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Lady Lavinias Liebestraum

Lady Lavinias Liebestraum

Titel: Lady Lavinias Liebestraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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einer Trauermiene voran. Lavinia, mit dem düster blickenden Lord Wincote neben sich, folgte ihm schweigend, aber gedankenvoll. Sie fragte sich, ob sie die Welt wohl noch mit denselben Augen sehen würde, hätte Jack seinen Drachen nicht verloren.
    Die erste Person, derer sie ansichtig wurden, war James. Er musste den Jungen erst gar nicht fragen, warum er ein so trauriges Gesicht machte, denn dieser ließ seinem Kummer freien Lauf und klagte dem Onkel sein Leid, kaum dass er sich zu ihm gesetzt hatte.
    Indessen blieb James nicht verborgen, dass Lavinia seinem Blick auswich und etwas betreten zu Boden schaute, derweil Wincote vergebens mit sich rang, ein freundliches Gesicht aufzusetzen. Er fragte sich, was geschehen sein mochte und ob Lavinia es ihm wohl berichten würde, wenn er sie darum bat.
    Der Zwischenfall war erst einmal vergessen, als das Pferderennen beginnen sollte, dessentwegen man hauptsächlich nach Hampstead gereist war.
    Nachdem die Startflagge das Signal gegeben hatte, trieben die Gentlemen ihre Pferde in rasantem Tempo voran, angefeuert von den begeisterten Rufen der Picknickgesellschaft. Das Feld der Reiter blieb bis kurz vor der Zielgeraden eng beisammen, dann jedoch kristallisierte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit James, Major Greenaway und Lord Wincote heraus. Und obgleich alle drei sich dank ihrer großartigen Reitkünste längst gleichermaßen großes Lob und Anerkennung seitens der Zuschauer gesichert hatten, ging James als Erster durchs Ziel. Für Lord Wincote war die Tatsache, nur der zweite Sieger zu sein, dennoch schwer zu ertragen. Vor Lavinia versagt zu haben schien ihm in Anbetracht der Umstände ungünstig genug; dass er überdies an James einer Wette wegen ein kleines Vermögen verloren hatte, stimmte ihn ungemein missmutig.
    Dies zu verbergen gab er sich große Mühe, als man vom Pferd stieg und sich die Hand schüttelte. “Gut gemacht, Corringham. Ich schulde Ihnen fünfzig Guineas.”
    James klopfte ihm auf die Schulter. “Ich kann Ihnen nicht widersprechen, aber es ist keine Eile geboten, Wincote.”
    “Oh, seine Schulden unverzüglich zu bezahlen sollte für jeden Gentleman Ehrensache sein”, sagte dieser aufgesetzt fröhlich und fuhr mit leicht zitternder Stimme fort: “Wollen wir auf das Kutschenrennen auch eine Wette abschließen, Corringham?”
    “Abgemacht!”, antwortete James, ohne zu zögern, denn wiewohl ihm keineswegs der Sinn nach einer weiteren Wette stand, würde er vermutlich einen Eklat heraufbeschwören, lehnte er ab. Denn Wincote stand der Zorn und der Verdruss über das für ihn unvorteilhaft verlaufene Rennen ins Gesicht geschrieben – trotz seines Bemühens, gelassen und heiter zu wirken. Seine Entscheidung wurde noch von der Tatsache begünstigt, dass er neugierig war, ob Wincote, vorausgesetzt, er verlöre ein zweites Mal, stattliche hundert Guineas zu zahlen in der Lage sein würde.
    Lavinia hatte der knappen Unterhaltung zwischen James und ihrem Verehrer besorgt gelauscht und verfolgte, nachdem sie beiden viel Glück gewünscht hatte, das anschließende Kutschenrennen äußerst angespannt. Denn Wincote würde alles daransetzen, diesmal zu gewinnen, und dabei womöglich gefährliche Manöver versuchen. James stand ihm in diesem Punkt in nichts nach: Er spornte sein Gespann zu einem solch hohen Tempo an, dass mal das eine, mal das andere große Rad seines Phaetons sich von dem ohnehin holprigen Weg abhob und das Gefährt auf diese Weise mehrmals beinahe umgekippt wäre.
    Dass James auch diesmal als Gewinner gefeiert wurde, hatte er Wincotes erschöpften Pferden zu verdanken, wenngleich seine Übung in Anlässen wie diesem wie auch seine Waghalsigkeit ihm einen gewissen Vorteil verschafft hatten. Obgleich Lavinia sich nicht hätte entscheiden mögen, wen sie lieber als Sieger in Empfang nahm, und somit der Ausgang des Rennens für sie keine so große Rolle spielte, war sie nicht mehr so unbeschwert wie zu Beginn ihres Aufenthaltes in Hampstead. Nachdem sie jedes Für und Wider besonnen abgewogen hatte, kam sie zu dem Schluss, dass Lord Wincotes Verhalten während und nach der Veranstaltung sehr befremdlich auf sie gewirkt hatte. Entgegen seiner üblichen Contenance war seine Miene derart verbissen geworden, dass man hätte annehmen können, er führe einen Kampf um Leben und Tod. Später hatte er seine Züge rasch wieder unter Kontrolle, doch schimmerte unter der vorgegebenen Liebenswürdigkeit eine gewisse Härte hindurch.
    Während die

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