Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
bestätigt zu sehen. Im Dezember war Mr Asquith, dem zunehmend die Ziellosigkeit der militärischen Strategie und das Ausbleiben entscheidender Erfolge zur Last gelegt wurden, seines Amtes enthoben worden. David Lloyd George, der Kitchener als Kriegsminister nachgefolgt war, übernahm als Vertreter der Liberalen Partei die Position des Premierministers in der Koalitionsregierung mit konservativer Mehrheit.
Es war kein guter Zeitpunkt, in das höchste Amt im Staate zu wechseln. Die Bevölkerung war unruhig, die Generäle waren offensichtlich überfordert, und der Krieg war ein völliges Desaster. Darüber hinaus hatte der Osteraufstand in Dublin die Frage der Selbstverwaltung Irlands wieder auf die Tagesordnung gesetzt – ein Problem, das sich seit über 50 Jahren als immer wiederkehrender Albtraum für jeden Premierminister erwiesen hat. All diese erdrückenden Probleme wurden jedoch durch eine einzige, unvorstellbar hohe Zahl sogar noch in den Schatten gestellt. Als sich die Schlacht an der Somme im November 1916 dem Ende entgegenneigte, waren 415 000 Soldaten der britischen Armee und der Streitkräfte der Dominions getötet oder verwundet worden oder wurden vermisst. Die Anzahl der Verluste bei allen beteiligten Nationen betrug inzwischen 1,5 Millionen. Auch wenn Lloyd George am Ende als Sieger und als einer der größten Politiker des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen würde, sah er sich in jener Zeit mit einer scheinbar hoffnungslosen Situation konfrontiert.
Lord Carnarvon war im Herbst 1916 erneut erkrankt, und Almina bat ihn inständig, in ihr Stadthaus am Berkeley Square umzusiedeln, damit sie ein Auge auf ihn haben konnte. Er war angesichts der neuen Regierung und der von ihr betriebenen Landenteignung im Rahmen der Agrarpolitik höchst beunruhigt. Winifred berichtete er in einem Brief von seiner Sorge um Porchy, der ihm plötzlich viel zu jung erschien, um in der Armee zu dienen. Am zweiten Weihnachtsfeiertag mussten Lord und Lady von ihrem Sohn Abschied nehmen, als dieser mit seinem Regiment in den Krieg zog. Ihr größter Trost bestand darin, dass er nicht nach Frankreich oder in die Balkanländer entsandt wurde, sondern vorerst in tiefster indischer Provinz zum Einsatz kam.
Bei seiner Landung in Bombay war Lord Porchester gerade einmal 18 Jahre alt. Er war ein ungestümer, von sich selbst überzeugter Teenager, der während seiner Ausbildung für die Kavallerie seine erste Liebesbeziehung eingegangen war. Porchys Gebaren machte ihn zum Paradebeispiel eines jungen Mannes, der nicht dazu in der Lage war zu begreifen, dass ihn der Tod ereilen konnte. Er erinnerte sich später immer wieder an das Gefühl der Resignation, das ihn überfiel, wenn er die Listen der Gefallenen nach Schulfreunden absuchte, doch als Junge besaß er genug Widerstandskraft, um anders als sein Onkel Aubrey nicht in Hoffnungslosigkeit und Melancholie zu verfallen.
Als Porchy in den Gillespie Barracks eintraf, um sich den 7th Hussars anzuschließen, gab es nichts, was seine fröhliche Erwartung, ein glückliches Leben vor sich zu haben, hätte unterwandern können. In seinen Memoiren berichtete er: »Die veränderte Strategie der Kriegsführung an der Westfront war noch nicht bis nach Indien durchgedrungen. Drill und Ausbildung in der indischen Armee folgten noch immer dem seit 200 Jahren bestehenden Muster, mit Schwertkämpfen, Gefechten zu Pferde mit Lanzen, Schießübungen mit dem Revolver und dem Polospielen als Teil des Reitunterrichts.«
Diesen Gepflogenheiten ging man dort draußen bei Meerut mit größter Gewissenhaftigkeit nach. Der Alltag der angloindischen Armee verlief von den Entbehrungen, die in der Heimat erlitten werden mussten, völlig unberührt. Viermal pro Tag wurde die Montur gewechselt, zum Abendessen, das von einem Stab an Bediensteten, der die Anzahl der in Highclere beschäftigten Diener in den Schatten stellte, auf feinstem Silbergeschirr serviert wurde, erschien man in Galauniform.
Auch wenn Porchy es sich gut gehen ließ, war er wie sein ganzes Regiment enttäuscht, dass es trotz der schrecklichen Nachrichten aus Frankreich und von der Ostfront keine Anzeichen gab, einberufen zu werden und eine Aufgabe zugeteilt zu bekommen.
Porchy sollte den Zustand luxuriöser Ruhe noch bis in den späten Herbst hinein ertragen müssen, doch überall sonst herrschte Chaos. Die Seeschlacht wurde von deutscher Seite verschärft, da man davon ausging, dass durch die Beherrschung der Meere die
Weitere Kostenlose Bücher