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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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das Einerlei
    nicht ertragen, auch nicht das Einerlei des Glücks.
    Und am verhaßtesten ist euch das eigentliche, das
    höchste Glück, das Ruhe bedeutet. Ihr seid auf die
    Unruhe gestellt. Ein bißchen schlechtes Gewissen
    habt ihr lieber als ein gutes, das nicht prickelt, und unter allen Sprüchwörtern ist euch das vom ›besten
    Ruhekissen‹ am langweiligsten und am lächerlichs-
    ten. Ihr wollt gar nicht ruhen. Es soll euch immer
    was kribbeln und zwicken, und ihr habt den über-
    spannt sinnlichen oder meinetwegen auch den heroi-
    schen Zug, daß ihr dem Schmerz die süße Seite ab-
    zugewinnen wißt.«
    »Es ist möglich, daß du recht hast, Ezel. Aber je
    mehr du recht hast, je mehr rechtfertigst du mich
    und mein Vorhaben. Ist es wirklich, wie du sagst, so wären wir geborene Hazardeurs und Vabanquespie-len so recht eigentlich unsere Natur. Und natürlich auch die meinige.«
    Er hörte sie gern in dieser Weise sprechen, es klang ihm wie aus guter, alter Zeit her, und er sagte, während er den Fauteuil vertraulich näher rückte: »Laß uns nicht spießbürgerlich sein, Lanni. Sie sagen, ich wär' ein Bourgeois, und es mag sein. Aber ein Spieß-
    bürger bin ich nicht. Und wenn ich die Dinge des Lebens nicht sehr groß und nicht sehr ideal nehme, so nehm' ich sie doch auch nicht klein und eng. Ich bitte dich, übereile nichts. Meine Kurse stehen jetzt nied-140
    rig, aber sie werden wieder steigen. Ich bin nicht
    Geck genug, mir einzubilden, daß du schönes und
    liebenswürdiges Geschöpf, verwöhnt und ausge-
    zeichnet von den Klügsten und Besten, daß du mich
    aus purer Neigung oder gar aus Liebesschwärmerei
    genommen hättest. Du hast mich genommen, weil
    du noch jung warst und noch keinen liebtest und in
    deinem witzigen und gesunden Sinn einsehen moch-
    test, daß die jungen Attachés auch keine Helden und Halbgötter wären. Und weil die Firma van der Straaten einen guten Klang hatte. Also nichts von Liebe.
    Aber du hast auch nichts gegen mich gehabt und hast mich nicht ganz alltäglich gefunden und hast
    mit mir geplaudert und gelacht und gescherzt. Und
    dann hatten wir die Kinder, die doch schließlich reizende Kinder sind, zugestanden, dein Verdienst, und du hast enfin an die zehn Jahr' in der Vorstellung
    und Erfahrung gelebt, daß es nicht zu den schlimms-
    ten Dingen zählt, eine junge, bequem gebettete Frau zu sein und der Augapfel ihres Mannes, eine junge,
    verwöhnte Frau, die tun und lassen kann, was sie
    will, und als Gegenleistung nichts andres einzusetzen braucht als ein freundliches Gesicht, wenn es ihr
    grade paßt. Und sieh, Melanie, weiter will ich auch jetzt nichts, oder sag' ich lieber, will ich auch in Zukunft nichts. Denn in diesem Augenblick erscheint dir auch das wenige, was ich fordere, noch als zu viel.
    Aber es wird wieder anders, muß wieder anders wer-
    den. Und ich wiederhole dir, ein Minimum ist mir
    genug. Ich will keine Leidenschaft. Ich will nicht, daß du mich ansehen sollst, als ob ich Leone Leoni wär'
    oder irgendein anderer großer Romanheld, dem zu-
    liebe die Weiber Giftbecher trinken wie Mandelmilch 141
    und lächelnd sterben, bloß um ihn noch einmal lä-
    cheln zu sehen. Ich bin nicht Leone Leoni, bin bloß deutsch und von holländischer Abstraktion, wodurch
    das Deutsche nicht besser wird, und habe die mir
    abstammlich zukommenden hohen Backenknochen.
    Ich bewege mich nicht in Illusionen, am wenigsten
    über meinen äußeren Menschen, und ich verlange
    keine Liebesgroßtaten von dir. Auch nicht einmal
    Entsagungen. Entsagungen machen sich zuletzt von
    selbst, und das sind die besten. Die besten, weil es die freiwilligen und eben deshalb auch die dauerhaf-ten und zuverlässigen sind. Übereile nichts. Es wird sich alles wieder zurechtrücken.«
    Er war aufgestanden und hatte die Lehne des Fau-
    teuils genommen, auf der er sich jetzt hin und her
    wiegte. »Und nun noch eins, Lanni«, fuhr er fort,
    »ich bin nicht der Mann der Rücksichtsnahmen und
    hasse diese langweiligen ›Regards‹ auf nichts und
    wieder nichts. Aber dennoch sag' ich dir, nimm
    Rücksicht auf dich selbst. Es ist nicht gut, immer nur an das zu denken, was die Leute sagen, aber es ist
    noch weniger gut, gar nicht daran zu denken. Ich
    hab' es an mir selbst erfahren. Und nun überlege.
    Wenn du jetzt gehst... Du weißt, was ich meine. Du kannst jetzt nicht gehen; nicht jetzt .«
    »Eben deshalb geh' ich, Ezel«, antwortete sie leise.
    »Es soll klar zwischen uns werden. Ich habe

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