Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
und von dort aus 800 Kilometer nach Bagdad zurücklegten.
Die Begeisterung der Truppen, endlich zu Kampfhandlungen einberufen worden zu sein, verflüchtigte sich schnell unter der sengenden Hitze. Schon als sie loszogen, erfuhren Porchy und seine Männer, dass 360 Soldaten an Hitzschlag gestorben waren. Auf die unerträgliche Hitze des Tages folgten eiskalte Nächte, und Ruhr, Malaria und Phlebotomusfieber grassierten.
Dennoch sollten sich die Annahmen des Alliierten Oberkommandos hinsichtlich der Effizienz der gut ausgebildeten berittenen Soldaten als richtig erweisen. Ein Trupp ritt in einen vom Euphrat weit entfernten Teil der Wüste hinaus, um die Flanke der osmanischen Armee anzugreifen, Porchy und seine Männer dagegen brachten sich in einem Hinterhalt an der Straße nach Aleppo in Stellung, um die türkischen Streitkräfte bei ihrem Rückzug unter Beschuss zu nehmen. Das Vorhaben verlief genau wie geplant, und die 50. Osmanische Division wurde besiegt. Doch selbst dieses verlustarme, erfolgreiche Gefecht – ein Jungenabenteuer im Vergleich zu dem Gemetzel in Frankreich und Belgien – barg Schrecken. In den Hügeln der Wüste stieß Porchy auf eine Höhle, in der ein ganzes arabisches Dorf Schutz vor den Kampfhandlungen gesucht hatte. Den Menschen war von der osmanischen Armee der Rückweg vollständig abgeschnitten worden, und Hunderte waren verhungert. Porchy dachte zunächst, dass alle tot wären, dass die Höhle mit ausgemergelten Leichen angefüllt wäre. Doch dann entdeckte er, dass einige der Menschen gerade noch am Leben waren. Das unbekümmerte angloindische Batallion, das noch vor zwei Monaten Polo gespielt hatte, war angesichts des Schicksals dieser Männer, Frauen und Kinder fassungslos. Als sie verzweifelt versuchten, den Dorfbewohnern Kondensmilch einzuflößen, konnten die ausgezehrten Körper der Araber die nahrhaften Stoffe nicht mehr aufnehmen. Die wenigen Überlebenden starben in den Armen der Soldaten.
Der Krieg brachte überall Elend hervor, es schien einen unendlichen Vorrat an Leid zu geben. Am Bryanston Square existierte jedoch eine Oase, in der das Unglück durch Kompetenz, Geduld und Behaglichkeit zumindest gelindert wurde. Der Kontrast zwischen dem, was die Männer erlebt hatten, und dem, was ihnen unter Alminas Pflege wiederfuhr, war fast surreal – so wie der unerträgliche Widerspruch zwischen verhungernden Dorfbewohnern und Kondensmilch.
Sidney Roberts wurde aus Frankreich mit einem zerschmetterten rechten Bein in Lady Carnarvons Krankenhaus gebracht. Der Sanitäter, der ihn zuwies, begründete seine Entscheidung damit, dass »man dort komplizierte Fälle liebte«. Sidney beschrieb in einem Dankesbrief, in dem er erzählte, an welche Dinge er sich vor allem erinnerte: Das seltsame Eintauchen in eine andere Welt und das luxuriöse, angenehme Leben in »48« waren perfekt. Da gab es das exzellente Frühstück, das im Bett eingenommen und von Alminas Butler serviert wurde, während der Butler sich nicht danach erkundigte, ob der Patient vielleicht Zeitung lesen wolle, sondern danach, welche Zeitung er zuerst lesen wolle. Wie viele andere Soldaten, die mit Almina kommunizierten, wurde Sidney offensichtlich durch die Scherze der irischen Krankenschwestern gut aufgeheitert. Auch Dr. Johnnie hinterließ Eindruck. Er war ohne Zweifel ein hervorragender Arzt, lernte jedoch nie, mit dem Röntgenapparat richtig umzugehen. Bei Sidneys erster Untersuchung betätigte er »auf experimentelle Art« mehrere Schalter, bevor er fröhlich sagte: »Also, wahrscheinlich fliegt gleich das ganze Krankenhaus in die Luft. Das macht Ihnen doch nichts aus, oder?« Glücklicherweise war Sidney Roberts geneigt, über das Wortspiel zu lachen – andere hätten es Dr. Johnnie vielleicht übel genommen.
Sidney wurde Weihnachten 1917 entlassen und konnte mit geschientem Bein in das Haus seiner Eltern in Worthing zurückkehren. Allerdings überlebten nicht alle von Alminas Patienten. Sid Baker traf etwa zur selben Zeit wie Sidney Roberts am Bryanston Square ein, doch Alminas fachkundige Pflege konnte ihn nicht retten. Sid hinterließ eine kleine Tochter und seine Frau Ruth, die Almina in einem Brief dafür dankte, nicht nur einen wundervollen Kranz entsandt zu haben, sondern persönlich bei der Beerdigung anwesend gewesen zu sein. Auch ihr Schreiben ist geprägt durch das bewegende Ringen, unendlicher Dankbarkeit und Anerkennung Ausdruck zu verleihen: »Ich finde keine Worte, um Ihnen für Ihre Güte
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