Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
Jaryn.
Maeva seufzte. »Das ist nur ein Traum. Dieser Mann wurde sicher noch nicht geboren.«
29
Achhardin verstand die Welt nicht mehr. Wie konnte König Rastafan den schwachsinnigen Fall seines Bruders wieder aufgreifen, den er doch kaltblütig umgebracht hatte? Verärgert wollte er Gaidaron aufsuchen, doch der empfing niemanden. Er hatte sich zurückgezogen. Mit einer dicken Lippe und einem blauen Auge wollte er sich nirgendwo sehen lassen. Also blieb Achhardin nichts anderes übrig, als seine Leute zusammenzurufen und sie über den himmelschreienden Vorfall zu unterrichten. Ein Statthalter sollte angeklagt werden! Zeugen sollten beigebracht werden, die in Achhardins Augen keinerlei Aussagerecht gegen einen adeligen Herrn besaßen.
»Diese Sache bedroht nicht nur Taymar«, sagte er. »Sie bedroht uns alle. Nach Caschu werden andere Provinzen folgen. Er wird seine Berglöwen überall herumschnüffeln lassen und Dinge zutage fördern, die bisher keinen interessiert haben, jedenfalls niemanden, auf den es in unserem Land ankommt. Was also unternehmen wir dagegen?«
»Du willst ohne Gaidarons Unterstützung tätig werden?«, fragte Angharn, der die Oberaufsicht über alle Palastbediensteten hatte.
»Ich weiß nicht, warum er mich nicht empfangen hat. Möglich, dass er sich vor Rastafan fürchtet.«
»Aber ohne ihn haben wir keine Rückendeckung.«
»Wir müssen beweisen, dass wir selbstständig handeln können. Wenn wir den Dingen tatenlos zusehen, geht es uns ans Leder, nicht ihm.«
»Taymar muss benachrichtigt und gewarnt werden«, meinte Sariera, der Schatzmeister. »Aber er muss nach Margan kommen, sonst lässt der König ihn vorführen, und das wäre bedeutend ärgerlicher für ihn.«
»Und die Zeugen?«, fragte Kraphor, der Hofarchitekt. Ihm war der Umbau des langen Ganges übertragen worden, aber er hatte dafür noch keinen Finger gerührt.
»Wir können unmöglich Handwerker und Bauern als Zeugen aufbieten«, sagte Angharn.
»Aber Zeugen müssen her«, sagte Nazumma, der Verwalter der königlichen Gärten.
»Zeugen kann man beschaffen.« Sariera rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Für Geld ist alles zu haben.«
»Und wenn Taymar trotzdem abgesetzt wird? Dann wählt die Bevölkerung Caschus aus ihren eigenen Reihen einen neuen Statthalter, der womöglich irgendein Krämer ist«, sagte Kraphor.
»Ein gewöhnlicher Mann sollte über eine Provinz herrschen? Das wäre das Ende!«, stöhnte Angharn.
»Man müsste die Wahlen verhindern oder mindestens beeinflussen«, sagte Achhardin.
Sariera zuckte die Achseln. »Auch das Problem ist mit Geld lösbar. Taymar hat einen Halbbruder, Jagorn heißt er. Wir geben ihn als Bauern oder Schankwirt aus und überzeugen Caschus Bevölkerung davon, dass sie ihn wählen müssen. Mit Geld oder mit Drohungen, je nachdem, was nötig sein wird.«
»Der König wird die Wahlen überwachen lassen. Aufrichtig, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie so eine Wahl vor sich gehen soll. So etwas hat es schließlich in Jawendor noch nie gegeben«, meinte Nazumma.
»Wir müssen klug vorgehen«, sagte Achhardin. »Es genügt nicht, dass Jagorn gewählt wird. Der König muss auch einen Denkzettel erhalten, damit er diese unvernünftigen Projekte ein für alle Mal aufgibt. Deshalb ist Jagorn kein guter Vorschlag. Nehmen wir ruhig einen Schankwirt und machen ihn zum Statthalter. Er wird schlimmer hausen als Taymar. Er wird sich als völlig unfähig herausstellen, Taymar wird wieder eingesetzt, und der König wird einsehen, dass gewöhnliche Leute nicht zum Herrschen geboren sind.«
»Und wenn dieser Schankwirt doch besser regiert als wir denken?«, wagte Kraphor zu fragen.
»Dummkopf! Wir suchen uns natürlich einen halb blöden Saufbold aus, der sich für den Größten hält und seine Wahl zum Statthalter dazu nutzen wird, sich zu bereichern und mit seiner Leibwache, die ihm dann zusteht, die Leute bis aufs Blut drangsalieren wird. So wie es Menschen eben tun, die aus der Gosse nach oben kommen. Dem König wird es noch leidtun, dass er auf so unsinnige Gedanken gekommen ist.«
Jarmal, ein älterer Mann, der im Hintergrund gesessen und geschwiegen hatte, verzog die schmalen Lippen zu einem schmutzigen Grinsen und rechnete irgendetwas an seinen Fingern aus. Er war der Richter, der die Verhandlung führen würde.
30
In Margan machten neue Gerüchte die Runde. Diesmal über den König selbst, was unter Doron unvorstellbar gewesen wäre. Ganz offen wurde auf den
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