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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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reimt...«
    »Distichon.«
    »Richtig. Also ich entsinne mich eines Distichons...
    bah, da hab' ich es vergessen... Melanie, wie war es 88
    doch? Du sagtest es damals so gut und lachtest so
    herzlich. Und nun hast du's auch vergessen. Oder
    willst du's bloß vergessen haben?... Ich bitte dich...
    Ich hasse das... Besinne dich. Es war etwas von Pfir-sichpflaum, und ich sagte noch ›man fühl' ihn or-
    dentlich‹. Und du fandst es auch und stimmtest mit
    ein... Aber die Gläser sind ja leer...«
    »Und ich denke, wir lassen sie leer«, sagte Melanie scharf und wechselte die Farbe, während sie mechanisch ihren Sonnenschirm auf- und zumachte. »Ich
    denke, wir lassen sie leer. Es ist ohnehin Glühwein.
    Und wenn wir noch hinüber wollen, so wird es Zeit
    sein, hohe Zeit«, und sie betonte das Wort.
    »Ich bin es zufrieden«, entgegnete van der Straaten, aber in einem Tone, der nur allzu deutlich erkennen ließ, daß seine gute Stimmung in ihr Gegenteil um-zuschlagen begann. »Ich bin es zufrieden und be-
    dauere nur, allem Anscheine nach, wieder einmal
    Anstoß gegeben und das adlige Haus de Caparoux in
    seinen höheren Aspirationen verschnupft zu haben.
    Es ist immer das alte Lied, das ich nicht gerne höre.
    Wenn ich es aber hören will, so lad' ich mir meinen Schwager-Major zu Tische, der ist erster Kammer-herr am Throne des Anstands und der Langenweile.
    Heute fehlt er hier, und ich hätte gern darauf ver-
    zichtet, ihn durch seine Frau Schwägerin ersetzt zu sehen. Ich hasse Prüderien und jene Prätensionen
    höherer Sittlichkeit, hinter denen nichts steckt. Im günstigsten Falle nichts steckt. Ich darf das sagen, und jedenfalls will ich es sagen, und was ich gesagt habe, das habe ich gesagt.«

    89
    Es antwortete niemand. Ein schwacher Versuch
    Gablers, wieder einzulenken, mißlang, und in ziem-
    lich geschäftsmäßigem, wenn auch freilich wieder
    ruhiger gewordenem Tone wurden alle noch nötigen
    Verabredungen zur Überfahrt nach Treptow in zwei
    kleinen Booten getroffen; Ehm aber sollte, mit Be-
    nutzung der nächsten Brücke, die Herrschaften am
    andern Ufer erwarten. Alles stimmte zu, mit Aus-
    nahme von Fräulein Riekchen, die verlegen erklärte,
    »daß Bootschaukeln, von klein auf, ihr Tod gewesen
    sei«. Worauf sich van der Straaten in einem Anfalle von Ritterlichkeit erbot, mit ihr in der Glaslaube zu-rückbleiben und das Anlegen des nächsten, vom »Ei-
    erhäuschen« her erwarteten Dampfschiffes abpassen
    zu wollen.

10
    Wohin treiben wir?
    Es währte nicht lange, so steuerten von einer dunk-
    len, etwas weiter flußaufwärts gelegenen Uferstelle her zwei Jollen auf das Floß zu, jede mit einer Stock-laterne vorn an Bord. In der kleineren saß derselbe Junge, der schon am Nachmittage die Reifen auf die
    Kirchhofswiese hinausgetragen hatte, während die
    größere Jolle, leer und bloß angekettet, im Fahrwasser der anderen nachschwamm. Es gab einen hüb-
    schen Anblick, und kaum daß die beiden Fahrzeuge
    lagen, so stiegen auch, vom Floß aus, die schon un-
    geduldig Wartenden ein: Rubehn und Melanie in das
    kleinere, die beiden Maler und Anastasia in das grö-
    ßere Boot, eine Verteilung, die sich wie von selber 90
    machte, weil Elimar und Gabler gute Kahnfahrer wa-
    ren und jeder anderweitigen Führung entbehren
    konnten. Sie nahmen denn auch die Tête, und der
    Junge mit der kleineren Jolle folgte.
    Van der Straaten sah ihnen eine Weile nach und sag-
    te dann zu dem Fräulein: »Es ist mir ganz lieb, Riekchen, daß wir zurückgeblieben sind und auf das
    Dampfschiff warten müssen. Ich habe Sie schon im-
    mer fragen wollen, wie gefällt Ihnen unser neuer
    Hausgenosse? Sie sprechen nicht viel, und wer nicht viel spricht, der beobachtet gut.«
    »Oh, er gefällt mir.«
    »Und mir gefällt es, Riekchen, daß er Ihnen gefällt.
    Nur das ›oh‹ beklag' ich, denn es hebt ein gut Teil Lob wieder auf, und ›oh, er gefällt mir‹ ist eigentlich nicht viel besser als ›oh, er gefällt mir nicht ‹. Sie sehen, ich lasse Sie nicht wieder los. Also, nur immer tapfer mit der Sprache heraus. Warum nur oh? Woran liegt es? Wo fehlt es? Mißtrauen Sie seinen Dra-
    gonerreservelieutenantsallüren? Ist er Ihnen zu ka-
    valiermäßig oder zu wenig? Ist er Ihnen zu laut oder zu still, zu bescheiden oder zu stolz, zu warm oder zu kalt?«
    »Damit möchten Sie's getroffen haben.«
    »Womit?«

    91
    »Mit dem zu kalt. Ja, er ist mir zu kalt. Als ich ihn das erstemal sah, hatt' ich einen guten Eindruck,
    obgleich

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