Lady meines Herzens
Händen. Sophie seufzte.
Sie legte die Hände auf seine Brust, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Durch den Stoff spürte sie sein Herz pochen. Ihr wurde schwindelig, und am liebsten hätte sie geweint, weil dieser Moment so zauberhaft und wunderbar war. So verflucht perfekt. Sophie hatte nicht viel Erfahrung, aber so viel wusste sie: Küsse wie diese waren nicht alltäglich. Und aus diesem Grund schluckte sie ihre Tränen hinunter und erwiderte seinen Kuss voll wildem Verlangen.
Brandon schloss sie in seine Arme und begegnete ihrem Verlangen mit Leidenschaft.
Und dann war auch dieser zweite Kuss vorbei. Sie konnten nicht den ganzen Abend miteinander verbringen. Sie wünschte ihm eine gute Nacht, doch sagte sie nicht Lebewohl.
Sophie verließ den Lustgarten allein. Brandon wollte dort warten, bis ein wenig Zeit verstrichen war. Sie verfluchte jede Minute, die sie aus Gründen des Anstands und der Schicklichkeit von ihm getrennt war. Vor allem aber fluchte sie, weil er ein sturer Narr war, der sich einfach weigerte, sich in sie zu verlieben.
Sie bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge und stutze plötzlich bei einem schrecklichen Anblick: Mr Knightly war mit Lady Richmond in ein Gespräch vertieft, und Clarissa stand neben ihnen.
Sophies Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie überlegte noch, ob sie unbemerkt verschwinden oder sich zu der Gruppe gesellen sollte, als die Duchess sie bemerkte.
»Da ist sie ja! Fragen Sie sie doch, wo sie gewesen ist und mit wem sie zusammen war«, blaffte sie.
»Bei allem gebührenden Respekt, Euer Gnaden. Sie scheinen mich mit jemandem zu verwechseln, der für sie verantwortlich ist. Ich bin nur ihr Arbeitgeber, nicht ihr Vater«, informierte Mr Knightly die zunehmend erzürnte Duchess.
Sophies Panik schwand. Zumindest ein wenig.
»Ich könnte dafür sorgen, dass Sie aus der guten Gesellschaft ausgeschlossen werden«, zischte Lady Richmond.
»Ich werde dort trotzdem willkommen sein«, meinte Mr Knightly selbstsicher.
»Dann verlange ich, dass sie von der Geschichte abgezogen wird«, forderte Lady Richmond. Clarissa riss die Augen auf.
Sophie hielt den Atem an und versuchte, ihre Panik niederzuringen. Sie hatte feuchte Handflächen, ein flaues Gefühl im Magen und bekam kaum Luft. Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen. Eindeutig eine Panikattacke.
»Ich fürchte, das ist nicht möglich«, sagte Mr Knightly ungerührt. Sophie atmete aus. Er blickte flüchtig in ihre Richtung und nickte knapp, doch sie wusste nicht, was er ihr damit sagen wollte.
»Dann werde ich mit meiner Geschichte zur London Times gehen«, drohte die Duchess. Sophie glaubte, sie müsse sich erbrechen.
»Tun Sie das nur, Lady Richmond«, antwortete Mr Knightly zu Sophies Überraschung.
Aber dann grinste er. »Es geht doch nichts über eine erstklassige Hochzeit in einem zweitklassigen Blatt.«
Lady Richmond schürzte die Lippen. Sie wandte ihm den Rücken zu. Seine Ambitionen, von der Aristokratie akzeptiert zu werden, hatten gerade einen gehörigen Dämpfer bekommen.
Die Duchess richtete ihren Blick aus zusammengekniffenen Augen auf Sophie.
Sie versuchte offenbar abzuwägen, was ihr wichtiger war: Sophie aus der Sache herauszuhalten oder ihre Geschichte in der besten Zeitung zu sehen.
Sophie hielt den Atem an.
Kapitel 34
Später an diesem Abend
Endlich verstand Clarissa die Sonette und die Dramen und all die Liebesgeschichten. Denn jetzt war auch sie der Liebe begegnet. Sie war in Form eines Briefs, eines Kusses und (vor allem) in Gestalt eines bayerischen Prinzen zu ihr gekommen.
Dieser Kuss! Oh! Auf dem Heimweg in der Kutsche durchlebte sie ihn in Gedanken immer wieder, statt ihrer Mutter zuzuhören.
Er hatte ihre Wangen umfasst, und das hatte ihr gefallen. Seine Lippen waren so weich, und sie auf ihren zu spüren, weckte neuartige und herrliche Gefühle in ihr. Und als dann seine Zunge zwischen ihre Lippen schlüpfte und der Kuss noch inniger wurde, hatte sie zum ersten Mal das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Ein überraschend angenehmes Gefühl.
Doch das erinnerte sie nur daran, dass sie etwas in Bezug auf ihren Verlobten – und den bevorstehenden Hochzeitstermin – unternehmen musste.
Fredericks Kuss brannte noch auf ihren Lippen, als Clarissa sich gelobte, ihre Mutter und ihren Vater mit den neuen Umständen zu konfrontieren. Sie wollte es noch heute tun, bevor sich ihre Eltern zur Ruhe begaben.
»Ich habe ein höchst angenehmes Gespräch mit Lady Bickford
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