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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Nationalitäten und stieg dann eine kleine Schrägung nieder, die, von dem Sommergarten aus,
    auf einen großen, am Spreeufer sich hinziehenden
    und nach Art eines Treibhauses angelegten Glasbal-
    kon führte. An einer der offenen Stellen desselben
    rückte die Gesellschaft zwei, drei Tische zusammen
    und hatte nun einen schmalen, zerbrechlichen Was-
    sersteg und links davon ein festgeankertes, aber
    schon dem Nachbarhause zugehöriges Floß vor sich,
    an das die kleinen Spreedampfer anzulegen pflegten.
    Rubehn erhielt ohne weiteres den besten Platz an-
    gewiesen, um als Fremder den Blick auf die Stadt

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    freizuhaben, die flußabwärts im rot- und golddurch-
    glühten Dunst eines heißen Sommertages dalag.
    Elimar und Gabler aber waren auf den Wassersteg
    hinausgetreten. Alles freute sich des Bildes, und van der Straaten sagte: »Sieh, Melanie. Die Schloßkuppel. Sieht sie nicht aus wie Santa Maria Saluta?«
    »Salutè«, verbesserte Melanie, mit Akzentuierung
    der letzten Silbe.
    »Gut, gut. Also Salutè«, wiederholte van der Straa-
    ten, indem er jetzt auch seinerseits das e betonte.
    »Meinetwegen. Ich prätendiere nicht, der alte Spra-
    chenkardinal zu sein, dessen Namen ich vergessen
    habe. Salus, salutis - vierte Deklination, oder dritte, das genügt mir vollkommen. Und Salutà oder Salutè
    macht mir keinen Unterschied. Freilich muß ich sa-
    gen, so wenig zuverlässig die lieben Italiener in allem sind, so wenig sind sie's auch in ihren Endsilben.
    Mal a, mal e. Aber lassen wir die Sprachstudien und studieren wir lieber die Speisekarte. Die Speisekarte, die hier natürlich von Mund zu Mund vermittelt wird, eine Tatsache, bei der ich mich jeder blonden Erinnerung entschlage. Nicht wahr, Anastasia? He?«
    »Der Herr Kommerzienrat belieben zu scherzen«,
    antwortete Anastasia pikiert. »Ich glaube nicht, daß sich eine Speisekarte von Mund zu Mund vermitteln
    läßt.«
    »Es käm' auf einen Versuch an, und ich für meinen
    Teil wollte mich zu Lösung der Aufgabe verpflichten.
    Aber erst wenn Luna herauf ist und ihr Antlitz wieder 80
    keusch hinter Wolkenschleiern birgt. Bis dahin muß
    es bleiben, und bis dahin sei Friede zwischen uns.
    Und nun, Arnold, ernenn' ich dich, in deiner Eigen-
    schaft als Gabler, zum Erbküchenmeister und lege
    vertrauensvoll unser leibliches Wohl in deine Hän-
    de.«
    »Was ich dankbarst akzeptiere«, bemerkte dieser,
    »immer vorausgesetzt, daß du mir, um mit unsrem
    leider abwesenden Freunde Gryczinski zu sprechen,
    einige Direktiven erteilen willst.«
    »Gerne, gerne«, sagte van der Straaten.
    »Nun denn, so beginne.«
    »Gut. So proponier' ich Aal und Gurkensalat... Zugestanden?«
    »Ja«, stimmte der Chorus ein.
    »Und danach Hühnchen und neue Kartoffeln... Zuge-
    standen?«
    »Ja.«
    »Bliebe nur noch die Frage des Getränks. Unter Um-
    ständen wichtig genug. Ich hätte der Lösung dersel-
    ben, mit Unterstützung Ehms und unsres Wagenkas-
    tens, vorgreifen können, aber ich verabscheue Land-
    partien mit mitgeschlepptem Weinkeller. Erstens
    kränkt man die Leute, bei denen man doch gewis-

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    sermaßen immer noch zu Gaste geht, und zweitens
    bleibt man in dem Kreise des Althergebrachten, aus
    dem man ja gerade heraus will. Wozu macht man
    Partien? Wozu? frag' ich. Nicht um es besser zu ha-
    ben, sondern um es anders zu haben, um die Sitten
    und Gewohnheiten anderer Menschen und nebenher
    auch die Lokalspenden ihrer Dorf- und Gauschaften
    kennenzulernen. Und da wir hier nicht im Lande Ka-
    naan weilen, wo Kaleb die große Traube trug, so
    stimm' ich für das landesübliche Produkt dieser Ge-
    genden, für eine kühle Blonde. Kein Geld, kein
    Schweizer; keine Weiße, kein Stralow. Ich wette, daß selbst Gryczinski nie bessere Richtschnuren gegeben hat. Und nun geh, Arnold. Und für Anastasia einen
    Anisette... Kühle Blonde! Ob wohl unsere Blondine
    zwischen Tisch und Schapp in diese Kategorie fällt?«
    Elimar hatte mittlerweile dem Schauspiele der untergehenden Sonne zugesehn und auf dem gebrechli-
    chen Wasserstege, nach Art eines Turners, der zum
    Hocksprung ansetzt, seine Knie gebogen und wieder
    angestrafft. Alles mechanisch und gedankenlos.
    Plötzlich aber, während er noch so hin und her wipp-te, knackte das Brett und brach, und nur der Geis-
    tesgegenwart, mit der er nach einem der Pfähle griff, mocht' er es zuschreiben, daß er nicht in das gerad'
    an dieser Dampfschiffanlegestelle sehr tiefe Wasser niederstürzte. Die Damen schrien laut auf, und Anastasia

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