Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
eine illustre Schar der Großen und Mächtigen versammelt, in die sich manch fragwürdiger Gast mischte. Auf der rechten Seite saßen die Familie und die Freunde des Bräutigams: seine Stiefmutter, die verwitwete Countess of Carnarvon, sein Halbbruder, der Ehrenwerte Aubrey Herbert, die Howards, der Earl of Pembroke, die Earls und Countesses of Portsmouth, Bathurst und Cadogan; Lord Ashburton, Lord de Grey sowie der Marquess und die Marchioness of Bristol. Die Duchess of Marlborough war ebenso zugegen wie die Duchess of Devonshire, wie Lord und Lady Charteris und der größte Teil der vornehmen Londoner Gesellschaft.
Auch der 5. Earl of Rosebery, der ehemalige Premierminister, befand sich unter den Gästen. Rosebery war nur vier Tage vor der Hochzeit nach Windsor Castle gereist, um seine Rücktrittserklärung einzureichen, woraufhin die Königin den Marquess of Salisbury mit der Regierungsbildung beauftragt hatte. Königin Victoria, die seit vielen Jahren zurückgezogen lebte, war nicht zur Trauung erschienen, hatte dem Paar aber Glückwünsche übersandt. Die Königin stand seit Langem in persönlicher Beziehung zum Haus Carnarvon: Sie war Patentante der jüngsten Schwester des Earls.
Familie und Freunde der Braut repräsentierten ein anderes gesellschaftliches Spektrum: Alminas französische Mutter, Marie Wombwell, geborene Boyer, war die Tochter eines Pariser Bankiers. Der Anblick der beiden verriet, dass Almina ihr lebhaftes Wesen und ihr Stilgefühl von ihrer Mutter geerbt hatte. Sir George Wombwell, der Bruder von Maries verstorbenem Gatten, hatte Almina zum Altar geführt. Die Wombwells waren umringt von höchst einflussreichen und äußerst vermögenden Vertretern der erst kürzlich in den Adelsstand erhobenen kaufmännischen Elite. Dazu zählten Sir Alfred de Rothschild, Baron und Baronin de Worms, Baron Ferdinand de Rothschild, Baron Adolphe de Rothschild, Mr Reuben Sassoon, vier weitere Sassoon-Cousinen, Mr Wertheimer, Mr und Mrs Ephrusi sowie Baron und Baronin de Hirsch.
Als Almina schließlich an der Hand ihres Bräutigams vor den mit der Trauung beauftragten hohen kirchlichen Würdenträgern stand, mag der Gedanke an ihr zukünftiges Eheleben sie durchaus eingeschüchtert haben. Vielleicht erinnerte sie ein mit ihrer Mutter getauschter Blick daran, wie weit sie es gebracht hatte. Gleichzeitig muss ihr bewusst gewesen sein, dass sie aufgrund des Ehevertrags, den der Earl of Carnarvon mit Sir Alfred de Rothschild geschlossen hatte, durch ein gewaltiges Vermögen abgesichert war, dass ihr Achtbarkeit, gesellschaftliche Anerkennung und den Zugang zu einer der angesehensten Familien des spätviktorianischen England ermöglicht hatte. Almina hatte die St Margaret’s Church als uneheliche Tochter eines jüdischen Bankiers und dessen französischer Mätresse betreten und verließ sie zu den Klängen des Hochzeitsmarsches aus Wagners Lohengrin als 5. Countess of Carnavon. Ihre Verwandlung war vollzogen.
Der bemerkenswerte soziale Aufstieg Alminas war allerdings nicht reibungslos verlaufen. Auch Geld aus dem Hause Rothschild half nicht über das Problem hinweg, dass Marie Wombwell – die Witwe des Alkoholikers und leichtsinnigen Spielers Frederick Wombwell und vor allem die langjährige Vertraute von Sir Alfred de Rothschild – in der feinen Gesellschaft nicht akzeptiert wurde.
Almina hatte ihre Kindheit in Paris und London verbracht, als Jugendliche lebte sie in der 20 Bruton St, W1, im Herzen von Mayfair. Gelegentlich fanden Besuche bei den Wombwells in Yorkshire statt. Sir George und Lady Julia blieben Marie und ihren Kindern auch nach Fredericks Tod von Herzen zugetan. Die Adresse in Mayfair war nobel, Marie Wombwells Reputation war es nicht.
Als Marie Sir Alfred kennenlernte, war sie eine verheiratete Frau, auch wenn sie von ihrem Mann getrennt lebte. Sir Alfred war eine bedeutende Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Er hatte zwanzig Jahre lang der Bank of England vorgestanden, war Junggeselle, Ästhet und Lebemann. Dank seines immensen Familienvermögens pflegte er einen verschwenderischen Lebensstil, zu dem auch die »Huldigungssoirees« gehörten, bei denen er seinen Freunden die Gelegenheit gab, den prominentesten Damen jener Zeit zu begegnen.
Marie war Sir Alfred möglicherweise von ihrem Vater, der ihn durch Beziehungen im Bankenwesen kannte, oder von Sir George und Lady Julia, die oft die Wochenenden in seinem Halton House in Buckinghamshire verbrachten, vorgestellt worden. Alfred
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