Lady Helenes skandaloeser Plan
versteckt. Die
neue
Helene hatte freche, verführerische Augen. Der neuen Helene war es vollkommen gleichgültig, dass ihr Mann Frauen vorzog, die Euter anstelle von Brüsten besaßen. Zufrieden spazierte sie durchs Zimmer, und die köstliche Empfindung von Seide auf der Haut gab ihr das Gefühl zu tanzen. Beim Gehen schmiegte sich die Seide zwischen ihre Beine, um dann wieder aufzuflattern. Helene kam sich nackter vor als im Badezuber.
Nun musste sie nur noch in diesem Kleid und mit dem festen Entschluss, ein Kind zu bekommen, auf den Ball gehen … und der Dinge harren, die da kommen würden. Denn Esme hatte versprochen – oder vielmehr hoch und heilig geschworen –, dass allein das Kleid dafür sorgen würde, dass Helene aus einer ganzen Schar von Verehrern einen Vater für ihr Kind wählen konnte. Und ganz allmählich begann Helene ihr zu glauben. Sie fasste Mut. So, wie sie jetzt aussah, konnte sie gefallen.
»Möchten Sie heute Abend die Diamanten tragen?«, erkundigte sich Saunders.
»Ich denke, zu dem Kleid passen die Rubine am besten.« Helene trug das Rubinset nie, weil es ihrer verstorbenen Schwiegermutter gehört hatte, und sie selbst sich nie so recht wie eine Lady Godwin gefühlt hatte … aber die Farbe würde hervorragend zu dem Kleid passen. Die Edelsteine schmiegten sich an ihren Hals und leuchteten blutrot. Saunders befestigte die schweren Ohrringe. Als die Zofe den Armreif um ihr Handgelenk legte, hätte Helene fast über ihre erstaunliche Erscheinung gelacht. War sie das wirklich – diese strahlende, schöne Frau?
Es klopfte, und Esme stürzte ins Zimmer. »Hallo, Darling! Ich bin nur gekommen, um …« Sie brach ab.
Esmes überraschtes Schweigen war für Helene außerordentlich befriedigend. Und nun rief sie: »Du kommst meinem Sebastian nicht zu nahe! Du bleibst ihm
mindestens
zwei Schritte vom Leibe!«
Helene zog einen Schmollmund. Es war wirklich das Schönste auf der Welt, mit kirschroten Lippen eine Schnute zu ziehen. »Aber Sebastian muss mindestens ein Mal mit mir tanzen! Immerhin gehen wir zusammen auf den Ball, und er ist doch so ein schöner Mann!«
Esme lachte schon wieder. »Besser nicht, Mädchen. Ich lasse ihn ganz bestimmt nicht in deine Nähe. Aber hier«, sie entnahm ihrer Handtasche eine Liste, »sind ein paar Männer, mit denen du tanzen
darfst
.«
Helene bedeutete Saunders, sie allein zu lassen. Sie wollte vermeiden, dass sich die gesamte Dienerschaft an dem Inhalt von Esmes Liste ergötzte oder den Grund für ihre Existenz herausfand.
Esme hatte sich mittlerweile in einen Stuhl geworfen und streifte ihre Schuhe ab. »Furchtbar«, maulte sie und ließ ihren schlanken Fuß kreisen. »Diese Schuhe sind atemberaubend schön, drücken aber bereits nach einer Stunde. Ich werde barfuß tanzen müssen und damit Sebastians Sinn für Schicklichkeit verletzen.«
»Ich dachte, dein Mann wäre geläutert und nicht mehr so auf Sittsamkeit erpicht«, sagte Helene ein wenig zerstreut, während sie die Liste studierte. »Bist du noch bei Trost?«, rief sie dann aus. »Was hast du dir dabei gedacht, Lord Guilpin auf die Liste zu setzen?! Der Mann ist doch offenkundig auf der Suche nach einer Ehefrau. Letzte Woche erst habe ich ihn bei Almack’s gesehen. Mit einer alten Ehefrau will er sich ganz bestimmt nicht abgeben!«
»Du bist keine alte Ehefrau«, widersprach Esme. »Du wirst bald die begehrenswerteste Frau von ganz London sein. Außerdem gefällt mir Guilpin. Seine grauen Augen sind doch sehr gewinnend, findest du nicht?«
»Ich habe an seine Augen bislang keinen Gedanken verschwendet.«
»Nun, dann musst du es jetzt«, betonte Esme. »Ich bin der festen Überzeugung, dass Guilpin es aufgegeben hat, nach einer Braut zu suchen. Wir befinden uns bereits mitten in der Saison, und er hat alle infrage kommenden Mädchen begutachtet. Und wichtiger noch, er scharwenzelt um keine von ihnen herum, was bedeutete, dass er stattdessen um dich scharwenzeln wird. Die drei Männer, die ich dir aufgeschrieben habe, sind verderbt genug, dass sie dich ohne Federlesen vom Ballsaal in ein anderes Zimmer locken und ihrer Natur freien Lauf lassen werden. Und jeder von ihnen ist intelligent und einigermaßen gut aussehend. So ist sichergestellt, dass du weder ein buckliges noch ein schwachsinniges Kind bekommen wirst.«
»Das Aussehen ist mir eigentlich egal«, meinte Helene. »Wichtiger ist, dass der betreffende Mann etwas von Musik versteht. Stell dir nur vor, wie schlimm es wäre, ein
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