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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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beschwor, endlich
    von der »ewigen Braut« ablassen zu wollen, die we-
    nigstens vorläufig noch im Bereiche der Träume sei.
    Van der Straaten aber machte sein kluges Gesicht
    und versicherte, »daß er es besser wisse«.
    Danach kehrte man an die Lagerstelle zurück, die
    sich nun rasch in einen Spielplatz verwandelte. Die Reifen, die Bälle flogen, und da die Damen ein rasches Wechseln im Spiele liebten, so ging man, in-
    nerhalb anderthalb Stunden, auch noch durch Blin-
    dekuh und Gänsedieb und »Bäumchen, Bäumchen,
    verwechselt euch«. Das letztere fand am meisten
    Gnade, besonders bei van der Straaten, dem es eine
    herzliche Freude war, das scharfgeschnittene Profil 76
    Riekchens mit ihren freundlichen und doch zugleich
    etwas stechenden Augen um die Baumstämme her-
    umkucken zu sehen. Denn sie hatte, wie die meisten
    Verwachsenen, ein Eulengesicht.
    Und so ging es weiter, bis die Sonne zum Rückzug
    mahnte. Harmonika-Schulze führte wieder, und ne-
    ben ihm marschierte Gabler, der das Trommelchen
    ganz nach Art eines Tambourins behandelte. Er
    schlug es mit den Knöcheln, warf es hoch und fing es wieder. Danach folgte das van der Straatensche
    Paar, dann Rubehn und Fräulein Riekchen, während
    Anastasia träumerisch und Blumen pflückend den
    Nachtrab bildete. Sie hing süßen Fragen und Vorstellungen nach, denn Elimar hatte beim Blindekuh, als
    er sie haschte, Worte fallen lassen, die nicht mißdeutet werden konnten. Er hätte denn ein schändlicher
    und zweizüngiger Lügner sein müssen. Und das war
    er nicht... Wer so rein und kindlich an der Tête dieses Zuges gehen und die Harmonika blasen konnte,
    konnte kein Verräter sein.
    Und sie bückte sich wieder, um (zum wievielten Ma-
    le!) an einer Wiesenranunkel die Blätter und die
    Chancen ihres Glücks zu zählen.

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    Löbbekes Kaffeehaus
    Vor Löbbekes Kaffeehaus hatte sich innerhalb der
    letzten zwei Stunden nichts verändert, mit alleiniger Ausnahme der Sperlinge, die jetzt, statt auf dem

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    Straßendamm, in den verschnittenen Linden saßen
    und quirilierten. Aber niemand achtete dieser Musik, am wenigstens van der Straaten, der eben Melanies
    Arm in den Elimars gelegt und sich selbst an die
    Spitze des Zuges gesetzt hatte. »Attention!« rief er und bückte sich, um sich ohne Fährlichkeit durch das niedrige Türjoch hindurchzuzwängen.
    Und alles folgte seinem Rat und Beispiel.
    Drinnen waren ein paar absteigende Stufen, weil der Flur um ein Erhebliches niedriger lag als die Straße draußen, weshalb denn auch den Eintretenden eine
    dumpfe Kellerluft entgegenkam, von der es schwer
    zu sagen war, ob sie durch ihren biersäuerlichen Gehalt mehr gewann oder verlor. In der Mitte des Flurs sah man nach rechts hin eine Nische mit Herd und
    Rauchfang, einer kleinen Schiffsküche nicht unähn-
    lich, während von links her ein Schanktisch um meh-
    rere Fuß vorsprang. Dahinter ein sogenanntes
    »Schapp«, in dem oben Teller und Tassen und unten
    allerhand ausgebuchtete Likörflaschen standen. Zwi-
    schen Tisch und Schapp aber thronte die Herrin die-
    ser Dominien, eine große, starke Blondine von Mitte Dreißig, die man ohne weiteres als eine Schönheit
    hätte hinnehmen müssen, wenn nicht ihre Augen
    gewesen wären. Und doch waren es eigentlich schö-
    ne Augen, an denen in Wahrheit nichts auszusetzen
    war, als daß sie sich daran gewöhnt hatten, alle
    Männer in zwei Klassen zu teilen, in solche, denen
    sie zuzwinkerten: »Wir treffen uns noch«, und in
    solche, denen sie spöttisch nachriefen: »Wir kennen euch besser.« Alles aber, was in diese zwei Klassen 78
    nicht hineinpaßte, war nur Gegenstand für Mitleid und Achselzucken.
    Es muß leider gesagt werden, daß auch van der
    Straaten von diesem Achselzucken betroffen wurde.
    Nicht seiner Jahre halber, im Gegenteil, sie wußte
    Jahre zu schätzen, nein, einzig und allein, weil er von alter Zeit her die Schwäche hatte, sich à tout prix populär machen zu wollen. Und das war der Blondine
    das Verächtlichste von allem.
    Am Ausgange des Flurs zeigte sich eine noch niedri-
    gere Hoftür, und dahinter kam ein Garten, drin, um
    kümmerliche Bäume herum, ein Dutzend grüngestri-
    chene Tische mit schrägangelehnten Stühlen von
    derselben Farbe standen. Rechts lief eine Kegelbahn, deren vorderstes unsichtbares Stück sehr wahrscheinlich bis an die Straße reichte. Van der Straaten wies ironischen Tons auf all diese Herrlichkeiten hin, verbreitete sich über die Vorzüge anspruchslos gebliebener

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