Lady in Rot (German Edition)
wenig. Es ist eine seltsame Vorstellung, nachdem ich meinen Vater endlich gefunden habe, wieder in mein altes Leben in Paris zurückzukehren. Dies könnte durchaus das letzte Mal sein, dass ich Zeit mit ihm verbringen kann.“
„Ja“, stimmte sie zu. „Aber du hattest wenigstens die Chance, ihn kennenzulernen.“
Sie waren vor den Gemächern des Scheichs angelangt, die kunstvoll geschnitzten Türen öffneten sich, und Malik erschien mit undurchdringlicher Miene.
„Er will Sie jetzt beide empfangen“, erklärte er schroff.
Das Licht in dem mit viel Gold ausgestatteten Raum war gedämpft, die Luft angenehm kühl und erfüllt von dem zarten Duft frischer Blumen. Mit Malik im Rücken und Xavier an ihrer Seite fühlte Laura sich plötzlich wie eine Außenseiterin. Warum wollte der Herrscher von Kharastan sie überhaupt sprechen?
„Kommen Sie näher“, bat eine tiefe, aber sanfte Stimme, und plötzlich vergaß Laura alle Besorgnis und dachte nur noch daran, was für eine Ehre ihr zuteil wurde. Langsam näherte sie sich dem Diwan, auf dem der alte Mann ruhte, und verbeugte sich anmutig und tief. Sie verharrte in dieser Haltung, die Augen gesenkt, bis sie die Hand des Scheichs auf ihrem Kopf fühlte.
„Erheben Sie sich“, forderte er sie heiser auf. „Danke, dass Sie meinen Sohn zu mir gebracht haben, Miss Cottingham.“
„Es war mir … ein Vergnügen“, erwiderte Laura nervös.
Xavier war an ihre Seite getreten, und Malik bedeutete ihr, auf einem niedrigen Hocker Platz zu nehmen. Laura war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte. Zahir trug eine goldfarbene Robe, die seinen königlichen Status verriet, und er war alt, ja … dennoch umgab ihn eine unmissverständliche Aura von Macht. Und Xavier hatte recht, seine dunklen Augen ähnelten sehr denen seines Sohnes. Als hätte das Erscheinen der Gäste seine Lebensgeister aktiviert, setzte er sich nun auf.
„Du bist mein Sohn, Xavier“, erklärte er ernst, „und ich gewähre dir die Freiheit Kharastans. In diesem deinem Land wirst du Zugang zu Ländereien und großem Reichtum haben.“
„Danke, aber ich brauche dein großzügiges Geschenk nicht“, antwortete Xavier stolz. „Und das ist auch nicht der Grund meines Kommens.“
Der Scheich nickte anerkennend. „Das weiß ich, und ich verstehe es. Du hast dir dein eigenes Vermögen erarbeitet und bist so erfolgreich, wie ich es von meinem Sohn erwartet hätte. Deshalb biete ich dir diese Geschenke nicht wegen ihres finanziellen Wertes an, sondern weil sie dir nach Geburtsrecht gehören. Die Vergangenheit lässt sich niemals ändern, mein Sohn. Nur die Zukunft können wir nach unseren Vorstellungen gestalten, und deine liegt noch vor dir. Du musst dorthin gehen, wohin das Schicksal es bestimmt, aber du wirst hier stets einen Platz und ein Zuhause haben als einer der Söhne des Scheichs.“
Einen Moment lang herrschte absolute Stille. In ihrer Aufregung hatte Laura nicht so aufmerksam zugehört, wie es sonst ihre Art als Anwältin war. Doch Xavier war kein Wort entgangen, und eine Formulierung erregte sofort seine Aufmerksamkeit.
„ Einer der Söhne des Scheichs?“, wiederholte er scharf.
Laura bemerkte, wie Zahir einen Blick mit seinem Berater Malik wechselte.
„Es gibt also noch einen Sohn?“, fuhr Xavier erregt fort. „Ich habe einen Bruder?“
„Einen Halbbruder“, bestätigte der Scheich zögernd. „Er ist mütterlicherseits Italiener und lebt im Land seiner Geburt.“
Xavier blickte den Scheich fassungslos an. „Warum?“, fragte er nur.
Eine Frage, die man in verschiedener Weise hätte interpretieren können, aber Scheich Zahir schien genau zu verstehen, was Xavier wissen wollte.
„Weil ich zu Zeiten politischer Unruhen in Kharastan die Tochter aus einer großen Dynastie geheiratet hatte und mein Volk meine Frau von Herzen liebte und verehrte. So wie ich auch“, fügte der Scheich hinzu, und es klang aufrichtig. „Es war eine in vieler Hinsicht erfolgreiche und glückliche Ehe, außer in einem Punkt: Meine Frau konnte keine Kinder bekommen.“
„Also hast du einfach Europa bereist, um dich nach Herzenslust fortzupflanzen?“, bemerkte Xavier anklagend.
Laura sah, dass Malik sich mit finsterer Miene erheben wollte, doch der Scheich hielt ihn mit einem Wink zurück.
„Du hast ein Recht, zornig zu sein, Xavier. Aber, wie ich schon sagte, wir können die Vergangenheit nicht mehr ändern … und wir prägen die Zukunft dadurch, wie wir uns jetzt, in der Gegenwart,
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