Lady Daphnes Verehrer
jemals zuvor, weil er ihr so lange entgegengefiebert hatte.
Das war die dritte Lektion in dieser Nacht: Nachdem er ihr so lange nachgejagt war und sie endlich bekommen hatte, schien Castleford sich nichts mehr versagen zu wollen.
Doch er fand nur Erlösung, indem er sie nahm, und so drehte sich diesmal ihr ganzes Empfinden um ihn. Sie fühlte sich verletzlicher in seiner Nähe als je zuvor, jedoch nicht in körperlicher Hinsicht. Es war vielmehr so, dass sich ihre Lust mit anderen Gefühlen mischte und sie nicht verhindern konnte, dass sie sich die ganze Zeit des Mannes bewusst war, der sie beherrschte und sie sich zu Willen machte.
Irgendwann am frühen Morgen schlief er ein. Daphne lauschte seinen Atemzügen, und als sie sich sicher war, dass er nichts mehr wahrnahm, löste sie sich vorsichtig aus seinem Arm und rutschte von ihm weg.
Er sah sehr gut aus, wie er dort schlief. Sogar wenn er so entspannt dalag, wirkten seine Brust und seine Schultern breit und imposant. Bei geschlossenen Augen sahen seine Wimpern sehr lang und dicht aus. Sie nahm an, dass er es wusste. Er wusste wahrscheinlich über alles Bescheid, was ihn für Frauen wie sie anziehend machte; für Frauen, die es besser wissen sollten, als sich von seiner Zuwendung blenden zu lassen.
Vermutlich pflasterten schon eine ganze Reihe gebrochene Herzen seinen Lebensweg. Sie musste sich eingestehen, dass wahrscheinlich bald ein weiteres dazukommen würde. Es blieb ihr wohl nicht erspart. Vielleicht war er bei aller Umsicht einfach davon ausgegangen, dass sie es verstand, ihr Herz zu schützen, da sie – wie er immer sagte – nicht dumm war.
Während sie ihn betrachtete, kam ihr das merkwürdige Gespräch, das sie zuvor geführt hatten, wieder in den Sinn. Eine Ehe mit ihm musste die Hölle sein, zumindest wenn einer Frau wirklich etwas an ihm lag. Außerdem konnte sie zusätzliche Schwierigkeiten wirklich nicht gebrauchen. Käme Castleford den Verpflichtungen nach, die er wegen seiner etwas verzerrten Sicht der Dinge ihr gegenüber zu haben glaubte, hätte es verheerende Folgen für ihrer beider Leben.
Und abgesehen von dem Chaos, dem ihre eigenen Pläne zum Opfer fallen würden – schon der Gedanke beunruhigte sie so sehr, dass sie sich eine Katastrophe nach der anderen ausmalte –, war er unverbesserlich. Und er hatte auch noch seine Freude daran.
Würde sie ihn heiraten, wäre sie zwar Herzogin, aber ihr Herzog wäre immer noch
Castleford
. Sie wäre nicht mit dem Castleford verheiratet, der er in den letzten Tagen gewesen war oder an Dienstagen war, sondern mit dem, dessen Benehmen lange Zeit so schandhaft gewesen war, dass es nicht einmal mehr Skandale auslöste.
Sie tippte ihm auf die Nase, um sich zu vergewissern, dass er tief und fest schlief. Er rührte sich nicht, also schlüpfte sie aus dem Bett und ging zum Garderobenschrank. Dabei malte sie sich aus, wie es wäre, als seine Ehefrau eines Morgens sein Gemach zu betreten, in dem es von nackten Huren wimmelte, die darauf warteten, an die Reihe zu kommen. Gerüchten zufolge sollte er es sogar mit mehreren gleichzeitig treiben.
Was für ein Anblick wäre das: ihr Mann in diesem großen Bett, nackt, zweifellos betrunken, mit zwei anderen Frauen. Alle Diamanten der Welt wären keine Entschädigung für eine solche Beleidigung. Oder für den Schmerz.
Sterne blitzten auf, als sie am Spiegel neben der Waschschüssel vorbeikam. Sie blieb stehen und betrachtete sich. Wie die Diamantkette auf ihrer blassen Haut glänzte, gab ihrem Körper einen erotischen Anstrich. So sah sie viel aufregender aus als sie eigentlich war. Die Frau im Spiegel war ein verführerisches Luder, das nichts von der seriösen, Respekt einflößenden Mrs Joyes von The Rarest Blooms hatte.
Sie öffnete die Tür des Garderobenschranks. Als sie quietschte, verzog sie das Gesicht und erstarrte. Dann drehte sie sich zu Castleford um, aber er war zum Glück nicht wach geworden.
Sein Gehrock hing an einem Haken. Sie kramte in den Taschen, bis sie fand, wonach sie suchte, und zog die kleinen zerknitterten Landkarten heraus. Nachdem sie noch einmal zu Castleford hinübergeschaut hatte, ging sie mit ihnen zu der Lampe auf dem Schreibtisch, die als einzige noch brannte. Sie strich die Karten glatt und legte die zur Seite, auf denen der Weg nach Cumberworth und Failsworth eingezeichnet war.
Dann beugte sie sich über die beiden anderen, um sie sich genauestens einzuprägen.
21
»Sie werden als mein Gast in meinem Haus
Weitere Kostenlose Bücher