Lady in Rot (German Edition)
würde, sie hätte sich wenigstens noch eine weitere Liebesnacht in seinen Armen gegönnt. Sie wollte ihm sagen, dass sie am liebsten in diesem bezaubernden Paradies bleiben würde – zusammen mit ihm. Doch er gab sie frei, und sie musste das Gleiche tun. Sie würde nach Hause fliegen, allein.
Aber ich werde dich vermissen, dachte sie traurig, während sie in seine unergründlichen dunklen Augen blickte.
Rasch strich sie sich übers Haar, bevor sie dem Scheich gegenübertreten würde. „Sehe ich gut aus?“
Xavier kannte sie jetzt genug, um zu wissen, dass sie nicht auf Komplimente aus war. Dieser Exfreund, der alles darangesetzt hatte, sie auszunehmen, hatte ihr Selbstbewusstsein empfindlich erschüttert. Dabei sah sie in dem ebenso schlichten wie eleganten Leinenkleid, die dunkelroten Locken mit einem Samtband zurückgebunden, zum Vernaschen aus. Energisch verdrängte Xavier diesen Gedanken. „Du bist wunderschön.“
Seine Antwort weckte in ihr den Wunsch nach allem, was sie sich verbot. Denn Xavier konnte nie in dem Sinn ihr gehören, wie sie es sich am meisten ersehnte – als ihr Lebenspartner in einer ganz normalen Beziehung. Sie hatte sich eingebildet, dass eine Freundschaft die Lösung sei, aber das war ein Irrtum, denn mittlerweile fühlte sie sich ihm genauso nahe wie beim Sex, ja, vielleicht sogar noch näher. Der Sex mit Xavier war der beste ihres Lebens gewesen, und sie ahnte, dass sie nie wieder einen Liebhaber wie ihn finden würde. Aber ihre Freundschaft war etwas ganz Besonderes. Xavier ließ sie näher an sich heran, als er es normalerweise irgendeinem Menschen erlaubt hätte, nicht zuletzt, weil sie unter den besonderen Umständen praktisch eine Schicksalsgemeinschaft geworden waren.
Heute jedoch würde das ein Ende finden. Und obwohl Laura sich sagte, dass sie ihren Job gut erledigt hatte, war ihr das Herz schwer. Auch wenn sie sich alle Mühe gab, es zu verbergen, als sie Xavier auf den Flur hinaus folgte.
„Ich frage mich, was er will? Weißt du, ich werde ihm tatsächlich zum ersten Mal persönlich gegenübertreten. Bisher war ausschließlich Malik mein Ansprechpartner.“
„Wahrscheinlich will er sich verabschieden.“
„Ich hasse Abschiede.“
Xavier dachte gewöhnlich nicht so, oft war er eher erleichtert, wenn eine Trennung anstand, denn dann konnte er zu neuen Ufern aufbrechen. Heute allerdings war es anders. Laura würde ihn verlassen, und er war nicht froh darüber.
„Hast du dich schon entschieden, wie lange du noch bleiben wirst?“, fragte sie.
„Nein.“ Er lachte. „Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich mir in nichts mehr sicher. Wobei ich natürlich das Glück habe, mich frei entscheiden zu können. Viele Menschen sind an Jobs gebunden, von denen sie nicht einfach fernbleiben können.“
„Du kannst dich wirklich glücklich schätzen“, bekräftigte sie nachdrücklich.
„Ja, ich weiß“, antwortete er schlicht. Doch wann hatte er sich das zuletzt klargemacht? Sich aus der üblichen Hektik seines Lebens ausgeklinkt, um ganz bewusst etwas von den Früchten seines Erfolges zu genießen? Wie hatte Laura gestrahlt, als sie davon gesprochen hatte, diesen Josh ausbezahlen zu können und so zu ihrem eigenen Haus und völliger Unabhängigkeit zu gelangen! Hatte der Wohlstand den ehemaligen Pariser Gassenjungen verwöhnt und undankbar gemacht?
„Vielleicht bestimmt er dich ja zu seinem Thronfolger“, gab Laura zu bedenken. „Was dann?“
„Das glaube ich eher nicht“, meinte Xavier. „Außerdem sollte man nie zu weit in die Zukunft planen.“
Laura wollte gegenwärtig gar nicht an die Zukunft denken. Deshalb konzentrierte sie sich auf die alten Gemälde an den Wänden, während sie zusammen mit Xavier durch die hohen Flure des Palasts schritt, der ein so seltsamer Widerspruch in sich zu sein schien. Ein kostbares, wunderschönes Kleinod inmitten einer wilden, unbarmherzigen Wüste, die nur darauf zu warten schien, das Land irgendwann zurückzufordern. Hegte der Scheich ähnliche Gedanken, während das Alter unaufhaltsam voranschritt? Drängte es ihn deshalb, die Zügel an einen Blutsverwandten weiterzureichen? Und was würde aus Kharastan, wer würde das Land regieren, wenn Scheich Zahir seinen Sohn, wie Xavier glaubte, nicht zu seinem Erben bestimmte?
Verstohlen betrachtete Laura Xaviers markantes Profil. „Du siehst traurig aus.“
Er seufzte. Sie war viel zu feinfühlig. Und auch das wird mir fehlen, dachte er. „Das bin ich auch, zumindest ein
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