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Lady Ghoul

Lady Ghoul

Titel: Lady Ghoul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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haben, daß sie es sein würde, die als erste in diese teuflische Falle geriet.
    Sie hatte die ersten Schritte hinter sich gebracht und begann zu rennen. Es war mehr ein Stolpern. Steine lagen im Weg. Sie schaute zurück und sah die Frauen wie eine Mauer aus Menschenleibern oben am Rand der Schüssel stehen.
    Noch war die Zeit nicht um, noch genossen sie, ohne zu schießen. Karen besaß keine Uhr. Sie konnte sich nur nach ihrem Gefühl richten. Und das sagte ihr auch, daß sie so schnell wie möglich ein Versteck finden mußte. So wäre es eigentlich normal gewesen, aber das junge Mädchen hatte etwas anderes vor.
    Ohne daß ein Schuß gefallen wäre, war es ihr gelungen, die Senke zu durchqueren. Das Gelände fiel weiterhin etwas ab, bis es dort aufhörte, wo der Strand begann und die Wellen allmählich an den schwarz wirkenden Felsen ausliefen. Da wollte sie hin.
    Für die anderen war Karen eine lebende Tote. Sie würde ihnen nicht entwischen können, aber es gibt bei jedem Menschen einen Punkt, wo die Angst besiegt wird und er sich überlegt, wie er aus einer gefährlichen Lage entkommen könnte.
    Karen machte da keine Ausnahme.
    Wenn die anderen dachten, sie würde vor Angst und Furcht vergehen, sollten sie das ruhig. Das war ihr egal. Sie aber hatte längst einen Plan gefaßt.
    Die beiden Männer waren sicherlich nicht mit dem Ruderboot zur Insel gekommen. Um das Meer zu überqueren, brauchte man ein seetüchtiges Boot. Es mußte irgendwo am Strand ankern, vielleicht sogar dort, wo das schwarzgestrichene Schiff der Frauen lag, das nur von Agatha gesteuert werden konnte.
    Also lief sie dorthin.
    Karen schaute sich öfter um. Es konnte sein, daß Agatha die gleichen Gedanken hatte wie sie und ihr die Verfolger auf den Flals schickte, aber es war nicht der Fall.
    Im schwachen Licht des Mondes, der den aufgewirbelten Staub hell schimmern ließ, zeichneten sich keine Gestalten ab. Karen hatte freie Bahn.
    Und sie erreichte den Ort, wo die Insel einen schmalen Sandstrand besaß und das schwarz angestrichene Schiff praktisch mit den dunklen Felsen verschmolz.
    Über ihre Lippen glitt seit einiger Zeit wieder ein frohes Lächeln, als sie auch das zweite, viel kleinere Boot erkannte, das vor einigen Stunden noch nicht an den Pollern festgetäut gewesen war. Jetzt brauchte sie viel Glück. Sie wollte eigentlich nicht daran glauben, als sie durch das schaumige, gurgelnde, auslaufende Wasser watete, um ihr Ziel zu erreichen.
    Vor der Bordwand stoppte sie, reckte die Arme und umklammerte die Reling. Mit einem Ruck zog sie sich hoch, schwang sich an Bord und schaute noch einmal gegen den Strand und auf das Gelände dahinter. Keine Verfolger.
    Sollte sie tatsächlich Glück haben?
    Dennoch vorsichtig und geduckt huschte sie dem Ruderhaus entgegen und ließ die Blicke über das Armaturenbrett gleiten. Steckte der Schlüssel?
    Nein, die Männer hatten ihn mitgenommen. Sie würde es nicht schaffen, das Boot zu starten.
    Die Enttäuschung war groß, obwohl Karen damit hatte rechnen müssen. In den Knien spürte sie das weiche Gefühl und setzte sich zum Ausruhen auf eine schmale Bank.
    Da blieb sie hocken, schüttelte den Kopf, preßte ihr Gesicht gegen die Handflächen und dachte daran, daß ihre Chancen noch mehr gesunken waren.
    Sie wußte außerdem, was Agatha und vor allen Dingen Celeste mit den beiden Männern vorhatte, und Karen hätte ihnen für ihr Leben gern geholfen und den teuflischen Plan vereitelt.
    Sie — eine schwache Frau.
    Schwach körperlich gemeint, aber auch psychisch. Sie war einfach fertiggemacht worden und mußte diese Tatsache überwinden. Deshalb fiel es ihr schwer, logisch zu überlegen.
    Minuten verrannen.
    Bis Karen plötzlich zusammenzuckte, als hätte sie einen Schlag bekommen. So ähnlich war es auch, nur hatte dieser Schlag sie nicht irgendwo am Körper getroffen, er war in ihrem Innern aufgezuckt und formte sich zu einer Idee.
    Meine Güte, daran hätte sie auch früher denken können. Es gab eine Chance, wenn auch nur eine winzig kleine.
    Wer immer auf einer Insel lebte, der benötigte ein Boot, um wegzukommen. Da war einmal das große Schiff, aber damit konnte man sich nicht in den ufernahen Gewässern bewegen. Dafür brauchte man etwas anderes. Ein normales, ein kleines Boot.
    Und das existierte tatsächlich.
    Es gehörte zu den Statuten, die sich die Schwestern gegeben hatten, keine Geheimnisse voreinander zu haben. Jede wußte über die andere Bescheid, und jede wußte auch, wo bestimmte

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