Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
denke, wir sollten uns nicht zanken, sondern das Wiedersehen feiern.«
Maeva nickte ihm dankbar zu. »Dein Freund hat vollkommen recht. Schade, so ein hübscher Kerl. – Bist du wirklich schon an meinen Bruder vergeben, oder habe ich noch Aussichten bei dir?«
»Maeva!«, fauchte Caelian. »Du bist verheiratet!«
Sie nahm seinen Kopf zwischen die Hände und küsste ihn flüchtig auf die Stirn. »Du wirst doch nicht ausgerechnet in Margan ein verklemmter Achladier geworden sein? Was Männer sich herausnehmen, das dürfen wir Frauen schon lange. Das sagt Usa auch.«
Caelian blieb mürrisch. »Usa? Wer ist Usa?«
»Usa ist eine wunderbare Frau, klug und gütig. Sie ist meine Mentorin und sozusagen meine zweite Mutter. Außerdem ist sie die Oberpriesterin der Alathaia.«
Jaryn und Caelian wechselten einen schnellen Blick. »Und du?«, stieß Caelian hervor.
»Ich bin Priesteranwärterin. In einem Jahr werde ich die Weihen erhalten.«
Diese Antwort glättete Caelians Züge. »Das ist eine sehr gute Nachricht.«
»Und ein weiteres göttliches Zeichen«, murmelte Jaryn. Doch Maeva hatte ihm nicht zugehört.
»Genießt denn die Göttin hierzulande noch einen bedeutenden Ruf?«, fragte Caelian.
»Nicht den gleichen wie früher. Aber sie ist nicht geächtet wie in Jawendor. Allerdings wird sie auch nicht sonderlich respektiert. Radomas hält mein Tun für eine milde Überspanntheit, die er mir gnädig erlaubt. In Wahrheit ist er froh, dass ich mich so oft im Tempel aufhalte und ihn somit nicht mit seinen Huren in unserem Ehebett erwische.«
»Ich bringe ihn um!«, zischte Caelian.
»Aber nein.« Maeva legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. »Es macht mir nichts aus. Ich lebe auch meine Freiheit. Hm, ich kann es dir ja sagen: Radomas hat mich aus den gleichen Gründen geheiratet wie ich ihn: Er wollte unseren Vater ärgern. Mehr als das, er wollte ihn demütigen, ihn übertrumpfen. Im Grunde sind sie beide große Kinder, deren Unarten mich schon lange nicht mehr aus der Ruhe bringen.«
»Aber was ist das für eine Ehe!«, stöhnte Caelian.
»Du wirst dich wundern, wir leben sehr gut zusammen, weil jeder dem anderen seine Freiheit lässt. Durch seinen hohen Rang bin ich weiterhin eine geachtete und wohlhabende Frau, und er ist der Ehemann einer Fürstentochter. Wir haben beide gewonnen, glaube es mir.«
Es entstand eine kleine Pause, denn das Essen wurde aufgetragen. Jaryn und Caelian machten große Augen, denn so auserlesene Speisen hatten sie schon lange nicht mehr gekostet.
»Nun müsst ihr aber auch von euch erzählen«, fuhr Maeva fort. »Was hat euch hergeführt? Und wie geht es dir im Mondtempel zu Margan?«
Caelian erzählte das, was sie vorher abgesprochen hatten. »Jaryn ist Mondpriester wie ich. Wir sind schon lange befreundet und – äh – ja, auch ein bisschen mehr. In Margan gab es einige Unruhen, und die nahmen wir zum Anlass, uns für einige Zeit zu entfernen. Was lag da näher, als mein geliebtes Schwesterlein aufzusuchen?«
»Also ist das wirklich nur ein Besuch unter Geschwistern? Nicht mehr?«
Caelian merkte, dass Maeva ihm nicht ganz glaubte. Er hätte ihr gern die Wahrheit gesagt, aber jetzt war sie die Frau eines Mabraont – des Oberhauptes der ganzen Sippe. Da war Vorsicht geboten.
»Die weite Welt anschauen wollten wir natürlich auch. Ein bisschen haben wir uns in Narmora herumgetrieben, wenn dir das ein Begriff ist?«
»Diese Lasterhöhlen? Ich habe davon gehört.« Sie drohte scherzhaft mit dem Finger. »Ich hoffe, ihr habt es nicht allzu schlimm getrieben. – Was sind denn das für Unruhen in Margan gewesen?«
»Ach, die betrafen nur den Palast. König Doron ist gestorben und ein neuer König führt nun das Regiment. Das ist immer von Verwicklungen begleitet.«
Maeva spießte nachdenklich ein Stück Wild in Weinsoße auf die Gabel. »Weißt du Caelian«, sagte sie gedehnt, »damals, als du nach Margan gegangen bist, war ich ein kleines Kind. Aber heute bin ich erwachsen. Also behandele mich nicht mehr wie eine Dreijährige.«
»Was fragst du denn, wenn du schon alles weißt«, knurrte er.
»Ich weiß nicht alles, natürlich nicht. Nur das, was mir Usa gesagt hat. Radomas weiß bestimmt auch manches, aber über solche Dinge spricht er nicht mit Frauen.«
»Und was hat Usa gesagt?«
»Doron soll ermordet worden sein. Von unserer Tante Zahira!«
Caelian schwieg.
»Stimmt das?«, fragte Maeva scharf.
»Ja, es stimmt«, gab Caelian widerwillig zu.
»Bei den
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