafel getarnt war, schulterten die kostbaren Pergamente und rutschten den Dünenabhang hinab. Als sie die Talsohle erreichten, kam ihnen Laila tatsächlich entgegengetrottet. Sie wurde freudig begrüßt, denn nun mussten sie ihre Sachen nicht selbst tragen. Sie buddelten ihre Satteltaschen aus und labten sich erst einmal an dem Wasser. Laila bezeugte kein Interesse, sie war wahrscheinlich schon am Teich gewesen.
Der Rückweg war leicht, weil sie den Weg kannten. Im Teich füllten sie ihre Wasserschläuche auf. Dann machten sie sich auf den Weg ins Gebirge. Dort übernachteten sie auch.
Jaryn war davon ausgegangen, sie würden auf dem schnellsten Wege zu Anamarna zurückgehen, doch Caelian hielt das für zu gefährlich. Er meinte, sie sollten sich eine Zeit lang nicht in Jawendor blicken lassen.
»Ich dachte, wir wollten die Schriften so schnell wie möglich in Sicherheit bringen und erfahren, was in ihnen steht?«
»Ja, aber zuvor sollten wir uns umhören, wie die Verhältnisse sich in Margan inzwischen entwickelt haben. Wir könnten Händler fragen, die wissen immer etwas.«
»Solche wie Tamokar?«, spottete Jaryn. »Der hat uns doch diesen Thorgan empfohlen.«
»Jetzt sind wir schlauer. Ich weiß auch schon einen Ort, wo wir und die Pergamente sicher sind: bei meiner Schwester Maeva.«
»Ach! Du hast eine Schwester? Davon hast du nie
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