Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
irgendeine Richtung und, im Nachhinein betrachtet, der Auslöser für das Ende des Krieges. Der Vorstoß bedeutete aber auch das Ende der Führung durch Feldmarschall Haig. Haig unterstellte sich dem herausragenden französischen General Ferdinand Foch, der am 26. März Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte wurde.
Die Deutschen waren weiterhin auf dem Vormarsch. Am 13. April teilte Haig seinen Truppen mit, sie »stünden mit dem Rücken zur Wand«, und spornte sie an, »bis zum bitteren Ende zu kämpfen«. Alle hofften inständig, dass die US-Army unter General Pershing rechtzeitig eintreffen würde, um den Alliierten den so dringend benötigten Beistand zu leisten. In der Vierten Flandernschlacht fielen mindestens 110 000 deutsche Soldaten, die Verluste der Alliierten waren noch höher. Ende April wurde jedoch deutlich, dass die Deutschen ausgezehrt waren und Versorgungsprobleme hatten. Es stellte sich heraus, dass die Briten nach all den Jahren, in denen sie unter hohen Verlusten ihre Stellung verteidigt hatten, nur einen kleinen Flecken schlammigen Lands angetreten hatten. Am 29. April geriet der außerordentliche Vorstoß der Deutschen erneut ins Stocken. Es war allen bewusst, dass nun der Ausgang des Krieges in der Waagschale lag. Beide Parteien zogen ihre Truppen zusammen und sorgten für weitere Verstärkung. Dann initiierte General Ludendorff bei Aisne einen gewaltigen Schlag gegen die Franzosen, der diese völlig unerwartet traf. Die deutsche Armee erreichte die Marne und stand kurz vor Paris. Kaiser Wilhelm war begeistert – der Sieg schien greifbar. Doch sein Triumpf sollte nicht lange währen.
Die Schlacht von Château-Thierry am 18. Juli stellte das heftigste Gefecht innerhalb des gesamten Verlaufs des Krieges dar. Doch nun war endlich das amerikanische Expeditionskorps eingetroffen: Hunderte nicht traumatisierter, ausgeruhter Männer. Es war der Wendepunkt. Amerikanische MG-Truppen kämpften Seite an Seite mit französischen Kolonialtruppen aus dem Senegal und schlugen die Deutschen zurück. Endlich beherrschten die Alliierten das Kriegsgeschehen.
Im Sommer 1918 stellten sich eine Reihe strategischer Siege ein, doch nach wie vor starben Männer an der Front, und das Krankenhaus am Bryanston Square war bis zum Bersten gefüllt. Major Oliver Hopkinson von den Seaforth Highlanders wurde 1918 zum dritten Mal in Frankreich verwundet, und zu seiner Erleichterung waren seine Verletzungen diesmal so gravierend, dass er in die Heimat gebracht wurde. Er bat darum, wieder in Lady Carnarvons Krankenhaus eingeliefert zu werden. »Wenn Sie nur wüssten, welchen Unterschied es bei meinem letzten Aufbruch nach Frankreich für mich machte zu wissen, dass die Möglichkeit besteht, wieder in Ihre ganz besondere Obhut zu gelangen…«, schrieb er an Almina nach seiner letzten Entlassung aus ihrem Krankenhaus.
Almina freundete sich mit einigen der Männer, die sich mehrere Male in ihrem Krankenhaus aufhielten, an und lud sie ein, die Zeit bis zu ihrer vollständigen Genesung in Highclere Castle zu verbringen. Kenneth Harbord gehörte dem Royal Flying Corps an und hatte 1916 vier Wochen am Bryanston Square verbracht. Im Ersten Weltkrieg überlebten britische Piloten einen Abschuss nur mit großem Glück, da sie anders als ihre deutschen Gegner nicht mit Fallschirmen ausgestattet waren. Wenn sie getroffen wurden, hatten sie keine andere Alternative, als zu versuchen, ihr Flugzeug sicher zur Landung zu bringen. Viele von ihnen erlitten schreckliche Verbrennungen, da die Flugzeuge beim Absturz Feuer fingen und sie sich nicht herauskatapultieren konnten. Kenneth Harbord überlebte dieses grauenhafte Szenario nicht nur ein-, sondern zweimal. Nach seiner ersten Bruchlandung und seiner anschließenden Genesung hatte er darum gebeten, wieder im Kampf eingesetzt zu werden, doch dann wurde er erneut getroffen und kehrte Ende 1917 in Alminas Krankenhaus zurück. Erneut erholte er sich, und Almina, die von seiner Tapferkeit tief beeindruckt war, lud ihn ein, das Wochenende mit Lord Carnarvon in Highclere zu verbringen.
Natürlich beabsichtigte Almina damit, Kenneth Harbord etwas Gutes zu tun, doch sie sorgte sich auch um ihren Mann. Dieser hatte schlimme Monate verbracht und konnte ein wenig Aufmunterung in angenehmer Gesellschaft brauchen. Im Juni war sein Freund aus der Schulzeit, Victor Duleep Singh, in Monte Carlo an einem Herzinfarkt gestorben. Victor hatte sich sein Leben lang im Essen nicht zügeln können und war
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