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Lady Helenes skandaloeser Plan

Lady Helenes skandaloeser Plan

Titel: Lady Helenes skandaloeser Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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er sich, wenn sie nicht so jung gewesen wäre. Man konnte doch nicht auf eine unschuldige Waise böse sein. Oder doch?
    »Was möchtest du heute unternehmen?«, wiederholte er, diesmal lauter. Sie erklommen die Treppe. Meggin tat nicht einmal so, als ob sie ihn hörte. Sie streichelte das glatte Holz des Handlaufs, als wäre es ein Kätzchen. Was sie offensichtlich brauchte, war eine weibliche Hand.
    Er blieb stehen. »Warte hier«, sagte er zu dem Kind und machte kehrt. Meggin war außerordentlich folgsam. Sie setzte sich auf die Treppe und begann, die Streben des Handlaufs zu streicheln.
    Ärgerlich stapfte Tom wieder nach unten. Seit zwei Jahren hatte er diesen Besuch bei seinem Bruder geplant. Er hatte in Rees’ Haus eintreffen wollen und … und dann was? Was wollte er? Mit Rees sprechen. Ihm sagen, dass er ihn vermisste? Der Hohn ihres Vaters gellte ihm noch in den Ohren. Rees dürfte es nicht anders ergehen. Wie konnte er Rees verständlich machen, dass ihm sein großer Bruder fehlte, dass ihm ihre Gespräche fehlten, dass er wünschte, sie könnten Freunde sein? Rees’ einziger Freund war wohl Simon Darby, und zwar seit jenen lang vergangenen Tagen, als Rees immer wieder aus dem Elternhaus geflohen war und sich tagelang bei den Darbys verkrochen hatte.
    Tom seufzte. »Leke!«, rief er dann.
    »Hier bin ich, Sir.« Der Butler kam durch die grüne Tür, ein Trockentuch in den Händen. »Ich wollte eben zur Arbeitsvermittlung, Sir. Ich meine, wir könnten ein paar Dienstmädchen gebrauchen.«
    »Zweifellos«, erwiderte Tom mit leiser Ironie. Die Winkel in seinem Zimmer hingen voller Spinnweben.
    »Hätte ich vorher von Ihrer Ankunft erfahren, Sir«, tönte Leke majestätisch, »dann hätte ich ein Zimmer für Sie vorbereiten lassen.«
    »Lassen wir das jetzt. Wo steckt denn Ihre Nichte? Die einzige Magd im Hause? Ich brauche eine Frau, die sich mit dem Kind befasst.«
    »Ich fürchte, sie hat uns im Stich gelassen«, gestand Leke. »Sie ist heute Morgen fortgelaufen, zu ihrer Mutter. Meine Schwester wird ihr gewiss ein paar Backpfeifen geben und sie zurückschicken, doch bis dahin ist unsere Köchin die einzige Frau im Haus. Und die wird sich schwerlich um ein Kind kümmern. Nimmt ihre Stellung sehr wichtig. Immerhin hat sie früher für den Prinzen von Wales gekocht. Seine Lordschaft zahlt ihr ein Jahresgehalt von hundert Guineen, nur damit sie bleibt.«
    »Meine Güte«, murmelte Tom. Einhundert Guineen entsprachen fast seinem Pastorengehalt und waren mehr, als die meisten seiner Pfarrkinder zusammen verdienten.
    Er stieg wieder die Treppe empor. Die Köchin war nicht die einzige Frau im Haus. Auch Lina war eine Frau. Nur ein Blinder würde das nicht bemerken. Auf halber Treppe stieß er wieder auf Meggin, die sich wortlos erhob und hinter ihm hertrottete wie ein neugieriges Kätzchen. Am Kopf der Treppe wandte er sich nach links und steuerte das ehemalige Schlafzimmer seiner Mutter an.
    Die Tür wurde nach dem ersten Klopfen geöffnet. »Aber hallo, Reverend«, grüßte Lina und lächelte so verschlagen wie die selbstgewisse Hure Babylon, die einen Bischof willkommen heißt.
    Tom spürte dieses Lächeln bis in den Schritt. Kein Wunder, dass sein Bruder seine Frau hinausgeworfen und Lina in dem Schlafzimmer neben seinem einquartiert hatte. Mochte Gott ihm beistehen, aber er hätte vermutlich das Gleiche getan. Er ermahnte sich. Sie war ein gefallenes Weib, dessen man sich erbarmen sollte, statt es zu begehren wie ein Rohling.
    Lina trug heute ein enges grünes Samtkleid, das vorn mit einer Knopfleiste geschlossen wurde, die Tom am liebsten angefasst hätte. Dazu trug sie ein passendes grünes Samthütchen auf den glänzenden braunen Locken. Alles in allem sah sie wie eine vorwitzige Waldelfe aus.
    »Gefällt Ihnen mein Straßenkostüm?«, fragte sie, da er schwieg.
    »Es ist reizend«, stieß Tom verlegen hervor. Meggin war vorsichtig näher getreten und streckte einen schmutzigen Finger nach dem flauschigen weißen Besatz von Linas Jäckchen aus. »Ich wollte Sie um Ihre Hilfe bitten.«
    Lina zog eine Braue hoch. »Dann sollten Sie lieber hereinkommen. Diese Schuhe tun nämlich höllisch weh, und aufrecht zu stehen ist gegen meine weibliche Natur.«
    Tom folgte ihr ins Zimmer, während er den Sinn ihrer Worte zu ergründen suchte. Warum konnte sie nicht stehen? Oder war das ein Witz über einen
stehenden
Mann gewesen? Oder vielmehr über gewisse
Teile
eines Mannes? Das konnte doch wohl nicht sein. Er musste

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