Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
war er mit der Entwicklung von Kameras und der Interpretation der Luftaufnahmen, die das Royal Flying Corps anfertigte, bestens vertraut und leistete auf diesem Gebiet einen Beitrag. Dennoch wünschte er sich sehnlich, seine Gesundheit würde es ihm erlauben, mehr zu tun.
Schon zum zweiten Mal in jenem Jahr kehrte Aubrey mit einem Gefühl der Ohnmacht und Verzweiflung aus dem Nahen Osten zurück. Der Trost, zu Hause zu sein, war für ihn bitter nötig.
Wenige Wochen später verließen sieben weitere Männer Highclere Castle. Henry Berry aus dem Sägewerk, Charles Brindley, ein Klempner, die Waldarbeiter Charles Zhoules und Ernest Bartons, Willie Kewell, der im Landwirtschaftsbetrieb arbeitete, sowie Gilbert Attwood und William Bendle, die beide in der Maurerei beschäftigt waren, wurden durch die von Aubrey überbrachte Nachricht vom Tod der Kollegen angespornt, ihren Beitrag zu leisten. Sie brachen nach Frankreich auf – zur Somme.
Der Sommer 1916 war im ganzen Land durch das Entsetzen und die Trauer angesichts des Todes von Lord Kitchener geprägt. K mochte seinen Ruf als unfehlbarer Held eingebüßt gehabt haben, postum gewann er seinen legendären Status jedoch wieder zurück. Die Seeschlacht war eskaliert, nachdem die britische Blockade der deutschen Handelswege deutliche Auswirkungen zeigte und eine Knappheit an Lebensmitteln einsetzte. Die Deutschen schlugen zurück. Der Krieg zu Wasser zeigte die größten Verluste, als die HMS Hampshire am 5. Juni auf eine Mine lief und sank. 643 Männer, darunter Lord Kitchener, kamen ums Leben.
Die Carnarvons traf der Verlust besonders hart, da K ein Freund der Familie gewesen war. Porchy, der noch zwei Monate in Sandhurst zu verbringen hatte, war besonders niedergeschlagen. K war sein großes Vorbild und Inspiration für seine militärische Laufbahn gewesen. Ende des Sommers sollte Porchy eine viermonatige Ausbildung in Irland durchlaufen, doch er war wochenlang in trübseliger und für ihn ganz uncharakteristisch nachdenklicher Stimmung. Versetzte Ks Tod der durch die erlittenen Niederlagen und den strategischen Stillstand ohnehin geschwächten britischen Moral auch einen gewaltigen Tiefschlag, so ahnte doch niemand, wie sehr sich die Lage noch verschlimmern sollte.
Die Schlacht an der Somme war von General Haige als entscheidender Durchbruch in der in Frankreich herrschenden Pattsituation geplant. Sie ging stattdessen in das britische und kanadische Bewusstsein als Sinnbild eines katastrophalen, sinnlosen Blutbads ein. Am 1. Juli 1916, dem ersten Tag der Schlacht, fielen auf britischer Seite 60 000 Soldaten – die höchste Anzahl an Verlusten, die jemals an einem einzigen Gefechtstag verzeichnet wurde. Das 1st Newfoundland Regiment wurde als Kampfeinheit vernichtet, da 500 von 801 Männern getötet wurden. Im Laufe der viereinhalb Monate währenden Schlacht spielte sich diese Tragödie immer wieder ab. Ganze Bataillone von Soldaten, die sich zusammen zum Dienst gemeldet hatten und aus eng verwobenen Gemeinden stammten, wurden ausgelöscht – in ihren Heimatregionen ging dadurch oft eine Generation junger Männer verloren. Wie Tausende andere Orte im britischen Weltreich stand Highclere vor einer Belastungsprobe für die Bereitschaft, Opfer zu bringen, wie es sie nie zuvor gekannt hatte.
Die Auswirkungen auf jedes einzelne Krankenhaus im Land waren gewaltig. Im Juli wurden 400 Ärzte verwundet oder starben, und der Druck auf das ohnehin überlastete medizinische Personal der Armee stieg. Patienten wurden in einem kaum kontrollierbaren Strom nach Großbritannien zurückgeschickt. Die Schlacht an der Somme war vom Einsatz schwerer Artillerie geprägt. Zudem wurde eine neue Waffe eingeführt – der Panzer. Abgesehen von ihren körperlichen Verwundungen, litten die Männer unter schweren Kriegsneurosen. Da die menschliche Psyche den Eindrücken dieser neuen, mechanisierten Form der Massenvernichtung nicht gewachsen war, stieg die Anzahl der Nervenzusammenbrüche dramatisch an.
Auch Lady Almina musste ihre Anstrengungen verstärken. Das Personal am Bryanston Square hatte stetig mit dem gewohnten Augenmerk auf jedes Detail gearbeitet. Die Arbeit war hart, doch der Alltag hatte sich eingespielt, und die erzielten Ergebnisse legitimierten den geleisteten Aufwand.
Alle waren erschöpft und angesichts des Verlaufs des Krieges niedergeschlagen, gleichzeitig brachten sie dem Krankenhaus eine positive Einstellung entgegen und setzten sich leidenschaftlich in ihrer
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