Lady in Rot (German Edition)
„Die labile Gesundheit des Scheichs ist einer der Gründe, warum er Kontakt zu Ihnen aufnehmen möchte.“
Xavier schwieg nachdenklich. Der Gesundheitszustand dieses ihm fremden Mannes interessierte ihn nicht, aber dieses eine Wort hatte ihn mitten ins Herz getroffen und seine Perspektive unwiderruflich verändert. Vater. Er packte Laura fester. „Lügnerin! Dieser Mann ist nicht mein Vater! Wie sollte das möglich sein?“
Sein Griff schmerzte. „Es ist wahr! Ich werde Ihnen alles erzählen. Bitte, lassen Sie mich los.“
„Nicht so schnell.“ Aber wenigstens lockerte er den Griff. Unwillkürlich verweilte sein Blick auf ihren bebenden Lippen. Seine Gefühle waren derart aufgewühlt, dass er versucht war, in einem wilden, leidenschaftlichen Kuss Vergessen zu suchen. Und für den Bruchteil einer Sekunde überlegte er, wie lange er wohl brauchte, bis sie sich an ihn schmiegen und ihn bereitwillig in sich aufnehmen würde, sodass sich all diese schmerzlichen Fragen in hemmungslosem Sex verlieren würden.
Mit eisernem Willen unterdrückte er dieses elementare Verlangen. Fürs Erste jedenfalls. Denn Sex würde ihn schwach machen, er würde sich ihr zumindest vorübergehend ausliefern, was er nicht riskieren wollte, bevor er nicht alle Fakten kannte.
„Erzählen Sie mir, was Sie wissen“, befahl er schroff.
Laura war klar, dass sie erst ihre Autorität zurückgewinnen musste, bevor sie fortfahren konnte. Seine Nähe lenkte sie zu sehr ab, wobei sie mit einigem Entsetzen erkannte, dass die von ihr empfundene Bedrohung zu einem Teil eindeutig sexueller Natur war. Sie hatte sich tatsächlich dazu hinreißen lassen, erotische Gefühle mit einem professionellen Auftrag zu vermengen – und dadurch alles zu gefährden, wofür sie gearbeitet hatte. Hör auf, Laura! ermahnte sie sich energisch.
Entschlossen schaute sie Xavier an. „Nur, wenn Sie mich loslassen.“
Er zögerte einen Moment, wobei er dem Blick ihrer funkelnden grünen Augen unbewegt standhielt. „Wie Sie wünschen“, meinte er dann und gab sie frei.
Ihr Herz pochte wie am Ende eines langen Rennens, aber sie wusste, dass das Rennen gerade erst begonnen hatte.
„Fangen Sie an!“, forderte Xavier sie ungeduldig auf. Besaß sie wirklich Antworten auf die Fragen, die ihn in seiner Kindheit und Jugend verfolgt hatten? Oder war es vielleicht doch besser, keine alten Wunden aufzureißen? Augenblicklich verlief sein Leben wohlgeordnet und ganz nach seinen Wünschen. Er gab die Richtung vor und hatte alles unter Kontrolle. Diese Engländerin könnte nun alles ins Wanken bringen. Wollte er die Wahrheit wirklich wissen?
„Ihr Vater ist …“
„Nein!“, fiel er ihr eisig ins Wort. „Sie werden niemanden meinen Vater nennen, wenn Sie mir Ihre Geschichte erzählen. Ich habe keinen Vater und hatte nie einen. Verstanden?“
Laura nickte, denn auf diese Reaktion war sie vorbereitet. Verleugnung. Wie oft zogen die Menschen es vor, etwas zu verdrängen, nur weil der Gedanke daran zu wehtat. Hatte sie es mit ihrem treulosen Exfreund nicht auch getan, obwohl es offensichtlich gewesen war, dass sein Interesse an ihr erloschen war? Dass sie überflüssig geworden war, nachdem er alles, was er wollte, von ihr bekommen hatte? Und hatte sie nicht, dumm, wie sie war, auch noch Entschuldigungen dafür gesucht, dass er sie zunehmend aus seinem Leben drängte, und sich damit zum Gespött aller gemacht? Oh ja, Laura wusste genau, was Verleugnung bedeutete.
„Gut“, meinte sie ruhig. „Wie soll ich die Geschichte denn Ihrer Vorstellung nach erzählen?“
Er betrachtete sie argwöhnisch. Machte sie sich über ihn lustig? Doch in den Tiefen ihrer grünen Augen entdeckte er allenfalls eine Spur von Mitgefühl, wogegen er unwillkürlich aufbegehrte. Xavier de Maistre war noch nie auf das Mitleid anderer Menschen angewiesen gewesen. „Fürs Erste werden Sie einfach meine Fragen beantworten.“ Er sah sie stolz an. „Für wen arbeiten Sie?“
Was hatte Malik zu ihr gesagt? „Bringen Sie den Franzosen nach Kharastan, koste es, was es wolle!“ Laura fasste sich ein Herz. „Ich arbeite für Scheich Zahir von Kharastan.“
Xavier presste die Lippen zusammen. Frust und Zorn mussten sich irgendwie Luft machen, und es schien das Einfachste, sie an dieser Engländerin auszulassen. „Wie kommen ausgerechnet Sie zu all diesen Informationen?“, fragte er grob. „Gehören Sie zu den Gefolgsleuten dieser Scheichfamilie? Oder sind Sie eine von den Frauen, die insgeheim
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