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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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‹sonnengekocht› zutreffender war für das Aussehen der Massen menschlichen Fleisches.
    In einer Weise war es vergnüglich. Fast war es zum Sichfreuen. Aber irgendwie – mit all den Cocktails, all dem Aalen in lauem Wasser, den Sonnenbädern in heißem Sand unter heißer Sonne, dem Jazztanz, Bauch an Bauch mit irgendeinem Mann in warmer Nacht, der Abkühlung mit Eiskrems – irgendwie war es ein reines Narkotikum. Und das war es, was sie alle wollten: eine Droge. Das träge Wasser: eine Droge; die Sonne: eine Droge; der Jazz: eine Droge; Zigaretten, Cocktails, Eiskrems, Wermut – alles war eine Droge, ein Gift. Genuß! Genuß!
    Hilda fand es halb und halb ganz angenehm, unter dieser Droge zu stehen. Sie hatte Spaß daran, all diese Frauen zu betrachten und Vermutungen über sie anzustellen. Die Frauen waren ganz absorbiert von ihrem Interesse an anderen Frauen. Wie sieht sie aus? Was für einen Mann hat sie sich eingefangen? Was für Vergnügen schlägt sie daraus? – Die Männer glichen großen Hunden in weißen Flanellhosen und warteten darauf, daß man sie tätschelte, warteten darauf, sich zu suhlen, warteten darauf, beim Jazz ihren Bauch gegen den irgendeiner Frau zu pressen.
    Hilda hatte Spaß am Jazz, weil sie dabei ihren Bauch gegen den irgendeines sogenannten Mannes pressen und ihn ihre Bewegungen vom Eingeweidezentrum aus übers Parkett steuern lassen konnte, und dann ließ sie die «Kreatur» einfach stehen und ignorierte sie. Der Mann war nur benutzt worden. Die arme Connie war recht unglücklich. Sie wollte keine Jazzmusik, einfach, weil sie ihren Bauch nicht gegen den irgendeiner «Kreatur» pressen konnte. Sie haßte das Massenkonglomerat halbnackten Fleisches am Lido – kaum gab es genügend Wasser, sie alle zu benetzen. Sir Alexander und Lady Cooper mochte sie nicht. Sie wollte nicht, daß Michaelis oder sonst irgend jemand ihr nachliefe.
    Am glücklichsten war sie, wenn sie Hilda dazu überreden konnte, mit ihr hinüberzurudern zur Lagune, weit weg zu einer einsamen Sandbank, wo sie ganz ungestört baden konnten, während die Gondel auf der Landseite des Riffs blieb.
    Giovanni nahm sich dann einen anderen Gondoliere zu Hilfe, weil es ein langer Weg war und er schrecklich schwitzte in der Sonne. Giovanni war sehr nett: herzlich, wie die Italiener sind, und ganz leidenschaftslos. Die Italiener sind nicht leidenschaftlich – Leidenschaft hat tiefe Reserven. Sie sind leicht bewegt und oftmals herzlich, doch sie sind selten von einer ausdauernden Leidenschaft besessen, ganz gleich, welcher Art.
    So war Giovanni seinen Damen also bereits ergeben, wie er in der Vergangenheit schon ganzen Gondelfrachten von Damen ergeben gewesen war. Er war jederzeit bereit, sich ihnen anzutragen, wenn sie ihn wollten: im geheimen hoffte er, sie möchten ihn doch wollen. Sie würden ihm ein ansehnliches Geschenk machen, und das käme ihm sehr gelegen, denn er stand im Begriff, sich zu verheiraten. Er erzählte ihnen von seinen Eheabsichten, und sie zeigten angemessenes Interesse.
    Er dachte, dieser Ausflug zu irgendeiner einsamen Sandbank verheiße zweifellos ein Geschäft – ein Geschäft, bei dem es um amore ging, um Liebe. So besorgte er sich einen Kollegen zur Hilfe, denn der Weg war lang; und schließlich handelte es sich um zwei Damen. Zwei Damen, zwei Goldfische! Gute Arithmetik! Schöne Damen noch dazu! Er war mit Recht stolz auf sie. Und wenn es auch die Signora war, die ihn bezahlte und ihm Befehle erteilte, hoffte er doch, daß die andere, die junge Mylady, ihn für amore erköre. Außerdem würde sie auch mehr Geld geben.
    Der Kollege, den er mitbrachte, hieß Daniele. Er war kein richtiger Gondoliere, und so hatte er nichts von einem Schmarotzer und Prostituierten an sich. Er war ein Sandola-Mann – eine Sandola ist ein großes Boot, das Obst und andere Ernteerträge von den Inseln hereinbringt.
    Daniele war schön, hochgewachsen und wohlgestaltet, er hatte einen lichten, runden Kopf, um den sich kurzes, anliegendes, blaßblondes Haar ringelte, und ein gutgeschnittenes Männergesicht, das ein wenig an einen Löwen erinnerte, und weit in die Ferne gerichtete blaue Augen. Er war nicht übertrieben herzlich, nicht geschwätzig und ausnehmerisch wie Giovanni. Er war schweigsam und ruderte mit einer Kraft und Mühelosigkeit, als sei er allein auf dem Wasser. Die Damen waren Damen, es lagen Welten zwischen ihm und ihnen. Er sah nicht einmal zu ihnen hin. Er schaute geradeaus.
    Er war ein richtiger Mann; ein

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