Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
es nicht für klug, blindlings loszuschlagen, denn Radomas ist ja ebenfalls verschwunden.«
»Ich traue Radomas nicht«, sagte Lingjor, ein grau gewordener Kämpe. »Ich sage euch, der sitzt längst wieder in seinem Fuchsbau und zählt das Gold, das er unserem Fürsten geraubt hat.«
»Möglich, aber bevor wir nichts Genaues wissen, sollten wir abwarten und Boten nach Faemaran schicken.«
Sie palaverten die ganze Nacht hindurch, während Jaryn und Caelian sich unbehelligt von etwaiger Neugier erst einmal in Lacunars Wohnhöhle zurückziehen konnten, was sie nach ihrem Abenteuer sehr begrüßten. Nur am Tor war Caelian auf seinen Vater angesprochen worden, worauf er ablenkend erwidert hatte, es werde sich bestimmt alles aufklären.
Jaryn warf sich gleich rücklings auf das breite Lager, über das kostbare Felle gebreitet lagen. »Hier bleibe ich und rühre mich nicht einen Fingerbreit vom Fleck.«
Schon war Caelian an seiner Seite, aber Jaryn wehrte lachend ab. »Nein, nein, lass mir etwas Zeit. Wir sind verschwitzt und schmutzig vom Ritt.«
»Wir sind doch keine Mädchen.«
»Ich nicht, du schon.«
Sofort stürzte sich Caelian auf Jaryn. Eine heftige Rauferei war die Folge und ein Kichern und Quieken, das sich auch bei wohlwollender Betrachtungsweise wenig männlich anhörte. Aus diesem Durcheinander von fuchtelnden Armen und strampelnden Beinen löste sich mit wirrem Haar Jaryn und keuchte: »Hilfe! Ich muss jetzt etwas essen.«
Dafür war auch Caelian zu haben. Er durchsuchte die Höhle und stieß im hinteren Bereich auf die Vorratsräume. »Hier können wir es uns gut gehen lassen«, verkündete er vergnügt, während er geräucherte Schinken, eingelegtes Gemüse und Obst mitbrachte, und der Weinvorrat war ebenfalls ansehnlich.
»Ein bisschen Ruhe haben wir verdient«, erwiderte Jaryn, während er große Scheiben von dem Schinken abschnitt.
»Ja, denn morgen wird ein schwieriger Tag.«
»Weshalb?«
»Es muss ja weitergehen. Und in die Entscheidungen werden wir beide mit einbezogen. Dann müssen wir Stellung beziehen.«
»Stellung? Ich verstehe dich nicht. Was haben wir damit zu tun? Du lehnst es ab, Lacunar zu werden. Alles Weitere geht uns nichts an.«
»Und was glaubst du, wie es mit uns weitergehen wird?«, fragte Caelian, der längst weitergedacht hatte.
»Mit uns? – Nun …« Jaryn fühlte sich stets unwohl, wenn er genötigt wurde, über die Zukunft nachzudenken. Wohin ihr Weg sie auch geführt hatte, überall sah er sich in die Pflicht genommen, irgendeine strahlende Zukunft herbeizuführen, doch er fühlte sich als heimatloser Niemand, der sich treiben ließ wie ein Blatt im Wind. Die Erwartungen, die Usa und Kalisha in ihn gesetzt hatten, belasteten ihn, denn er konnte sie nicht erfüllen.
»Das können wir uns in Ruhe überlegen«, fuhr Jaryn fort. »Sicher wird man uns hier eine Weile wohnen lassen, es ist schließlich dein Zuhause.«
»Natürlich.« Caelian probierte ein Stück Ziegenkäse. »Wir können bleiben, solange du willst. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du wie ein alter Mann vor der Höhle sitzen und fett werden willst. Araboor ist keine Stadt, nicht einmal ein Dorf. Gewissermaßen ist es ein Kriegslager. Männer wie wir wären zwar geduldet, aber auf die Dauer nicht gern gesehen.«
»Was schlägst du vor? Wir sind keine Krieger.«
Caelian musterte Jaryn mit einem merkwürdigen Blick. Nach einer Weile sagte er: »Ich sehe einen Krieger vor mir.«
»Du scherzt. Ich bin ein verwöhnter, schwächlicher Sonnenpriester, der nicht einmal ein Schwert heben kann.«
»Hm, wie man sich täuschen kann. Ich sehe einen kräftigen, braun gebrannten Burschen vor mir, aus seinen Augen blitzen Kühnheit und Entschlossenheit. Diesen Mann hat die Wüste hart gemacht, und zum Krieger fehlen ihm nur noch ein paar Waffenübungen. Dieser Mann würde niemals einen Priesterzopf tragen, es sähe zu lächerlich aus.«
Jaryn lächelte. »So, so. Kühnheit und Entschlossenheit. Hat dich die Wüste nicht genauso geformt? Bist du noch der schmächtige Jüngling, der Pasteten in den Ofen schiebt? Du könntest auch ein Krieger sein, aber du willst nicht Lacunar werden.«
»Richtig, und das hat nichts mit meinem Äußeren zu tun. Du aber bist Prinz Jaryn von Fenraond. Du hast königliches Blut in dir, du bist zum Herrschen geboren.«
»Du Dummkopf! Worüber sollte ich denn herrschen?«
»Vielleicht über ein Land, dessen Fürst verstorben ist?«
Jaryn stutzte kurz, dann lachte er. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher