Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
»Da die Dame äußerst attraktiv war, nahm ich das Angebot sofort an und beauftragte meinen Burschen, mein Gepäck in ihr Haus zu bringen. Mein Freund glaubte mir nicht, dass ich ihn nicht hereingelegt hatte. In jener Nacht suchte mich die Dame in meinem Schlafzimmer auf, und in der restlichen Zeit, in der wir an dieser Frontlinie kämpften, gelang es mir stets, sie in Ruhepausen zu besuchen, was mir vermutlich dabei geholfen hat, nicht den Verstand zu verlieren.«
Mary und Charles heirateten im Juli 1918, als Charles glaubte, «der Krieg könne sich noch Jahre hinziehen«. Sie hatten entschieden zu warten, bis er vollständig genesen war und alle Operationen an seinem Kiefer durchgeführt worden waren. Lord und Lady Carnarvon waren nicht nur Ehrengäste, sondern auch Trauzeugen. Almina sorgte dafür, dass die Trauung in der beliebten St George’s Church am Hanover Square stattfand, und brachte das Paar danach in einem Haus in der Paddington Street unter, für das sie das gesamte Mobiliar kaufte. Mary und Charles bekamen drei Kinder, und Mary arbeitete für Almina, bis sie kurz nach der Geburt ihres dritten Kindes erkrankte.
Almina ging ihr ganzes Leben lang unbekümmert mit Geld um. Sie konnte diesbezüglich sehr starrsinnig sein, war jedoch äußerst spendabel, oft ohne das nötige Augenmerk. Diese Haltung sollte sie in späteren Jahren vor große Schwierigkeiten stellen, doch in diesem Fall entsprang ihre Großzügigkeit aufrichtiger Zuneigung und der Anerkennung von Marys harter Arbeit. Für seine Hochzeitsreise stellte sie dem Paar das Lake House in Highclere Castle zur Verfügung und überreichte Mary einen eigens angefertigten Fächer mit dem Porträt des Gebäudes als Souvenir. Das wundervolle Haus, eine elegante, direkt am See gelegene Villa, ist eine friedliche Oase für zwei Menschen, die jahrelang von Tod und Zerstörung umgeben gearbeitet hatten. Almina, die wie immer jedem Detail Beachtung schenkte, sorgte dafür, dass Vorräte und Diener bereitstanden, sodass die Jungvermählten keinen Finger rühren mussten.
Noch am Abend der Hochzeit, kurz nachdem das Paar im Lake House angekommen war, schrieb Charles Almina einen Brief, in dem er sich für die Geschenke an ihn und für alles, was sie für ihn und Mary getan hatte, bedankte: »Meine liebe gute Fee, so möchte ich Sie nennen, denn das werden Sie immer für mich sein … danke für die bezaubernden Manschetten und Kragenknöpfe und den Teller, der mir so kostbar erscheint, dass ich denke, ich werde nie wieder außer Haus speisen wollen…« Der Mann, der die Schicklichkeit der Anrede beim Vornamen bezweifelte, richtete überschwängliche Worte an Almina, die ihn gesund gepflegt, mit seiner Gattin bekannt gemacht und ein neues Leben eröffnet hatte. »Ich werde versuchen, das Vertrauen, das Sie in mich gesetzt haben, nicht zu enttäuschen. Mit den allerbesten Wünschen und herzlichen Grüßen, Ihr Charles Clout.«
Am darauffolgenden Tag schrieb Mary an ihre »Liebste kleine Lady«, um Almina zu versichern, wie glücklich sie im Lake House sei, und ihr ihrerseits zu danken. »Wie kann ich Ihnen auch nur im Entferntesten für all das danken, was Sie für mich getan haben. Es ist mir ein Bedürfnis, meinen Gefühlen angesichts der Liebe und Zuneigung, die ich durch Sie erfahren habe, Ausdruck zu verleihen, doch könnten meine Worte meinem Empfinden niemals gerecht werden … Ich hoffe, dass ich der freundlichsten Lady, die ich kenne, die mir in den letzten Jahren wie eine Mutter gewesen ist und von der ich weiß, dass sie dies bleiben wird, stets Ehre mache … Mit lieben Grüßen von uns beiden, herzlichst Ihre Mary«.
Brief von Charles Clout an Lady Almina, 1918. Vollständige Transkription siehe S. 278-279
Brief von Mary Weekes an Lady Almina. Vollständige Transkription siehe S. 279-280
Diese Zeugnisse aus einer angeblich so zugeknöpften Epoche bringen aufrichtige Gefühle zum Ausdruck. Almina konnte ohne Zweifel leichtfertig und dominant sein, doch mit ihrer großen Entschlossenheit, andere Menschen glücklich zu machen, veränderte sie das Leben vieler. Ihre Güte wurde oft durch innige Zuneigung erwidert.
KAPITEL 15
Dunkle Zeiten
Die Romanze zwischen Charles Clout und Mary Weekes war ein seltener Lichtblick in einem düsteren Jahr. Da er zu schwer verwundet war, wurde Charles nicht mehr an die Front geschickt, sondern bildete in den verbleibenden Kriegsjahren Bataillone neuer Rekruten aus. Für Hunderttausende andere Männer
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