Lady Helenes skandaloeser Plan
keine Dirne im Haus«, log sie, wohl wissend, dass er ihr nicht glaubte. »Ich glaube aber, dass Sie die empfindsame Seite meines Charakters bislang überschätzt haben, Lord Mayne.«
»Es kommt mir vor, als verwandelten Sie sich vor meinen Augen«, sagte er darauf und musterte sie eingehend.
Helene zuckte die Achseln, obgleich sie wusste, dass ihre Brüste dabei aufreizend in Bewegung gerieten. »Ich bin die Gräfin von Godwin und möchte es auch bleiben. Ich helfe meinem Mann bei seiner Oper, weil er mich darum gebeten hat. Darüber hinaus hege ich keinerlei Gefühle für ihn.« Sie legte ihre Hand auf Maynes Knie. »Ich wäre wirklich erschüttert, wenn Sie sich zu einer unklugen Handlung veranlasst fühlten. Ich könnte niemals mit einem Mann intim sein, der meinem Ehemann Schmerz zugefügt hat.«
Helene war recht zufrieden mit sich. Für eine Frau, die sich noch vor einem Jahr keiner Raffinesse hätte rühmen können, hatte sie inzwischen einen feines Gespür für Dramatik entwickelt. Vielleicht sollte
sie
für die Hauptrolle in einer von Rees’ Opern vorsprechen.
Mayne schien offensichtlich nicht ganz zu begreifen, was vorging. Helene ließ ihre Hand einen Augenblick auf seinem Knie liegen, dann zog sie sie fort. »Ich werde nur einen Monat im Haus meines Mannes verbringen«, sagte sie heiter. »Danach werde ich selbstverständlich in die Gesellschaft zurückkehren. Verstehen Sie, Mylord, dass es von großem Vertrauen zeugt, wenn ich Ihnen dies erzähle?« Sie lehnte sich bequem auf der Sitzbank zurück, und tatsächlich schielte er sogleich auf ihren Busen.
»Ich bin ganz gewiss überaus diskret«, erwiderte er. »Aber, Helene …«
Helene fand jedoch, jetzt sei genug geredet worden. Eigentlich wollte sie nur noch in die Sicherheit von Rees’ chaotischem Musikzimmer flüchten und die ganze Unterhaltung vergessen, doch sie konnte Mayne wohl kaum aus der Kutsche werfen. Nicht, wenn er ihre Geschichte in ganz London verbreiten und ihrem Ruf unwiderruflich schaden oder – schlimmer noch – Rees etwas antun konnte.
»Garret«, sagte sie leise mahnend.
Mayne war kein Dummkopf. Wieder nahm er ihre Hand und drückte Küsse auf ihre Handfläche. Jetzt allerdings fand Helene sie eher irritierend.
»Ja, mein Liebling?«, fragte er.
»Ich muss Sie leider bitten, in fünf Minuten wieder in Ihre eigene Kutsche zu steigen«, sagte sie.
Das Feuer, das aus seinen Augen blitzte, machte sie nervös. Er sah aus, als wollte er sie verschlingen wie der Unhold im Märchen. »Ich habe noch nie eine Frau getroffen, die so erfrischende Ansichten über die Ehe hegt«, gestand er nahezu heiser. »Ich habe das Gefühl, bis zu diesem Augenblick gar nicht gelebt zu haben. Noch nie habe ich eine Frau kennengelernt, die so grundehrlich ist.«
Helene unterdrückte einen gereizten Seufzer und gestattete ihm, weitere leidenschaftliche Küsse auf ihre Hand zu drücken. Wie gut, dass Rees sich bereit erklärt hatte, die Aufgabe der Zeugung zu übernehmen, bevor sie sich tiefer mit Mayne eingelassen hatte! Seine Leidenschaft machte sie nur verlegen. Rees’ barsche Art sagte ihr mehr zu.
»Sie werden mich noch zum Wahnsinn treiben«, äußerte Mayne. »Ich hätte nie gedacht, dass eine Frau so ehrlich sein könnte. So … so aufrichtig.«
Trotz ihres schlechten Gewissens lächelte Helene ihn an. Warum gab sie sich nur mit diesem Unsinn ab? Zum Glück würde Mayne, wenn sie von Rees fortzog, sie längst vergessen haben. Denn er besaß die Aufmerksamkeitsspanne eines Schmetterlings, wie es allgemein hieß.
Jetzt war er mit seinen Küssen bereits an ihrem Handgelenk angelangt. Es ist wirklich merkwürdig, dachte Helene, wie wenig mir diese Küsse gefallen nach dem, was gestern mit Rees geschehen ist. Die bloße Erinnerung an die Geschehnisse auf der Wiese im Hyde Park ließ sie erröten. Plötzlich wurde Helene bewusst, dass Mayne seinen Platz verlassen und sich neben sie gesetzt hatte.
»Sie erröten wie ein junges Mädchen«, sagte er kehlig, »und dabei besitzen Sie die Intelligenz und Weisheit einer erfahrenen Frau. Ich habe nicht gewusst, dass es Frauen wie Sie gibt, Helene!«
Das liegt daran, dass solche Frauen nicht existieren, dachte sie. Jetzt konnte sie ihn doch guten Gewissens zu seiner Kutsche schicken?
»Sie hegen wirklich keinerlei Gefühle mehr für Ihren Mann?«, fragte er, während seine Lippen auf ihrer Wange ruhten.
»Nein«, erwiderte Helene, um einen gelassenen Ton bemüht.
»Du bist eine Frau ganz nach
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