Lady Daphnes Verehrer
… Nun ja, er soll einen ganz anderen Tagesablauf haben als die meisten Leute.«
»Wir haben uns kürzlich erst kennengelernt.«
»Du musst ihn beeindruckt haben. Er plant eine Dinnerparty – und nur deinetwegen.«
Eine interessante Neuigkeit.
»Celia erwähnte es in ihrer Nachricht. Wir sollen alle eingeladen werden. Die Party wird wahrscheinlich in etwa zwei Wochen stattfinden.«
»Wie nett von ihm.«
»Ja, er hat auch eine nette Seite, aber die kommt nur selten zum Vorschein. Normalerweise ist jeder seiner Gedanken von Selbstsucht geprägt, und wenn er einmal etwas für andere tut, dann mischt er sich gleich über Gebühr ein. Trotzdem mag ich ihn – vielleicht weil er, als er sich in mein Leben eingemischt hat, einen seiner seltenen freundlichen Momente hatte. Dennoch: Wehe dem, der seine Neugier weckt! Das sagt Hawkeswell immer.« Verity imitierte die sonore Stimme ihres Mannes, dann fing sie an zu kichern.
Daphne wünschte, sie könnte es so amüsant finden wie ihre Freundin. Castleford hatte in der Tat die Angewohnheit, in regelmäßigen Abständen aus seinen Rauschzuständen aufzutauchen, um sich irgendwo einzumischen, in der Regel mit großem Erfolg. Verity hatte er beispielsweise darin unterstützt, dass die feine Gesellschaft sie akzeptierte, als sie am Arm ihres Earls in ihrer Mitte auftauchte. Die Besprechung, zu der sich Castleford am Morgen mit Celias Mann Jonathan getroffen hatte, war die Folge einer weiteren Einmischung seinerseits in eine Sache, die ihn überhaupt nichts anging.
Unglücklicherweise schien er seine große Begabung in diesem Sommer auf ein Kuriosum namens Daphne Joyes verwenden zu wollen. Wehe ihr!
»Ich frage mich, ob Audrianna und Lord Sebastian zu diesem Dinner in die Stadt zurückkehren werden«, sagte Verity.
»Ich werde ihr schreiben und ihr raten, die Reise nicht zu unternehmen. Womöglich werde ich selbst gar nicht anwesend sein. Ich habe nicht vor, sehr lange hier in London herumzubummeln.«
»Dann ergäbe die Party doch überhaupt keinen Sinn! Castleford muss sich geirrt haben, was die Länge deines Aufenthalts in der Stadt angeht«, beharrte Verity.
Wohl kaum.
»Nun, wir sollten aber unbedingt alle etwas zusammen unternehmen, solange du hier bist«, fuhr Verity fort. »Ich werde darüber nachdenken und mich mit Celia beraten. In der Stadt ist es zwar den Sommer über ruhig, aber wir sollten trotzdem etwas finden, das wir gemeinsam tun können. Ein Picknick vielleicht. Aber das wird Castleford wahrscheinlich langweilig finden.«
»Wir müssen ihn ja nicht dazu einladen, oder?«
Verity zuckte mit den Schultern und setzte ihre Haube wieder auf. »Ich muss gehen. Wenn es dir hier zu einsam ist, kannst du auch bei uns wohnen. Du bist herzlich willkommen. Ich verstehe nicht, warum du nicht geschrieben und mich gefragt hast. Du störst doch nicht, Daphne. Ich weiß, dass du anfangs nicht gut mit Hawkeswell ausgekommen bist, aber inzwischen hat er dich lieb gewonnen. Er hat erst vor zwei Tagen nach dir gefragt.«
Daphne begleitete sie hinaus. Sie wünschte, sie könnte glauben, dass Hawkeswell nichts gegen einen Hausgast einzuwenden hatte, aber dass sie nicht gut miteinander ausgekommen waren, war noch höflich ausgedrückt. Sie wollte gern glauben, dass Castleford dem Rechnung getragen hatte, als er ihren Aufenthalt arrangiert hatte.
Gleichwohl vermutete sie, dass sie hauptsächlich deshalb nicht bei Verity zu Gast war, weil Castleford es nicht wollte.
Castleford ließ seine Kutsche im Park anhalten. Er stieg aus und ging zum Ausgang und von dort die Park Lane entlang.
Er übte sich nicht nur Mrs Joyes zuliebe in Diskretion. Das Gerede über ihn war ihm egal, solange es um das Übliche ging, aber er wollte nicht, dass publik wurde, dass er sich um eine Frau bemühte. Die Klatschmäuler würden zu viel darauf geben, weil allgemein bekannt war, dass er sonst nie solche Anstrengungen unternahm.
Weil er es nicht musste. Normalerweise musste er nur sein Interesse bekunden und ein paar Geschenke machen – und kurz darauf bestand für ihn die größte Herausforderung darin, sich die Affäre vom Hals zu schaffen, wenn er ihrer überdrüssig wurde. Am Ende konnten die Dinge so kompliziert werden, dass er kaum noch Lust hatte, überhaupt ein Verhältnis anzufangen. Das Leben war viel einfacher für ihn, wenn er sich auf Huren beschränkte.
Und trotzdem machte er nun einer Frau mitten am Tag seine Aufwartung. Er konnte sich nicht erinnern, wann er so etwas zum
Weitere Kostenlose Bücher