Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
immer mehr Soldaten rekrutierten und ihre Eisenbahnnetze eilig ausbauten, um die Männer befördern zu können. Deutschland stellte zudem eine Flotte zusammen, die sich mit der Großbritanniens messen konnte.
Almina ahnte, was bevorstand, und traf eine Entscheidung. Letztendlich hatte diese Idee sie schon seit zwei Jahren beschäftigt. Sie beriet sich mit Lord Carnarvon, der zunächst skeptisch war, auf ihr Drängen hin jedoch die Möglichkeit einräumte, Alminas Pläne zu realisieren. Sie wollte Highclere Castle in ein Lazarett für verwundete Offiziere verwandeln, hervorragendes medizinisches Personal verpflichten und den Soldaten für ihre Genesung die beste Ausstattung zur Verfügung zu stellen – von modernsten medizinischen Gerätschaften und neuesten Operationsmethoden bis zu einer Fülle an frischen Lebensmitteln und sauberer Bettwäsche. Alminas Absicht war es, Männern, die von den Schrecken des Krieges fast zermürbt worden waren, eine Umgebung zu bieten, in der sie nicht nur körperliche Heilung, sondern auch Ruhe und Hoffnung fanden.
Nachdem ihr Gatte seine Zustimmung gegeben hatte, sprach Almina mit den Verantwortlichen des Militärs, auf deren Unterstützung sie in administrativer Hinsicht angewiesen sein würde. Für die dritte Unterhaltung, in der das Problem der Finanzierung des Projektes gelöst werden sollte, hatte sich Almina bereits einen Plan zurechtgelegt: Die Frage des Geldes konnte hintangestellt werden. Wie es für Almina typisch war, suchte sie, nachdem sie beschlossen hatte, ein Militärkrankenhaus zu eröffnen, das Gespräch mit dem ranghöchsten Offizier der Armee. »Direkt an die Spitze« mag durchaus Alminas Lebensmotto gewesen sein.
Feldmarschall Herbert Kitchener, der 1. Earl of Khartoum und Sirdar der ägyptischen Armee, nahm Ende Juni Alminas Einladung zum Mittagessen an und erschien in einem makellosen Tweedanzug in Begleitung seines Armeesekretärs Colonel Evelyn Fitzgerald. Der Kriegsheld war zu diesem Zeitpunkt bereits 64 Jahre alt, doch immer noch ein stattlicher, imposanter Mann mit durchdringendem Blick und perfekt getrimmtem Schnurrbart. Sein Konterfei sollte bald das berühmte Plakat zieren, das mit dem Slogan »Your Country Needs You – Dein Land braucht dich« um neue Soldaten warb.
Kitchener war ein langjähriger Freund von Lord und Lady Carnarvon sowie von Alfred de Rothschild. Almina hatte ein köstliches sommerliches Mittagessen zubereiten lassen und führte Kitchener durch Highclere Castle, um ihm ihre Pläne zu erläutern. Kitchener war von ihrem Enthusiasmus und ihrer Entschlossenheit beeindruckt. Almina war auf seine positive Bewertung angewiesen und benötigte ein Versprechen von seiner Seite, sich beim Militär, vor allem beim südlichen Kommando, für die Umsetzung ihres Vorhabens einzusetzen. Sie erhielt dieses Versprechen.
Porchy, der inzwischen Schüler Etons war, war es erlaubt worden, an dem Mittagessen teilzunehmen. Der Junge war außer sich vor Freude, einem seiner Helden begegnen zu dürfen, und erinnert sich Jahre später noch lebhaft an den Moment, zu dem sich sein Vater zu K, wie er den großen Mann nannte, hinüberbeugte und sagte: »In Zukunft, lieber K, wird unsere telegrafische Adresse lauten: Carnarvon, Amputationszentrum, Highclere.«
Almina war euphorisch. Sie hatte nicht einen Moment daran gezweifelt, dass sie die entscheidenden Personen für ihre Idee gewinnen würde, und begann sofort mit den Planungen. Natürlich war der erste Schritt, die Finanzierung abzusichern. Und wie nicht anders zu erwarten, machte sich Almina zu diesem Zweck auf den Weg nach London, um Sir Alfred in seinem Bürogebäude New Court in der St Swithin’s Lane aufzusuchen.
Alfred de Rothschild war im Lauf der Jahre mit seiner Zeit, seinem Geld und seiner Zuneigung Almina gegenüber unverändert großzügig geblieben. Wie die Ausstattung von Highclere Castle mit elektrischem Licht bewies, war es nicht das erste Mal, dass Almina Alfred um Unterstützung bat. Porchy erinnerte sich daran, gelegentlich zu Besuchen bei seinen Verwandten mitgenommen worden zu sein und es genossen zu haben, alle drei Rothschild-Brüder bei der Arbeit anzutreffen und von diesen jeweils zehn Sovereigns ausgehändigt zu bekommen. Gelegentlich machte Alfred Almina mit sanfter Stimme Vorhaltungen: »Aber Schätzchen, ich habe dir erst letzte Woche 10 000 Pfund gegeben. Wo sind die nur geblieben, mein liebes Kind?« Aber er wies sie nie zurück. Er zückte einfach sein Scheckbuch und
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