Lady in Rot (German Edition)
konnte kaum glauben, dass er diese Frage stellte. Er klang wie einer dieser eifersüchtigen Narren, die er immer verachtet hatte.
„Ich dachte, ich würde ihn lieben“, antwortete Laura. „Aber vielleicht war das auch nur meine eigene Rechtfertigung dafür, dass ich mit ihm schlief.“
Xavier sah, wie sie erschauderte, und begriff, wie unerfahren und verletzlich sie im Hinblick auf die körperliche Liebe war. Fühlte er sich deshalb plötzlich so schuldig, derart hart über sie geurteilt und all diese falschen Unterstellungen gegen sie vorgebracht zu haben?
„Nein, rückblickend war es keine Liebe“, fuhr Laura fort. „Er hat mich geblendet, bis ich begriff, wie oberflächlich er ist. Ich hatte mir mein Studium so hart erarbeitet, unzählige Ferienjobs, weil nie genug Geld da war – ich hatte gar keine Zeit, Spaß zu haben.“ Sie lächelte wehmütig. „Und Josh erschien mir so aufregend. Er lebte in den Tag hinein, und was Spaß bedeutete, wusste er ganz genau.“
„Was ist passiert?“
Sie zuckte die Schultern. „Wir haben gemeinsam ein Haus gekauft, allerdings waren unsere monatlichen Beiträge für die Raten … sagen wir, ungleich. Josh arbeitete immer noch nicht, und ich musste mehr und mehr Überstunden machen, nur um die Rechnungen bezahlen zu können. Als er dann anfing, mich zu betrügen, wollte ich, dass er aus meinem Leben verschwindet, aber ich war nicht bereit, das Haus aufzugeben, für das ich so hart gearbeitet hatte. Als mein Chef mir schließlich vorschlug, einen diskreten Auftrag für den Scheich von Kharastan zu übernehmen, kam mir das wie die Erhörung meiner Gebete vor. Das Honorar würde es mir ermöglichen, Josh auszubezahlen, und ich wäre frei.“
„Frei?“, wiederholte er nachdenklich.
„Ja, genau.“
In der nachfolgenden Stille rekapitulierte Xavier, was sie ihm erzählt hatte. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen und ihr tröstend über die seidigen roten Locken gestrichen. Aber er hatte kein Recht dazu. Mochte er sich noch so verächtlich über die Kapriolen ihres Exfreundes erheben – hatte er, Xavier, Laura nicht genauso benutzt und versucht, ihr seine Wünsche aufzuoktroyieren wie dieser Josh?
Er hatte mit Malik gesprochen und darum gebeten, nein, verlangt, dass Laura bliebe. Das war allerdings zu einem Zeitpunkt geschehen, als er sich noch eingebildet hatte, sie würde ihre Meinung ändern und doch wieder mit ihm schlafen. Denn er konnte sich nicht vorstellen, dass es eine Frau geben sollte, die er nicht verführen und seinem Willen gefügig machen könnte.
Doch sie hatte sich von ihrem Entschluss nicht abbringen lassen, und plötzlich war Xavier über sein eigenes Verhalten entsetzt.
Sie hatten den Blauen Palast schon fast wieder erreicht. Der Geländewagen bog auf die breite Straße ein, die auf den großen Marmorbrunnen hinter dem Haupttor zuführte, und da wusste Xavier, was er zu tun hatte.
„Ich werde dich nicht länger gegen deinen Willen hier festhalten, Laura“, erklärte er und seufzte. „Das hätte ich erst gar nicht tun dürfen. Es steht dir frei, jederzeit abzureisen. Du kannst nach Hause fliegen.“
Laura blickte starr zum Seitenfenster hinaus. Xaviers Worte trafen sie mitten ins Herz. Nur mit Mühe rang sie sich ein Lächeln ab. „Nach Hause?“, wiederholte sie, als müsste sie die Bedeutung dieses Wortes erst noch lernen.
Xavier nickte. „Ja, sobald du willst. Ich werde mit Malik sprechen.“
Hier war sie nun, die Freiheit, von der Laura sich eingebildet hatte, sie sich zu wünschen. Warum nur verspürte sie jetzt diese gewaltige Leere in ihrem Innern?
12. KAPITEL
„Der Scheich wünscht dich zu sehen.“
Laura, die zu Sidonias Entsetzen darauf bestanden hatte, selbst zu packen, blickte von ihrem Koffer auf. Xavier lehnte im Türrahmen ihres Schlafzimmers und beobachtete aufmerksam, wie sie sorgsam ein wundervolles Abendkleid aus grünem Seidensatin zusammenfaltete, wobei sie sich fragte, ob sie je die Gelegenheit haben würde, es noch einmal anzuziehen. Doch die Beschäftigung half ihr wenigstens, nicht darüber nachzudenken, wie sehr ihr der aufregende Franzose fehlen würde.
„Er möchte mich sehen? Aus welchem Grund?“
„Gedankenlesen zählt nicht zu meinen Talenten“, lautete die spöttische Antwort. „Warum fragst du ihn nicht selbst? Ich soll dich zu ihm bringen.“
„Nicht Malik?“
„Offenbar nicht.“
Sie sahen sich an. So gern hätte Laura ihm gesagt, dass sie ihn vermissen und sich jetzt wünschen
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