Lady meines Herzens
Geschichte exklusiv an eine Zeitung vergeben. Ich dachte erst, sie mache einen Scherz, aber dann habe ich sie beim Wort genommen«, erzählte Lady Richmond. Sie beendete ihren Wortschwall mit einem tiefen Einatmen.
Sophie wagte nicht, Lady Richmond anzusehen, weil diese das als Aufforderung begreifen könnte, noch mehr zu erzählen. Stattdessen blickte sie flüchtig zum Duke und bemerkte, dass er sie aufmerksam beobachtete. Sie spürte, wie ihre Wangen sich röteten.
»Lady Clarissa«, machte Sophie einen zweiten Versuch. »Vielleicht möchten Sie unseren Lesern von Ihrer ersten Begegnung mit Seiner Gnaden berichten?«
Clarissa blickte ihre Mutter an, und als diese aufmunternd nickte, antwortete sie: »Wir trafen uns auf einem Ball.«
»Der Ball wurde von Lady Redleigh, der Duchess, ausgerichtet, und unser lieber, lieber Freund, der Earl of Strathmore, machte die beiden miteinander bekannt«, fügte Lady Richmond hinzu.
Sophie schrieb lässt schamlos wichtige Namen fallen (Lady Richmond) auf ihren Notizblock.
Auf die Frage nach Lady Clarissas erstem Eindruck von Seiner Gnaden antwortete ihre Mutter, und Sophie schrieb: erster Eindruck wie bei mir. Mit anderen Worten: gut aussehend, ehrbar, freundlich und respektvoll und »nicht wie all diese Tunichtgute von Lebemännern, die diese Stadt geradezu überfluten«.
Oh, sie musste unbedingt wissen, was der Duke über diese Bemerkung dachte. Als sie zu ihm aufschaute, hob er bloß eine Braue und neigte den Kopf leicht zur Seite.
Er war also kein Wüstling. Er war gut aussehend, ehrbar, freundlich und respektvoll. Sophie fragte sich, ob Lady Clarissa ihn auch lustig und bezaubernd fand. Oder ob ihre Wangen von leiser Röte überzogen wurden, wenn er in der Nähe war. Ob sich ihr Herzschlag beschleunigte. Sophie fragte sich, ob Lady Clarissa die Welt um sich herum vergaß, wenn er ihr in die Augen blickte und sie anlächelte.
Eine Weile herrschte ein fast schon unangenehmes Schweigen, während Sophie mit sich rang, ob sie diese Fragen stellen sollte. Schließlich befand sie, es sei besser, sie nicht zu stellen.
»Euer Gnaden, ich hasse es, neugierig zu sein, aber …« Sophie konnte dieser Eröffnung einfach nicht widerstehen. Er begann zu lachen und kaschierte sein Gelächter rasch mit einem Hüsteln. Sie verkniff sich ein Grinsen.
»Geht es dir heute nicht gut, Brandon?«, fragte Lady Hamilton voll mütterlicher Sorge.
»Es geht mir gut, Mutter«, brachte er hervor. »Was wollten Sie fragen, Miss Harlow?«
»Vielleicht könnten Sie Ihren ersten Eindruck von Ihrer Verlobten mit unseren Lesern teilen.«
»Ich bemerkte natürlich ihre Schönheit und dass sie über alle Eigenschaften verfügt, die man von einer perfekten Duchess erwartet«, sagte er. Seine Antwort ließ ihre letzte Hoffnung schwinden. Sophie war vielleicht hübsch, aber sie war keine Schönheit, die einem Vergleich mit Clarissa Richmond hätte standhalten können. Und Sophie war weit davon entfernt, eine Duchess zu sein – aufgrund von Rang, Erziehung und Bildung und nicht zuletzt der Tatsache, dass sie arbeitete. Es wäre geradezu lächerlich, wenn sie auch nur einen flüchtigen Gedanken daran verschwendete.
Sie schämte sich zutiefst und kam sich vor wie eine Närrin, weil sie es gewagt hatte, von einer Liebe zwischen ihr und Mr Brandon zu träumen.
Lady Richmond strahlte den Duke bei seiner Antwort allerdings selig an. Auch Lady Clarissa lächelte und blickte auf ihre Hände nieder, die im Schoß ruhten. Sie drehte einen Ring beständig um ihren Finger.
Seine Antwort war schmeichelhaft und wahr. Trotzdem war sie ziemlich langweilig. Sie fragte sich, was er wohl über sie dachte. Hielt er sie für eine Gans, eine Gefahr für sich und andere? Bestimmt fand er ihre direkte Art schrecklich. Und dann musste sie sich wiederholt daran erinnern, dass seine Meinung über sie im Augenblick nicht zählte.
»Und der Antrag?«, fragte Sophie. Sie gab sich keine Mühe mehr, ihre Frage an jemand Bestimmten in der Runde zu richten, denn es war klar, dass Lady Richmond jede nur denkbare Frage selbst beantworten wollte.
»Seine Gnaden hat seine Absichten sehr schnell deutlich gemacht! Nach nur zwei Wochen erhielten wir seinen Heiratsantrag«, warf Lady Richmond ein.
Wir?
Lady Clarissa seufzte. Sophie warf ihr einen Blick zu, und die beiden Frauen lächelten sich an. Lord Brandon wirkte noch immer unglücklich. Und Sophie hätte schwören können, dass sie Lady Hamilton dabei ertappte, wie sie die Augen
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