Lady in Rot (German Edition)
sind uns nie begegnet.“
„Warum also sind Sie hier?“ Er sah sie durchdringend an. „Warum zögern Sie immer noch, mir Ihr Anliegen zu erklären, wo die meisten nichts Eiligeres zu tun gehabt hätten, damit ich sie nicht auf den Boulevard hinausbefördere?“, fragte er sanft. „Ich muss gestehen, ich bin fasziniert, Mademoiselle Cottingham, und das ist für einen Mann wie mich ein verführerisch seltenes Gefühl.“
Einen Mann wie mich. Er war die Arroganz in Person, besaß jedoch das Aussehen und das Charisma, es sich leisten zu können. Wie viel verzieh man ihm aufgrund seiner umwerfenden Wirkung?
Lauras Blick schweifte zu seiner Assistentin, die das Wortgefecht bislang stumm verfolgt hatte. Konzentrier dich auf deinen Job, ermahnte sie sich energisch und sagte laut: „Ich würde es vorziehen, Sie unter vier Augen zu sprechen.“
Xavier betrachtete sie aufhorchend. Bildete sie sich etwa ein, dass ihre Schönheit sie ermächtigte, Bedingungen zu stellen? Plötzlich kam ihm ein Gedanke. „Handelt es sich vielleicht um eine Vaterschaftsklage?“ Das wäre nicht der erste einer ganzen Reihe bislang erfolgloser Versuche. „Sind Sie im Interesse einer Freundin hier?“
„Aber nein, nichts dergleichen“, wehrte Laura erschrocken ab, wobei ihr bewusst wurde, dass Xavier de Maistre unwissentlich den Kern der Sache erkannt hatte. Nur nicht in dem Sinn, wie er dachte. „Ich halte es nur einfach für besser, wenn wir dieses Gespräch privat fortsetzen.“
Er sah sie so lange und prüfend an, als wollte er ihre Gedanken ergründen. Laura hatte das Gefühl, er würde ihr bis tief in die Seele blicken. „ Eh bien “, willigte er schließlich ein. „Gehen wir in mein Büro, Chérie. Doch ich hoffe für Sie, dass es die Sache wert ist, denn ich mag es gar nicht, wenn man meine Zeit vergeudet.“
Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und ging voraus. Mit Herzklopfen nahm Laura ihre Aktentasche und folgte ihm in sein Allerheiligstes.
„Schließen Sie die Tür“, sagte Xavier und beobachtete jede ihrer anmutigen Bewegungen, als sie sein Büro betrat. Hatte sie diesen engen Rock und die hochhackigen Schuhe gewählt, weil sie wusste, dass ihr sinnlicher Hüftschwung für jeden normalen Mann unwiderstehlich sein würde?
Laura machte die Tür hinter sich zu. Nun, da sie tatsächlich mit ihm allein war, wollte sie der Mut verlassen. Xavier hatte sie nicht gebeten, Platz zu nehmen, weshalb sie mitten in dem großen Raum stehen blieb, die Aktenmappe in der Hand – wie eine Reisende, die gerade ihren Zug verpasst hatte.
„Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich so prompt zu empfangen, Monsieur de Maistre“, erklärte sie höflich.
„Ich kann Ihnen versichern, dass nicht Freundlichkeit mein Beweggrund war, sondern Zweckmäßigkeit. Sie haben mir sozusagen einen Gefallen getan, Mademoiselle Cottingham, indem Sie mir einen bequemen Ausweg aus einer Situation lieferten, die mir ein wenig … lästig geworden war.“ Er zog herausfordernd die dunklen Brauen hoch, weil er ganz offenbar erwartete, dass sie neugierig nachfragen würde, wie es für Frauen typisch war – vor allem, wenn sie sich gegenseitig ausstechen konnten. Zu seiner Überraschung überging sie seine Bemerkung jedoch mit einem kühlen, fast frostigen Lächeln. Eine Reaktion, die er von einer Frau überhaupt nicht gewohnt war.
Laura wiederum wusste, dass es ihr nicht anstand, seine Arroganz zu kommentieren … oder gar, ihn zurechtzuweisen, weil er die Blondine so eiskalt abserviert hatte. Doch sie spürte plötzlich Mitgefühl mit der Frau. Es war sicher leicht, sein Herz an Xavier de Maistre zu verlieren … und schwer, es zu akzeptieren, wenn er einen zurückwies.
„Ich hätte selbstverständlich einen anderen Termin mit Ihnen vereinbart, wenn es Ihnen heute gar nicht gepasst hätte“, fuhr sie ruhig fort, wobei sie ihren Aktenkoffer aufklappte. „Aber mein Mandat lautet, sicherzugehen, dass ich von Angesicht zu Angesicht mit Ihnen spreche.“
Irgendetwas in ihrem Ton und ihren Worten weckte Xaviers Misstrauen. Die Leute kamen normalerweise zu ihm, weil sie etwas von ihm wollten. Laura Cottinghams höfliches, aber dennoch kurz angebundenes, sachliches Gebaren legte dagegen eher nahe, dass sie etwas zu geben und nicht zu nehmen hatte. „Ihr Mandat?“, wiederholte er interessiert. „Sind Sie Anwältin?“
„Ja.“
Er schwieg einen Moment bezeichnend. „Ich traue Anwälten nicht, es sei denn, sie arbeiten für mich“, meinte er
Weitere Kostenlose Bücher