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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Verschwörung gedreht hatte, fing endlich an, sich näherliegenden und zugleich auch harm-loseren Thematas zuzuwenden, beispielsweise, wie
    hell der »Wagen« am Himmel stünde.
    »Fast so hell wie der Große Bär«, schaltete Riekchen ein, die nicht fest in der Himmelskunde war. Und nun entsann man sich, daß dies gerade die Sternschnup-pennächte wären, auf welche Mitteilung hin van der

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    Straaten nicht nur die fallenden Sterne zu zählen
    anfing, sondern sich schließlich auch bis zu dem Sat-ze steigerte, »daß alles in der Welt eigentlich nur des Fallens wegen da sei: die Sterne, die Engel, und nur die Frauen nicht«.
    Melanie zuckte zusammen, aber niemand sah es, am
    wenigsten van der Straaten, und nachdem noch eine
    ganze Weile gezählt und gestritten und der Abend
    inzwischen immer kälter geworden war, einigte man
    sich dahin, daß es zur Bekämpfung dieser Polarzu-
    stände nur ein einzig erdenkbares Mittel gäbe: eine Glühweinbowle. Van der Straaten selbst machte den
    Vorschlag und definierte: »Glühwein ist diejenige
    Form des Weines, in der der Wein nichts und das
    Gewürznägelchen alles bedeutet«, auf welche Defini-
    tion hin es gewagt und die Bestellung gemacht wur-
    de. Und siehe da, nach verhältnismäßig kurzer Zeit
    schon erschien auch die blonde Wirtin in Person, um die Bowle vorsorglich inmitten des Tisches niederzu-setzen.
    Und nun nahm sie den Deckel ab und freute sich
    unter Lachen all der aufrichtig dankbaren »Achs«,
    womit ihre Gäste den warmen und erquicklichen
    Dampf einsogen. Ein reizender blonder Junge war
    mit ihr gekommen und hielt sich an der Schürze der
    Mutter fest.
    »Ihrer?« fragte van der Straaten mit verbindlicher
    Handbewegung.

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    »Na, wen sonst«, antwortete die Blondine nüchtern
    und suchte mit Rubehn über den Tisch hin ein paar
    Blicke zu wechseln. Als es aber mißlang, ergriff sie die blonden Locken ihres Jungen, spielte damit und
    sagte: »Komm, Pauleken. Die Herrschaften sind lie-
    ber alleine.«
    Elimar sah ihr betroffen nach und rieb sich die Stirn.
    Endlich rief er: »Gott sei Dank, nun hab' ich's. Ich wußte doch, ich hatte sie schon gesehn. Irgendwo.
    Triumphzug des Germanicus; Thusnelda, wie sie leibt und lebt.«
    »Ich kann es nicht finden«, erwiderte van der Straaten, der ein Piloty-Schwärmer war. »Und es stimmt
    auch nicht in Verhältnissen und Leibesumfängen,
    immer vorausgesetzt, daß man von solchen Dingen
    in Gegenwart unserer Damen sprechen darf. Aber
    Anastasia wird es verzeihen, und um den Hauptun-
    terschied noch einmal zu betonen, bei Piloty gibt sich Thumelicus noch als ein Werdender, während wir ihn
    hier bereits an der Schürze seiner Mutter hatten. An der weitesten Schürze, die mir je vorgekommen ist.
    Aber sei weiß wie Schnee und weißer noch: Ach, die
    Verleumdung trifft dich doch.«
    Diese zwei Reimzeilen waren in einer absichtlich
    spöttischen Singsangmanier von ihm gesprochen
    worden, und Rubehn, dem es mißfiel, wandte sich ab
    und blickte nach links hin auf den von Lichtern über-blitzten Strom. Melanie sah es, und das Blut schoß
    ihr zu Kopf, wie nie zuvor. Ihres Gatten Art und Re-deweise hatte sie, durch all die Jahre hin, viel Hun-87
    derte von Malen in Verlegenheit gebracht, auch wohl in bittere Verlegenheiten, aber dabei war es geblieben. Heute zum ersten Male schämte sie sich seiner.
    Van der Straaten indes bemerkte nichts von dieser
    Verstimmung und klammerte sich nur immer fester
    an seinen Thusneldastoff, in der an und für sich ganz richtigen Erkenntnis, etwas Besseres für seine Spezi-alansprüche nicht finden zu können.
    »Ich frage jeden, ob dies eine Thusnelda ist? Höher hinauf, meine Freunde. Göttin Aphrodite, die Venus
    dieser Gegenden, Venus Spreavensis, frisch aus
    demselben Wasser gestiegen, das uns eben erst un-
    sern teuren Elimar zu rauben trachtete. Das Wasser
    rauscht', das Wasser schwoll. Aus der Spree gestie-
    gen, sag' ich. Aber so mich nicht alles täuscht, haben wir hier mehr , meine Freunde. Wir haben hier, wenn ich richtig beobachtet, oder sagen wir, wenn ich richtig geahnt habe, eine Vermählung von Modernem
    und Antikem: Venus Spreavensis und Venus Kallipy-
    gos. Ein gewagtes Wort, ich räum' es ein. Aber in
    Griechisch und Musik darf man alles sagen. Nicht
    wahr, Anastasia? Nicht wahr, Elimar? Außerdem ent-
    sinn' ich mich, zu meiner Rechtfertigung, eines wundervollen Kallipygosepigramms... Nein, nicht Epig-
    ramms... Wie heißt etwas Zweizeiliges, was sich
    nicht

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