Lady in Rot (German Edition)
anderer losziehen, einen fremden Franzosen zu umgarnen?“
Laura zog betont erstaunt die Brauen hoch. „Warum sollte es ihm etwas ausmachen? Gehören Sie etwa zu den Männern, die der Ansicht sind, dass eine Frau die Erlaubnis zum Atmen braucht?“
„Dann haben Sie also einen Freund?“
„Nein, ehrlich gesagt, nicht.“ Liebe Güte, warum hatte sie ihm das jetzt verraten? „Aber ist mein Privatleben hier wirklich relevant?“
Xavier seufzte gereizt. „ Alors ! Warum beantworten Anwälte Fragen nie direkt?“
„Vielleicht, weil wir dafür bezahlt werden, sie zu stellen, und nicht, sie zu beantworten. Ich bin die juristische Beraterin des Scheichs. Mehr brauchen Sie nicht über mich zu wissen.“
„Das entscheide ich selbst, Chérie“, widersprach er sanft.
Sein durchdringender Blick raubte ihr erneut die mühsam gewahrte Fassung. „Wir … wir müssten jetzt eigentlich bald landen …“ Sie konnte es gar nicht erwarten. Hier in diesem Flugzeug praktisch allein mit Xavier de Maistre eingesperrt zu sein, entwickelte sich allmählich zu einem ganz besonderen Albtraum für sie. Laura löste den Sicherheitsgurt und stand auf, um sich seinem forschenden Blick und den zunehmend unbequemen Fragen zu entziehen.
Ihr war bewusst, dass Xavier sie nicht aus den Augen ließ, als sie zu einem der kleinen Fenster ging und hinunter auf die schneebedeckten Berggipfel blickte, die sie gerade überflogen. Wenn wir nur endlich ankommen würden!, dachte sie verzweifelt.
„Mit welchem besonderen Talent haben Sie sich also für diesen Job empfohlen?“, ließ Xavier nicht locker. „Oder darf ich raten?“
„Ich sagte Ihnen doch, ich bin Anwältin für Familienrecht und soll einige juristische Dokumente beglaubigen.“ Sie wandte sich um und stellte fest, dass Xavier sich ebenfalls erhoben hatte. Seine dunklen Augen funkelten gefährlich.
„Spielen Sie nicht die Unwissende“, meinte er vielsagend. „Das passt nicht zu Ihnen. Es gibt Millionen Anwälte, die diesen Job hätten erledigen können, aber keiner davon sieht so gut aus wie Sie. Was meinen Sie, hat man Sie wegen Ihrer Schönheit oder wegen Ihres Sex-Appeals ausgewählt?“
Sex-Appeal? Laura war sich bewusst, dass die Stylistin Wunder bewirkt hatte, aber es war schwer, die Meinung, die man von sich selbst hatte, zu ändern. Denn jede Frau wusste, dass der Spiegel durchaus lügen konnte. Das Aussehen hatte oftmals nur wenig mit dem zu tun, wie man sich im Innern fühlte – vor allem bei einem Menschen, der sein ganzes Leben gegen Unsicherheiten angekämpft hatte.
Sie war die Tochter einer ewig klammen, hart arbeitenden Mutter und dann die fleißige Jurastudentin gewesen. Und in ihrer jüngsten Vergangenheit – in ihrer Beziehung mit Josh – die frigide, verschlossene Laura, der Goldesel, den man so lächerlich einfach hatte melken und dann abservieren können. Ja, sie trug gegenwärtig ein Kleid, das ein kleines Vermögen gekostet hatte – aber war sie deshalb sexy? Nein, niemals! Jedenfalls ganz bestimmt nicht in Joshs Augen.
„Weder noch!“, wehrte sie deshalb Xaviers Frage ärgerlich ab. „Möglicherweise hat man sich für mich entschieden, weil Frauen andere Qualitäten besitzen als Männer, aber mein angeblicher Sex-Appeal ist nicht nur irrelevant, sondern in einem Land wie Kharastan sogar unangebracht.“
War sie wirklich so naiv? Xavier ging zu ihr und blickte forschend in ihr zartes, blasses Gesicht, das von diesen ausdrucksvollen grünen Augen beherrscht wurde. Frauen schreckten normalerweise nicht so vor ihm zurück, wie sie es tat. Es erregte ihn, und er verspürte überdies das Bedürfnis, den Unwillen über seine gegenwärtige Lage an irgendjemand auszulassen. Warum nicht an ihr? Es ist nicht fair, den Überbringer der Nachricht zu erschießen, mahnte eine Stimme in seinem Innern, doch er wollte nicht darauf hören. Ah non – er hatte ja nicht vor, sie zu töten.
„Sie halten es also für Zufall, dass man eine attraktive, junge Frau mit diesem Auftrag betraut hat, ja?“, fragte er bedeutungsvoll.
„Ich weiß es nicht“, flüsterte Laura heiser, als hätte sie soeben begriffen, dass sie in der Falle saß. Buchstäblich mit dem Rücken zur Wand, praktisch allein in einem Flugzeug mit diesem großen, starken Mann, der geballte Männlichkeit ausstrahlte. Und obwohl ihr die Vernunft riet, sich so weit wie möglich zurückzuziehen oder die Stewardess zu rufen, konnte Laura sich weder rühren noch einen klaren Gedanken fassen oder ein
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