Lady Daphnes Verehrer
ihm nicht unbedingt zustanden.
Ich bringe ihn um, hatte er gesagt. Das war kein emotionaler Ausbruch eines erzürnten Mannes gewesen. Dafür hatte er es viel zu ruhig gesagt. Zu offen. Er hasste Latham, und nicht nur wegen dem, was er Margaret oder ihr angetan hatte. Es war, als betrachtete ein gefallener Engel einen anderen und erkannte aufgrund seiner eigenen Sünden die Schlechtigkeit, aus der das Böse entsteht.
Nachdem sie sich etwas beruhigt und wieder zu sich gefunden hatte, trat sie zum Waschtisch. Sie zog sich aus bis aufs Hemd und goss warmes Wasser in die Schüssel. Trotz aller ihren Überlegungen hatten sich bestimmte Empfindungen in ihrem Inneren nicht gelegt.
Es handelte sich nicht um Angst oder Unschlüssigkeit. Ihr Herz war vielmehr erfüllt von Dankbarkeit und Erleichterung und einem Gefühl, das so durchdringend war, dass sie es nicht benennen konnte. Und ein wenig Bedauern verspürte sie auch.
Sie trocknete sich ab und schaute in den Spiegel. Sollte sie die Tür öffnen? Es wäre ein Ende und zugleich ein Anfang. Es wäre der erste Schritt zum »Danach«. Ein Danach würde es selbstverständlich geben. Nicht nur, weil er Castleford, der Mann, und Castleford, der Herzog, war. Sondern auch, weil Mrs Joyes ihm an diesem Tag sehr viel anvertraut hatte. Viel, jedoch nicht alles.
Ihre Hände zitterten etwas, als sie ihre durchgebürsteten Haare im Nacken zusammenband. Sie schaute an dem schlichten Kleid hinunter, das sie angezogen hatte. Nervosität hatte in der vergangenen Viertelstunde von ihr Besitz ergriffen, nachdem sie ihre Entscheidung getroffen hatte.
Schwache Geräusche waren durch die Wand zu hören gewesen, aber nun war alles still. Was für ein Witz, wenn er eingeschlafen wäre! Oder sich unten im Schankraum so betrunken hätte, dass sie ihre Entscheidung zurücknehmen würde, sobald sie ihn sah.
Die Entscheidung war ihr überraschend leicht gefallen, nachdem sie sich einmal eingestanden hatte, was sie bedeutete. Wenn sie schon leiden musste – und nach dem Zustand ihres Herzens zu urteilen würde sie schrecklich leiden –, so wollte sie das Jetzt wenigstens genießen, solange sie konnte. Für Castleford waren solche Dinge ganz einfach; er war eben ein Mann. Wenn Sie mich wollen, hatte er gesagt. Doch genau diese einfache Frage war es diesmal gewesen, die sie zu ihrem Entschluss bewogen hatte.
In der Hoffnung, dass sie souveräner wirkte als sie sich fühlte und man ihr nicht ansah, wie sehr sie innerlich bebte, verließ sie ihr Zimmer und ging zu seiner Tür. Die Klinke ließ sich geräuschlos hinunterdrücken. Sie öffnete die Tür ein kleines Stück und schlüpfte hinein.
Das Zimmer sah ganz ähnlich aus wie ihres, war jedoch in den blassgoldenen Lichtschein mehrerer Lampen getaucht. Eine stand auf dem kleinen Schreibtisch neben der Tür, eine andere auf dem Tisch am Fenster und die dritte am Bett.
Als sie die Tür geschlossen und ein paar Schritte in den Raum gemacht hatte, sah sie ihn in diesem Bett sitzen. Oberhalb der Decke, die ihn bis zum Bauch verhüllte, war er nackt und unter der Decke zweifelsohne auch.
Nun war er wieder ganz Castleford. In seinen Augen war nichts mehr von der Freundlichkeit und dem Mitgefühl zu sehen, die er am Nachmittag gezeigt hatte. Es lag erneut dieses teuflische Funkeln in ihnen, und sein Blick war der eines Herzogs, der endlich seinen Willen bekommen würde.
»Treten Sie näher«, sagte er. »Verlieren Sie jetzt nicht den Mut.«
Sie ging auf das Bett zu und blieb am Fußende stehen. »Schlafen Sie immer nackt oder waren Sie sich meiner so sicher?«
»Ich schlafe immer so und ich war mir Ihrer nur fast sicher. Ich habe darauf gehofft, dass Sie zu dem Schluss gelangen, wie töricht es wäre zu verzichten, wo es keinen guten Grund dafür gibt. Und dass sie nicht dumm sind, wusste ich von Anfang an.«
Und er war es ebenso wenig. Er hatte erkannt, dass sie sich ihm entzogen hatte, damit er nicht in ihrer Vergangenheit herumschnüffelte.
Es war beunruhigend gewesen, von einem Mann umworben zu werden, der ihr über weite Teile des Rennens voraus gewesen zu sein schien.
»Sie sollten das Kleid ausziehen, wenn Sie nicht wollen, dass es ruiniert wird.«
Das sollte sie wohl. Es war nicht so, als hätte sie sich ihm noch nie nackt gezeigt. Trotzdem fiel es ihr schwerer als sie gedacht hatte, das Kleid zu öffnen und fallen zu lassen. Da sie nichts darunter trug, war sie nun ebenso nackt wie er – nur dass ihr die schützende Decke fehlte.
Als
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